Seit unserem Beitrag über die Redtube-Abmahnungen ist nicht einmal ein Monat vergangen. Und trotzdem ist der gesamte Fall seitdem mehr oder weniger implodiert. Von den ursprünglich erhobenen Vorwürfen gegen tausende Nutzer bleibt letztendlich wohl kaum mehr übrig als viel heiße Luft und der Eindruck, dass hier mit allerlei dubiosen Mitteln richtig Kasse gemacht werden sollte.
Nur ein Riesenschwindel?
Über den vorläufig letzten Akt der Redtube-Posse berichtete gestern „Die Welt“. Demnach gibt es erhebliche Zweifel daran, dass die hinter den Abmahnung steckende Schweizer Firma The Archive überhaupt die notwendigen Online-Rechte an den im Rahmen der Abmahnwelle genannten Pornofilmen besitzt. Dies legten Vertragskopien nahe, die dem Blatt vorlägen. Ehrlich gesagt: Wundert das wirklich noch jemanden? Wer die Ereignisse auch nur beiläufig verfolgt hat, dürfte inzwischen mitbekommen haben, dass hier offenbar vieles in fragwürdiger Weise abgelaufen ist. Richtig deutlich wird das, wenn man sich das Geschehen einmal chronologisch mit den wichtigsten Stationen anschaut.
• 6. Dezember: Erste Berichte über Abmahnungen der Regensburger Kanzlei Urmann und Collegen (U+C) tauchen auf. Gefordert werden demnach 250 Euro aufgrund angeblicher Urheberrechtsverletzungen auf dem Porno-Portal Redtube. Die Post-Anschriften zu den IP-Adressen haben der Berliner Anwalt Daniel Sebastian und die Kanzlei U+C vom Landgericht Köln im Rahmen einer Standardanfrage erhalten. Woher wiederum die IP-Adressen stammen, ist nicht klar.
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• 7. / 8. Dezember: Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke schätzt, dass mehr als 10.000 Nutzer von der Abmahnwelle betroffen sein könnten. Erste Hinweise tauchen auf, dass zur Sammlung der IP-Adressen womöglich Malware oder ein Traffic-Dienst mit Weiterleitung zum Einsatz gekommen sein könnte.
• 9. Dezember: Mittlerweile wird bekannt, dass das Landgericht Köln die Anträge auf Herausgabe der IP-Adressen wohl nicht mit der gebotenen Sorgfalt geprüft hat. So sind die Richter offenbar davon ausgegangen, dass es sich um Urheberrechtsverletzungen im Rahmen der Nutzung von Tauschbörsen handelte.
• 10. Dezember: Trittbrettfahrer versuchen die Abmahnwelle zu ihren Gunsten zu nutzen und verschicken per E-Mail gefälschte Abmahnungen mit Malware-Anhang. Weiterhin wird gerätselt, wie die IP-Adressen ermittelt werden konnten. Seitens U+C wird auf eine spezielle Software verwiesen, Experten spekulieren jedoch über Tracking via Werbebanner oder einen Traffic-Dienst.
• 11. Dezember: Der Abmahnanwalt Thomas Urmann verkündet, er werde noch weitere Abmahnungen verschicken – auch an Nutzer anderer Streaming-Portale. Unterdessen wachsen die Zweifel an deren prinzipieller Rechtmäßigkeit.
• 13. Dezember: Indizien verdichten sich, dass die IP-Adressen auf illegalem Wege per Zwangsumleitung erfasst wurden. Redtube äußert sich erstmals und erklärt sämtliche Vorwürfe für haltlos. Auch bestreitet die Plattform, IP-Adressen herausgegeben zu haben. Mittlerweile wird von mehr als 30.000 Betroffenen ausgegangen.
• 17. Dezember: Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln im Redtube-Fall wegen des Verdachts auf Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung.
• 20. Dezember: Das Landgericht Köln kommt inzwischen zu dem Schluss, dass Streaming prinzipiell nicht als Urheberrechtsverletzung bewertet werden könne. Zudem teilen die Richter mittlerweile Zweifel über die rechtmäßige Erfassung der IP-Adressen. Parallel dazu erwirkt Redtube vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen die Firma The Archive, wodurch der Versand von Abmahnungen untersagt wird.
Und nun eben der nächste Hammer – die womöglich fehlenden Filmrechte. Noch gibt es aber keine Bestätigung dafür. Sollten die Informationen der „Welt“ aber stimmen, wäre der Fall für die Abgemahnten erst einmal beendet. Dann würde sich der Spieß wohl endgültig umdrehen. Denn wer bereits gezahlt hat, wird wohl spätestens dann versuchen, sein Geld zurückzubekommen. Leider dürfte das nicht ganz so einfach werden. Mein Gefühl sagt mir jedenfalls, da kommt noch was.
Bild: CPU paragraph / Shutterstock