Wer Informationen oder Fakten braucht, der schaut nicht mehr in Lexika nach, sondern fragt Google und Wikipedia. Oder Siri. Wenn es aber um persönliche Anliegen geht, dann sind Freunde immer noch eine bessere Wahl. Oder „Ethan“.
Persönlich, aber nicht unbedingt schnell
Bei „Ethan“ handelt es sich um eine Chat-App für iOS. Doch statt einer großen Kontaktliste gibt es hier nur eine Person, mit der man sich austauscht: dem Namensgeber Ethan. Ihm kann man auf Englisch Fragen stellen, er beantwortet sie dann nach seinem Gusto. Aber nur, wann er Zeit dafür hat. In meinem Test kam es vor, dass mir Ethan teilweise innerhalb weniger Minuten seine Meinung schickte. Aber es gab auch Antworten, auf die ich knapp zwei Tage warten musste.
Wer mit Ethan plaudern will, muss also Zeit haben. Wobei „plaudern“ nicht das richtige Wort ist. Der Entwickler möchte schnell und große Umschweife den Menschen helfen. Wie er selbst auf seiner Homepage schreibt, solle man deswegen sein Anliegen nicht mit „Hi!“ beginnen. Desweiteren kann er es nicht leiden, wenn man fragt, ob er real sei (ja, das ist er). Dringliche Fragen solle man ihn genauso wenig stellen. Und nein – er könne nicht die Arbeit der User erledigen.
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Wie ein guter Freund
Man könnte meinen, Ethan, sei ein unfreundlicher Geselle. Ich denke eher, er hat keinen Bock auf die immer gleichen Fragen. Ich habe ihn gewitzt und lässig erlebt. Auf meine erste Frage, die natürlich um den Sinn des Lebens ging, kam wie zu erwarten die typische Nerd-Antwort: 42. Und zu dem Problem, wie man Frauen verstehe könne, meinte er lapidar zurück: „Man kann sie nicht verstehen“. Dazu folgten noch vier längere Ratschläge, wie man sich dem weiblichen Geschlecht gegenüber verhalten solle („Bleibe immer natürlich“).
Die restlichen Plaudereien bewegten sich auf dem gleichen Niveau: Ethan ist gerne humorvoll, aber postet keinen Nonsens. Seine Ratschläge sind eine Mischung aus Spaß und ernst gemeintem Rat. Er ist wie ein guter Freund, der versucht, den richtigen Ton zu finden – je nachdem, was einem auf dem Herzen liegt.
Lebendig, aber unbekannt
Anhand der Antworten merkt man, dass Ethan höchstwahrscheinlich keine Sprachsoftware ist. Er scheint wirklich ein Mensch aus Fleisch und Blut zu sein. Einer, der unter @gliechtstein twittert. Und laut „Spiegel Online“ lebt Ethan angeblich in New York, holt seinen Kaffee am liebsten bei einer großen amerikanischen Kette und trinkt Mineralwasser mit Himbeer-Limetten-Geschmack.
Doch wer er genau ist, das mag er nicht verraten. Er versteckt sich lieber hinter seinem Pseudonym. Ist das schlimm? Ich finde nicht. Seine Chat-App kann man als Spaß abtun. Andererseits ist sie auch ein Weg, sich mit einem echten Menschen über Probleme auszutauschen, ohne dabei zu persönlich werden zu müssen.
Ach ja – wer nicht mit einem Mann chatten will, der kann zur Schwester-App „Sam“ greifen. Die funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Mit dem Unterschied, dass man hier (angeblich) Antworten von einer Unbekannten namens Samantha erhält.
Bilder: Ethan