Meine Oma liest gerne die „Bunte“. Darf sie, soll sie. So kam es, dass ich mich vergangene Woche in einen großen Supermarkt verirrte, um ihr eine Freude zu machen. Vor dem Zeitschriftenregal stehend, traf mich unverhofft der Schlag: zu absurd zeigte sich die säuberlich angeordnete Yellow-Press-Auslage. Breit grinsend schoss ich ein Foto und portierte diesen geballten Extrakt von unkreativem Einheitsbrei kurzerhand in digitale Sphären.
Unkreative Volksbespaßung
Dass die Regenbogenpresse nicht selten mit kryptischen, an den Haaren herbeigezogenen Headlines mit direktem Bezug zum Hochadel, der C-Prominenz oder Helene Fischer auf Leserfang geht, ist nun wirklich nichts Neues. Ebensowenig neu ist, dass in Verlagshäusern Synergien gesucht werden, um Artikel oder Aufhänger in mehreren Publikationen zu veröffentlichen: spart Zeit, spart Personal, spart Geld.
Dass jedoch eine gesamte Zeitschriftenkategorie, über Verlagsgrenzen hinweg, auf ein und dieselbe Namensbasis zurückgreift, ist gleichsam absurd wie verwirrend. Umso unverständlicher wird es, wenn man die Hauptzielgruppe betrachtet, deren Weitsichtigkeit auf Grund des reifen Alters eher zu- als abnimmt.
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Doch seht selbst:
Mein größter Respekt an alle potentiellen Käufer, die beim Anblick der von FREIZEIT getriebenen Regenbogenlandschaft einen sicheren, zielgerichteten Griff an den Tag legen.
Für alle mit Tomaten auf den Augen, eine kleine Hilfestellung:
Seltsam? Seltsam! Irgendwie witzig? Eine kreative Bankrotterklärung? Oh ja.
Viel FREIZEIT
Nach dem erheiternden Kennenlernen der deutschen Yellow-Press-Landschaft möchte ich es genauer wissen: Welche FREIZEIT-getriebenen Blättchen werden hierzulande verkauft? Und welche Verlage stecken hinter der monotonen Vielfalt?
Im Watchblog topfvollgold.de („Nur die Lüge zählt“, ein lesenswerter Hintergrundbericht im „Tagesspiegel“) findet sich eine hilfreiche Auflistung aktueller Zeitschriften des Regenbogen-Genres, aus der ich alle Titel mit „Freizeit“ im Titel extrahiere. Konkret handelt es sich um die nachfolgenden Zeitschriften inklusive Verlagshaus:
- Freizeit aktiv
- Freizeit aktuell
- Freizeit Blatt
- Freizeit Blitz
- Freizeit direkt
- Freizeit eins
- Freizeit erleben
- Freizeit exklusiv
- Freizeit Express
- Freizeit für die Frau
- Freizeit für meinen Tag
- Freizeit für mich
- Freizeit für uns in NRW
- Freizeit für uns
- Freizeit genießen
- Freizeit Glück
- Freizeit Gold
- Freizeit Heimat
- Freizeit heute
- Freizeit Idee
- Freizeit Illu
- Freizeit im Blick
- Freizeit live
- Freizeit mit Herz
- Freizeit Momente
- Freizeit Monat
- Freizeit Punkt
- Freizeit pur
- Freizeit revue
- Freizeit Spaß
- Freizeit Spezial
- Freizeit & Stars
- Freizeit total
- Freizeit Vergnügen
- Freizeit Welt
- Freizeit Woche
Außerdem existieren noch zahlreiche Publikationen, die – fast kreativ – mit dem Freizeit-Thema spielen. Da finden sich Zeitschriften namens „Deine beste Freizeit“, „Frau und Freizeit“, „Glückliche Freizeit“, „Hallo Freizeit“, „Leute und Freizeit“, „Meine Freizeit“, „Neue Freizeit“, „Prima Freizeit“ oder „Schöne Freizeit“.
Ein paar Ideen
Aufbauend auf diesen hochkreativen Titeln, möchte ich noch einige Ideen und Anregungen einbringen, die den Verlagshäusern gerne als Denkanstoß für künftige Regenbogenblätter dienen können, sofern die Ideen doch mal ausgehen sollten:
- Freizeit inaktiv
- Freizeit für den Mann
- Freizeit für den Hund
- Freizeit für die Katz‘
- Freizeit für den Nachbarn
- Freizeit für den Pensionisten
- Freizeit für die Pensionistin
- Freizeit für Angela Merkel
- Freizeit für Mutti
- Freizeit für Babos
- Freizeit für alle
- Freizeit für die Tonne
- Freizeit mit Rollator
- Freizeit ohne Rollator
- Freizeit Griesgram
- Freizeit Silber
- Freizeit Silberrücken
- Freizeit Silbereisen
- Freizeit Pech
- Freizeit Streit
- Freizeit im Wartezimmer
- Freizeit im Ruhestand
- Freizeit im Sessel
- Freizeit im Überfluss
- Freizeit am Frühstückstisch
- Freizeit überall
- Freizeit nervt
- Freizeit ist einfach mega scheiße
Wer weitere Ideen hat, ist herzlich eingeladen, sie mit mir hier in den Kommentaren oder über Twitter (#freizeitistdoof) zu teilen und wird im Anschluss im Kasten unten gelistet. Interaktiver Journalismus at its best, würde ich mal keck behaupten.
In diesem Sinne, Augen auf beim Blättchenkauf!
Der Netzmüll:er