Computer- und Videospiele zu entwickeln – das ist der Traum von vielen. Dass das Business kein Zuckerschlecken ist, musste Tahsin Avci am eigenen Leib erfahren. Er entwickelte ein Online-Fußballspiel, das trotz prominenter Unterstützung scheiterte. Wie er im Interview verrät, ist das aber kein Grund, um den Kopf in den Sand zu stecken.
Von „himmelhochjauchzend“ bis „zutodebetrübt“: Tahsin kennt beide emotionalen Extreme. Er setzte seinen Traum von der Entwicklung eines eigenen Spiels um. Das Ergebnis nannte sich „CopaSocca“. Mit dem Social-Game durchlebte der Hamburger so manche Berg- und Talfahrt. Hier beschreibt er, wie man trotz finanzieller Not und Niederschlägen als Selbständiger neue Energie schöpfen kann.
Tahsin, bitte umreiße in fünf Sätzen den Aufstieg und Niedergang von „CopaSocca“.
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Als ich 2010 den Entschluss gefasst hatte, mich mit der Spielentwicklung selbständig zu machen, war „CopaSocca“ eine meiner ersten Spielideen: Ein HTML-Browsergame auf Facebook als Fußballmanager aus der Ego-Perspektive, in dem der Spieler seine eigene Profi-Karriere managen kann. Mit einigen Komplikationen konnten wir es nach zehn Monaten Entwicklung live stellen. Trotz der Bewerbung durch Lukas Podolski hatten wir nicht genug Spieler für das Free2Play-Game gewonnen und mussten es leider 2013 einstellen.
Was waren für dich die größten Herausforderungen, um ein Projekt wie „CopaSocca“ zu stemmen?
Ich hatte keine finanziellen Rücklagen und war auf eine Finanzierung angewiesen. Darlehen wurden mir von Banken verwehrt, und bei der Investorensuche hatte ich bei Null angefangen. Zudem habe ich mehrere Aufgaben in Personalunion übernommen: Geschäftsführung, Investorenakquise, Business Development, Producing, Hosting/Payment, Game Design, PR & Marketing, etc. Logisch, dass man nicht jedem Bereich zu 100% gerecht werden kann. Aber für Free2Play braucht man eine riesige Reichweite, da muss man wirklich alle Hebel in Bewegung setzen. Und ich hatte dazu dann doch zu wenig Arme, Kapital und Glück.
In einem Bericht auf „Games-Career.com“ erwähnst du immer wieder Geld- bzw. Budget-Knappheit. Ein Thema, das die meisten StartUps kennen. Wie hast du es geschafft, derartige Tiefs zu überstehen?
Du merkst, dass es nicht gut aussieht, wenn dein Dispo stark überzogen ist und die Bank dich anruft und fragt, ob du nicht etwas zu verkaufen hast, um an Geld zu kommen. Ich bin persönlich stark ins Risiko gegangen, hatte aber auch einfach keine Wahl mehr. Kraft und Mut habe ich durch meine Frau und meine Kinder geschöpft, mein Partner hat mich unterstützt und auch die richtige Musik hat mich ermutigt, mich nicht aufzugeben. Ich habe es persönlich als sehr hart empfunden.
Immer wieder wird über den Standort Deutschland diskutiert. War es für dich ein Vor- oder Nachteil, hier dein StartUp zu gründen?
Deutschland empfand ich nicht als Nachteil, hier entwickelt sich ein guter Standort für StartUps. Hamburg hat und hatte leider zum Zeitpunkt meiner Gründung keine Fördermöglichkeit für Spiele mehr, da haben andere Bundesländer viel mehr zu bieten. Ob es aber mit Förderung besser gelaufen wäre, kann ich nicht beurteilen.
Es heißt immer: In den USA verliert man nicht sein Gesicht, wenn man mit einer Firma scheitert, aber in Deutschland wird man nach einer Pleite schief angeschaut und abgestempelt. Stimmt das? Welche Reaktionen hast du auf die Liquidierung der Firma hinter „CopaSocca“ erhalten?
Das kann ich nicht bestätigen. Im Gegenteil: Mir wurde sehr viel Verständnis und Mut zugesprochen. Es gibt einen ganz passenden Spruch: The Master has failed more times than the beginner has even tried.
Wie geht es dir heute? Bist du noch frustriert oder lebst du getreu dem Motto „Aus Fehlern lernt man am besten“?
Es hat einige Zeit gedauert, bis ich das für mich gefühlte Versagen selber akzeptiert und abgehakt hatte. Danach hatte ich ein sehr ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis. Jetzt bin ich aber sehr gefestigt, zufrieden und optimistisch. Ich habe viel daraus gelernt, sorge für eine sichere Basis und bin schon wieder motiviert zu investieren.
Welche positiven Erfahrungen konntest du aus dem Scheitern von „Copa Socca“ für dich herausziehen?
Auch wenn es hart war und selbständig Geld zu verdienen ganz und gar nicht einfach ist: Es war die beste Entscheidung überhaupt, sich selbständig zu machen. Diese Erfahrung hat mich sehr viel weiter gebracht und ich habe in dieser Zeit auch sehr viele gute Menschen kennengelernt. Das ist äußerst viel wert!
Welche drei essentiellen Dinge würdest du anders machen, wenn du nochmals eine Firma gründest?
- Mehr Glück haben!
- Plan B: Zu Beginn direkt dafür sorgen, dass man sich eine alternative Einnahmequelle schafft, z.B. durch Auftragsarbeiten. Es verlangsamt und lenkt zwar ab, hält einen aber gegebenenfalls am Leben.
- Ein einfacheres Firmenkonstrukt wählen. Mir wurde eine GmbH & Co. KG mit angeschlossener Projekt-GmbH empfohlen. Das musste ich oft erklären. Lieber eine einfache GmbH wählen.
Wie geht es bei dir nun weiter? An welchen Projekten arbeitest du aktuell?
Es läuft sehr gut: Die Hauptgesellschaft, die Pop Rocket Games UG, konnten wir kürzlich zur vollwertigen GmbH umfirmieren – darauf bin ich sehr stolz. Das verdanken wir dem gut funktionierenden Auftragsgeschäft, das wir seit 2012 kontinuierlich ausbauen. Dabei arbeiten wir als Dienstleister für z.B. Agenturen und konzipieren und entwickeln für Web und Mobile – von kleinen Kampagnenseiten und Werbespielen bis hin zu größeren Applikationen. Durch unsere Erfahrung aus dem Entertainment- und Games-Bereich haben wir ja eine besondere Expertise für Motivationsdesign. Und in freien Zeiten entwickeln wir dazu noch ein neues Mobile Game, von dem wir hoffen dass wir es in 2015 veröffentlichen können.
Das klingt gut. Also alles bestens bei dir?
Ja. Ich kann nun zurückblicken und sage: Wow, wer hätte das gedacht? Ich bin sehr froh, dass sich alles bestens entwickelt hat!
Vielen Dank für das Interview, Tahsin!
Bilder: Tahsin Avci