Wirtschaft

Ein „Wearable“ ohne Technik: Ist „Flip Band“ ein Gegentrend zur Technisierung? Oder nur ein Scherz?

geschrieben von Jürgen Kroder

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Als ich heute durchs Netz surfte, stieß ich auf ein Crowdfunding-Projekt, das mein Interesse weckte. Nicht, weil es sonderlich innovativ ist, sondern genau das Gegenteil. Ein vermeintlicher Scherz, der mich  mich zum Kopfschütteln und Nachdenken anregte – und einige Menschen zum Öffnen ihres Geldbeutels. Warum?

Erinnerung an seine Versprechen

Bei dem Projekt handelt es sich um „Flip Band“. Das wird auf Kickstarter unter anderem mit den englischen Bergiffen „Hot!“ und „Infinite Battery“ beworben. Schon war meine Aufmerksamkeit garantiert.

Die Idee des Projektes klingt ebenso verlockend: Flip Band soll laut dem Erfinder dafür sorgen, dass wir unsere Vorhaben umsetzen. Wer sich beispielsweise vornimmt, jeden Tag zehn Minuten zu meditieren, Gitarrenspielen zu erlernen oder mal wieder ein Buch zu lesen, der soll mit dem Crowdfunding-Projekt an sein Vorhaben erinnert werden.

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Wie geht das? Flip Band zieht man wie ein Fitness-Armband an und dann geht’s los. Aha – also ein Wearable?! Vielleicht solch eines wie „Pavlok“, das einen mit Elektroschocks schmerzhaft antreibt, seine Vorsätze umzusetzen? Nein.

100% Tech-Free

Flip Band funktioniert ganz anders. Zum Beispiel besitzt es eine unendlich lange Akkulaufzeit, worauf der Erfinder Victor Mathieux immer wieder hinweist. Wie das geht? Ganz einfach: Das vermeintlich innovative Armband besitzt keinerlei Technik. Es kann weder Daten auslesen, noch irgendetwas an ein Handy senden. Nichts davon. Nicht mal im Ansatz. Kein Prozessor, keine Kabel, kein Akku, kein Display. „100% Tech-Free“ prangt ganz passend auf der Webseite.

Das Kickstarter-Gadget ist einfach ein Gummi-Armband, das aus zwei farbig bedruckten Seiten besteht. Nimmt man sich etwas vor, wählt man die Schwarz-Weiße-Seite, auf der „Flip Me!“ steht. Diese soll an die Vorsätze erinnern. Hat man diese umgesetzt, dreht man das Armband auf die grüne Seite mit dem Häckchen-Symbol. Das war’s. Mehr kann das Ding nicht.

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Flip Band ist also weder „smart“ noch ein Wearable per Definition. Es ist ein simples Armband zum Anziehen, ohne technischen Schnickschnack.

Zahlreiche, zahlende Unterstützer

Ist Flip Band ein verspäteter Aprilscherz? An so etwas dachte ich zuerst. Doch dann sah auf die Anzahl der Unterstützer und die bereits generierten Umsätze: Obwohl das Projekt erst seit ein paar Tagen online ist und noch bis zum 9. Februar läuft, gibt es bereits fast 600 Backer, die dafür sorgten, dass das vorgegebene Ziel überschritten wurde.

Zugegeben: Das Goal ist mit 7.500 US-Dollar ziemlich niedrig angesetzt. Trotzdem sind die über 11.000 Dollar (Stand am 9. Januar 2015, 8:56 Uhr) an Spenden keine Peanuts. Gerade nicht in der kurzen Zeit. Viele andere Crowdfunding-Projekte wären froh, wenn sie solche Erfolge vorweisen könnten.

Was ist das Geheimnis des Erfolgs?

Somit wäre es despektierlich, Flip Band sofort als Spinnerei abzutun. Das Projekt muss etwas haben, was die Menschen zum Spenden animiert. Was ist das? Ist es der Humor, ein Gummiband wie ein smartes Gadget erscheinen zu lassen?

Oder ist es die bewusste die Abkehr von Technik? Während Wearables immer „intelligenter“ werden, uns 24/7 mit ihren Sensoren und Funktionen bis ins Detail analysieren und die Daten in den Äther senden, macht das Flip Band nichts davon. Es hängt einfach an unserem Arm. Und erinnert uns mit seiner farbigen Flächen daran, an etwas zu denken. Ja, selbst zu denken, anstatt das einem Minicomputer zu überlassen – ist das vielleicht das „Killerfeature“, das die Crowd anspricht?

Oder ist es der Kuriositätsfaktor, die zum Spenden verlockt? Flip Band wäre nicht das erste Fun-Projekt, das durch die Decke geht. Ich denke beispielsweise an das Kartoffelsalat-Projekt zurück, das am Ende über 55.000 Dollar über Kickstarter einspielte.

Was auch immer das Geheimnis des Flip-Band-Erfolges sein mag – ich verstehe ihn noch nicht ganz. Ihr? Wenn ja, dann bin ich auf euer Feedback gespannt.

Bilder: Victor Mathieux, Kickstarter

Über den Autor

Jürgen Kroder

Jürgen bezeichnet sich als Blogger, Gamer, Tech-Nerd, Autor, Hobby-Fotograf, Medien-Junkie, Kreativer und Mensch. Er hat seine unzähligen Hobbies zum Beruf gemacht. Und seinen Beruf zum Hobby. Obwohl er in Mainz wohnt, isst er weiterhin gerne die Maultaschen aus seiner Heimat.

3 Kommentare

  • „Oder ist es die bewusste die Abkehr von Technik?“

    Bei mir ist es das. Früher war ich DER Technik-Freak.
    Aber seit NSA, Google, Facebook und so weiter habe ich keinen Spaß mehr daran. Alles was vernetzt ist, spioniert mich aus. Man kann nichts mehr unbeschwert genießen, selbst Raumthermometer, Zahnbürsten, Autos, Fernseher oder Stromzähler sammeln mittlerweile Daten.

    Es reicht mir. „Smart“ ist für mich zum Hass-Begriff geworden.

  • Tja, so weit sind wir schon: lässt es sich nicht mit einem iPhone – App steuern, „verstehen“ es die Leut nicht mehr.

    Und wer kein iPhone hat, wird als ewig gestriger abgestempelt.

  • Früher machte man sich einen Knoten ins Taschentuch …
    (was zum Teufel ist ein Taschentuch und wie macht man einen Knoten 😉