Gina Schad versucht sich mit „Durchgedreht mit“ an einem Interviewformat, das die Auswirkungen der Digitalisierung auf Kultur und Internet erforschen möchte. Über Startnext sammelt sie aktuell Geld für die restlichen Folgen. Im Interview verrät sie, was ihr das Projekt gibt, was es mit dem Namen auf sich hat und wieso Autor Wladimir Kaminer Schriftsteller mit dem Internet vergleicht.
Dein Interviewformat „Durchgedreht mit“ beschäftigt sich nach eigener Aussage mit „Kultur und Internet“. Wie gut passt das zusammen?
Wir Blogger sprechen ja gerne darüber, wie die Digitalisierung den Journalismus verändert hat. Die Digitalisierung beeinflusst jedoch auch die Kultur; die Arbeitswelt von Regisseuren, Schriftstellern, Musikern, Aktivisten, Oper-Intendanten. Aus diesem Grund wollte ich ein Kulturmagazin entwickeln, das sich nicht nur Kulturthemen widmet, sondern auch dem gesellschaftlichen Wandel.
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Wie kommt das Format bei den Zuschauern an, wie ist dein Eindruck?
Die Resonanz ist völlig unterschiedlich. Die Idee, ein Kulturformat für das Internet zu entwickeln, kommt eigentlich sehr gut an. Um die Kamera/Ton- und Lichttechnik zu verbessern, haben wir eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext gestartet und hoffen natürlich auf viele Unterstützer.
Zum Namen: Was hat es mit „Durchgedreht mit“ auf sich?
Die Interviews, mit einer Dauer von ca. 10 Minuten, werden einfach mit sechs Fragen in einer Plansequenz durchgedreht. Die Idee dahinter ist, die Video-Interviews ohne Schnittkosmetik im Internet zu veröffentlichen. Quasi als Rohlinge, authentisch und immer ganz nah an den Interviewpartnern.
Nachdem ihr mit Netzpiloten, Carta und Soilfilms gut vernetzte Partner habt, sucht ihr nun per Startnext Geldgeber für die restlichen Folgen der ersten Staffel. Warum?
Netzpiloten, Carta und Soilfilms sind Kooperationspartner von medienfische.de, meinem Blog. Damit sind wir natürlich ganz gut aufgestellt, was die inhaltliche Unterstützung angeht. Um die Kamera-/Ton- und Lichtqualität zu verbessern, sind wir jedoch auf die Crowd angewiesen. „Durchgedreht mit..“ ist sozusagen ein Herzensprojekt von uns: Low Budget.
Die Fans, damit die Kampagne starten konnte, waren schnell gefunden. Was soll nun mit den 5.500 Euro genau passieren?
Mit dem Geld wollen wir die erste Staffel mit insgesamt 10 Folgen fertig produzieren. Die ersten Folgen sind schon gedreht und können auf unserem YouTube-Kanal angeschaut werden. Um die Staffel fertig zu stellen, brauchen wir Geld, denn wir wollen die Qualität der Interviews verbessern. Daneben müssen wir die laufenden Kosten der Produktion abdecken: Den Grafiker haben wir z.B. bisher auf Rückstellung bezahlt bzw. leider noch nicht bezahlen können. Wir müssen Ton ausleihen. Manchmal auch Licht. Unser geringes Budget ist daher bereits ausgeschöpft. Wir legen gerade alle privat drauf.
Mitte der ersten Staffel hat sich in der Kameraführung etwas getan. Bis dahin hatte man das Gefühl, es war alles sehr wackelig und unrund. Was ist passiert?
Am Anfang hatten wir einen externen Kameramann. Wir analysieren die Interviews nach jedem Dreh und überlegen, was man besser machen kann. Ab der dritten Folge hatten wir dann das Glück, den Kameramann José-Luis für das Interviewformat zu gewinnen, der technisch sehr gut ausgestattet ist und über ein Kamerarig verfügt, mit dem wir die Aufnahmen stabiler drehen können.
Stichwort „Machen“: Würdest du anderen Journalisten empfehlen, eigene Webprojekte umzusetzen? Warum? Was gibt dir das Projekt?
Also ich weiß nicht, ob jeder Journalist eine eigene Webserie haben muss. Ich denke, es geht auch ohne. Bei meinem Blog medienfische habe ich ja auch zwei Jahre schriftliche Interviews geführt, bevor ich mit Video-Interviews angefangen habe. Und wer weiß, vielleicht mache ich das ja auch nicht weiter. Ich würde es auch nicht als Rückschritt sehen, wieder schriftliche Interviews zu führen. Wenn ich etwas nicht möchte, dann mich auf etwas festlegen. In eine Schublade gesteckt zu werden. Das mag ich nicht. Das Leben ist voller Möglichkeiten, und wir können in unserem Leben so viele Dinge anfangen und auch wieder lassen, ohne dass man sich als Versager fühlen muss.
Das Projekt gibt mir persönlich sehr viel. Ich arbeite in einem tollen Team, darf mit interessanten Menschen über ihre Erfahrungen und Dinge sprechen, die unsere Gesellschaft wirklich beschäftigt und verlasse meine Komfortzone: Schreiben. Von daher würde ich anderen Bloggern natürlich empfehlen, einfach mal was Neues auszuprobieren.
Du hast bereits eine schriftliche Interviewreihe mit Medienschaffenden gemacht. Wie viel Mehraufwand ist Video, welche Schritte müsst ihr bis zum finalen Upload gehen?
Ach, das ist super praktisch. Jetzt muss ich die Interviews nicht mehr abtippen. Nein, ganz im Ernst: das ist schon etwas anderes. Zuerst muss ein Interviewpartner gefunden werden. Die Recherche beginnt meistens mit einem telefonischen Vorgespräch. Die Location besichtigen wir auch meistens ein paar Tage vorher. Wir, das sind Maren (Produktion), José Luis (Kamera) und ich. Wir machen dann ein paar Bilder und schauen, ob wir Licht ausleihen müssen. Ob der Ort stimmt. Ich bereite mich dann auf das Interview vor. Recherchiere im Internet. Mache mir Notizen. Am Drehtag selbst sind wir meistens eine halbe Stunde vorher da, um alles einzurichten. Wir machen eine Kamera- und eine Ton-Probe. Nach dem Dreh lädt Maren dann das Interview bei YouTube hoch und ich schicke es den Kooperationspartnern/Interviewpartnern und verbreite es auf den Kanälen.
Aktuell sind „nur“ 370 Euro zusammengekommen, die Kampagne läuft noch 7 Tage. Habt ihr noch was in der Hinterhand a la Krautreporter oder wie schätzt du die Crowdfunding-Kampagne ein?
Die Crowdfunding-Kampagne ist ein Experiment. Genau wie das Projekt an sich. Wir wollten uns jedoch die Chance, mit anderen Projektstartern und der Crowd in einen Dialog zu treten, nicht entgehen lassen.
Zum Abschluss: Im Mittelpunkt von „Durchgedreht mit“ steht laut eigener Aussage die Frage „Wie hat die Digitalisierung die Arbeitswelt des jeweiligen Interviewpartners verändert?“. Nun deine Einschätzung dazu?
Also bei den Antworten gab es für mich durchaus einige Überraschungen. Dani Levy hat etwa sehr anschaulich und schön beschrieben, wie sich seine Arbeit als Regisseur durch die Digitalisierung verändert hat. Die Erleichterung, Filme heutzutage mit Schnittprogrammen wie Avid oder Final Cut schneiden zu können, ist für ihn immens. Die digitale Entwicklung, die in den letzten 20 Jahren stattgefunden hat, ist damit eine enorme Hilfe für seine Arbeit als Regisseur. Das gilt nicht nur für den Schnitt, sondern auch für Ton, Mischung und Musik. Bemerkenswert war auch das Statement von dem Autor Wladimir Kaminer, der eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Schriftsteller und dem Internet feststellt: Er sieht den Schriftsteller als eine Art Netz (und damit dem Internet ähnlich), das im Wasser liegt und das Wesentliche auffängt. Das Wertvollste wird seiner Ansicht nach im Netz gefangen. Seiner Meinung nach braucht man nur eine Geschichte, die es sich als Schriftsteller lohnt aufzuschreiben: Wie man sie aufschreibt, ist seiner Ansicht nach zweitrangig: Man kann sie mit einem Stift aufschreiben, oder mit einem Laptop. Man kann sie aber auch an eine Wand malen.
Aber es soll ja hier nicht alles verraten werden. Schaut euch doch einfach mal die bisher durchgedrehten Folgen an.
Gina, vielen Dank.