Social Media

Nachrichten, die sich wie ein Virus verbreiten: Ist „Plague“ ein Konkurrent für Twitter & Co.?

geschrieben von Jürgen Kroder

Ein Social Network ohne Freunde: Mit der „Plague“-App können sich Posts mit simplen Wischbewegungen viral um die ganze Welt verteilen. Ein interessanter, neuer Ansatz, den ich mir mal angeschaut habe.

Spread the word

„Schon gehört … Schauspieler X ist tot … Apples neues Handy wurde geleaked … Promi Z hat sich nackt gezeigt?“ oder „Na, kennst du schon … diese süßen Katzenvideos … die neuesten Verschwörungstheorien … den neuesten Trailer zu … ?“

Wenn wir etwas interessant finden, dann wollen wir das schnell unseren Freunden und Bekannten mitteilen. Dank Facebook, WhatsApp, Twitter & Co. ist das kein Problem. Und dann geht sie los – die virale Verbreitung über Freunde, Freundesfreunde, Freundesfreundesfreunde und deren Freunde. Das Problem an der Verbreitung ist: In sozialen Netzwerken muss man immer mit unzähligen Leuten befreundet sein, um eine Nachricht in die Welt zu bringen.

Ein Manko, das die Entwickler von „Plague – The Network“ erkannt und gelöst haben. Ihre iOS- und Android-App ist ein soziales Netzwerk, ohne ein echtes soziales Netzwerk zu sein. Denn hier werden Posts verbreitet – ganz ohne Follower, Freunde oder dergleichen.

plague-google-play

Plague setzt auf „virale Verbreitung“. Das ist wörtlich zu nehmen. Sobald man hier einen Post absetzt – sei es ein Text, Bild oder Video -, wird er automatisch an alle Plague-User in der Nähe gesendet. Finden die ihn gut, verbreiten sie ihn auf die gleiche Art und Weise. Und so weiter und so fort. Wie ein Virus werden immer mehr Menschen bzw. Plague-User „infiziert“ – bis der Post zur Plage wird und rund um den Globus geht. Sofern der der Inhalt teilenswert war. Postet man dagegen langweilige oder unwichtige Inhalte, dann kommen diese nicht weit.

Wie „infektiös“ die Nachrichten sind, sieht man im Statistik-Menü. Faszinierend, wie weit eigene Posts durch die Mithilfe anderer Menschen kommen können: In meinem Test schaffte es eine banale Textnachricht von mir innerhalb weniger Tage bis an die Ostküste der USA und bis in den Westen Russlands. Richtig erfolgreiche Plague-Posts gehen auch mal rund um den Globus.

Taugt’s was?

plague-screenshotWas mir an Plague gefällt, ist die simple Bedienung. Man verfasst einen Post – und los geht’s. Für die Verbreitung brauche ich keine Freunde oder Follower. Auch das „Liken“ von fremden Beiträgen geht ganz einfach. In seinem Stream sieht man die Meldungen von anderen Plague-Usern in der Nähe. Gefällt’s einem, wischt man auf seinem Smartphone von oben nach unten, bei Nichtgefallen von unten nach oben. Danach wird sofort der nächste Post geladen.

Nachteil der App: Man muss sich vor Benutzen anmelden. Von derlei Zwangsregistrierungen bin ich kein Freund. Zudem ist es nötig, dass man sein GPS einschaltet. Auch das mag nicht jeder.

Ja, Plague gefällt mir vom Ansatz her. Nur frage ich mich: Brauche ich wirklich noch ein Netzwerk, über das ich mich austauschen kann? Zumal der Informationswert bislang noch recht gering ist. Ich habe bei meinem mehrtägigen Test nur Fun-Content und langweilige Statements gesehen. Richtig fesselnde Sachen wie tolle Bilder oder wichtige News – extreme Mangelware.

Für Marketer von Interesse

Das Problem ist eben, dass Plague noch zu unbekannt ist. Und dass es noch kein echtes Profil vorweisen kann. Es muss sich noch zeigen, ob es eher zum Verbreiten von noch mehr Cat Content „mißbraucht“ wird oder ob die User zukünftig auch genügend seriöse Dinge sharen. Hier wäre ein Filtersystem gut, mit dem ich Themengebiete angeben kann.

Für Marketer dürfte Plague auf jeden Fall von Interesse sein. Denn sie sehen auf einen Blick, wie gut ihrer Werbebotschaften sind und sich weltweit verbreiten – oder auch nicht. Aber auch hier ist es wichtig, dass die App eine große und relevante Zielgruppe erreicht.

Unterm Strich bleibt also eine gute Idee mit Potenzial zu Größerem.

Was denkt ihr: Ist Plague ein potentieller Konkurrent für die etablierten Netzwerke? Oder eine weitere App, welche die Welt nicht braucht?

Bilder: Seep Sea Marketing

Über den Autor

Jürgen Kroder

Jürgen bezeichnet sich als Blogger, Gamer, Tech-Nerd, Autor, Hobby-Fotograf, Medien-Junkie, Kreativer und Mensch. Er hat seine unzähligen Hobbies zum Beruf gemacht. Und seinen Beruf zum Hobby. Obwohl er in Mainz wohnt, isst er weiterhin gerne die Maultaschen aus seiner Heimat.

11 Kommentare

  • Ich denke das Konzept eines Social Networks das lediglich durch regionale Verbindungen ein Netzwerk ist, ist eine gut und interessante Idee. Die Umsetzung in die Praxis ist dagegen natürlich etwas anderes. Fraglich ist außerdem genau die Marketerperspektive mMn, denn sobald ein Netzwerk (welches ja in der Grundstruktur so gebaut ist, dass Nachrichten/Infos objektiv bewertet werden und je nach Gehalt verbreitet werden) als Marketinginstrument eingesetzt wird, verfälscht und verschlechtert diese natürlich den qualitativen Wert des Contents.

  • Interessant ist – und das sagst Du als Autor des Artikels ja auch – dass das Werkzeug vor allem für Marketer eine Spielwiese ist. Denn wenn Du nur Fun Content und Belangloses gelesen hast, ist das ja fast schon ein Beweis. Wer wirklich effektives Content Marketing betreiben will, der sollte sich von solchen Versuchen fernhalten. Sonst wird Plague wirklich zur Plage.

    Viele Grüße,
    Sven

  • @Sven: Nun ja … ein _Beweis_, dass Plague nichts taugt, ist mein Test nicht. Er ist eher eine Momentaufnahme. Und das auch nur bezogen auf meine Region.

    Vielleicht gibt es ja vielleicht in den USA oder in Timbuktu total tolle Plague-Posts – nur kommen sie nicht bis zu uns. Vielleicht wird Plague dort total durch die Decke gehen? Wer weiß…?

  • An sich eine gute Idee, aber auch ein zweischneidiges Schwert.
    Bei Twitter folge ich ja nicht nur Freunden, sondern auch Leuten oder Institutionen, deren Themen mich interessieren. Parteien zum Beispiel oder Blogger.
    Solange es hier nicht, wie schon angesprochen, Voreinstellungen gibt, was – oder wer – mich interessiert, dann ist dem Messenger kein langes Leben beschert.
    Denn mich zum Beispiel interessieren weder Katzenbilder, noch welcher C-Promi gerade Diät macht. Und NPD-Propaganda will ich nicht mal auf meinem Smartphone haben, um sie dann erst als schlecht markieren zu müssen.

    Solange es also keine Möglichkeit gibt zu beeinflussen, was man bekommt, ist der Messenger für mich uninteressant.

  • Sollte Plague „durch die Decke“ gehen, wäre das gleichzeitig dessen Ende. Denn wenn sehr viele Plague nutzen und man pausenlos mit Nachrichten zubebombt wird, wird man die App ganz schnell löschen. Vor allem wenn die Industrie durch den Erfolg angelockt wird und darüber nervende Werbung verteilt.
    Das Phänomen gibt es ja schon bei Whatsapp, wo User Gruppen verlassen oder das Programm komplett löschen, weil die ständigen Meldungen nur noch nerven.

  • Mir ist es auch eher suspekt und auf ständige News zu Themen, die mich nicht interessieren, hätte ich auch keine Lust. Und sicher würde auch unsere Werbung, sofern wir die als News versenden, nicht jeden interessieren und es könnte auch ein Nachteil sein, wenn man dann plötzlich sein Produkt/Service an falsche Leute sendet bzw. andere es an falsche weitersenden. Ich bin mir eher unsicher, ob sich das positiv auswirkt. Trotzdem sind neue Entwicklungen natürlich spannend, mal schauen, ob wir es mal ausprobieren.

  • Plaque wird seinen Platz wohl irgendwo zwischen Twitter und Snapchat finden. da bin ich mir sicher. Aktuell sind wohl ca 40.000 User angemeldet, die erstmal eins tun: spielen.
    Insofern müssen wir abwarten, wie sich der Inhalt der Cards entwickelt. Seit vor ein paar Tagen vermehrt die YouTube-Abonnenten von „Was geht ab!?“ auf Plague sind, ist zwar die Anzahl der Cards gestiegen, allerdings bei deutlichem Rückgang der Qualität. Macht gerade nicht mehr so viel Spaß, wie noch vor zwei Wochen. Die Masse wird’s aber am Ende dann doch wieder richten – hoffentlich!
    Für den Erfolg spricht auf jeden Fall, dass der Filterblasenmechanismus hier mal nicht greift und dass die Interaktionsrate und die Kommentierungsfreudigkeit dort deutlich höher ist als auf Twitter. Gut auch, dass die Cards nach 7 Tagen verfallen – Insofern schließt Plague eine Lücke zwischen Twitter und Snapchat. Sehr schön auch, dass dort alle die gleiche Chance haben, guten Content zu verbreiten, Followerzahlen oder Abonennten auf anderen Plattformen zählt Null.
    Marken sehe ich dort erst mal nicht, denn deren Cards werden schonungslos nach unten gewischt und haben somit keine Chance auf Verbreitung. Könnte sich allerdings ändern, wenn die Gründer versuchen, Geld zu verdienen … Bin gespannt!