Die Flut an Rückblicken, Ausblicken und gesammelten Augenblicken lässt gerade wieder keinen Zweifel daran aufkommen, dass wir mal wieder fast ein Jahr geschafft haben. Wie üblich lässt sich diese Zeit hervorragend dazu nutzen, Bilanz zu ziehen und neue Pläne zu schmieden. Während dieser Prozess für andere Unternehmen in eine Mischung aus Jubel und Zuversicht mündet, ist bei BlackBerry das viel zitierte Heulen und Zähneklappern im Gange. Verständlicherweise.
2014 markiert eine Zäsur
Denn das kommende Jahr dürfte für den angeschlagenen Smartphone-Hersteller eine Zäsur markieren. Es geht um nichts geringeres als das nackte Überleben. Und der Ausblick könnte düsterer nicht sein: 4,4 Milliarden Dollar Verlust bei einem Umsatz von lediglich 1,2 Milliarden Dollar im dritten Quartal sind so existenzbedrohend wie niederschmetternd. Die erst Ende Januar angelaufene Strategie von Ex-Konzernchef Thorsten Heins, mit neuem Modellen, Alica Keys und frischer Software sowohl bei Business- als auch Privatkunden zu reüssieren, ist nach nur rund zehn Monaten krachend gescheitert. Natürlich wäre hier ein wenig mehr Durchhaltewillen eine sinnvolle Option gewesen. Andererseits: Die Aussichten sind tatsächlich dürftig, denn der Kuchen ist längst verteilt. Android und iOS dominieren das Privatkunden-Geschäft, die wenigen Reste klaubt Microsoft mit Windows Phone zusammen. Ketzerisch gefragt: Wer braucht da noch BlackBerry?
Allerdings: Geschlagen sind die Kanadier noch lange nicht. Die Lage ist ernst, aber nicht aussichtslos. Genau diese Botschaft trägt nun auch der erst seit ein paar Wochen amtierende neue Konzernchef John Chen in die Welt. Seine Strategie: Stellen streichen, die Unternehmensstrukturen umbauen und neu ausrichten, Stärken und Kernbereiche herausstellen, überflüssigen Tand über Bord werfen. Und: Bloß kein Verlierer-Image kultivieren. Denn dies ist wohl eine der größten Gefahren der Krise, wird es doch schnell zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Wer öffentlich als Pleitekandidat gilt, büßt bei potenziellen Kunden Vertrauen ein, verkauft dadurch weniger Produkte und wird so tatsächlich zum Pleitekandidaten. Das halbleere Glas muss daher wieder halbvoll werden. Stichwort: Optimismus verbreiten.
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BBM soll zum Umsatzbringer werden
Genau darin versucht sich nun eben John Chen. In einem Kommentar auf CNBC.com unterstreicht der BlackBerry-Chef daher die Stärken des Konzerns und haut ordentlich auf die Pauke. Man sei im Unternehmenssegment immer noch die Nummer 1. „Lasst euch nicht vom Gerede der Wettbewerber in die Irre führen, die behaupten, sicherer zu sein oder über mehr Erfahrung zu verfügen“, so der Appell. Mit mehr als 80.000 Unternehmenskunden weltweit schlage man die Konkurrenz noch um Längen. Auch sei BlackBerry weiterhin der einzige Anbieter, der für den Einsatz innerhalb des US-Verteidigungsministeriums zugelassen sei. Zudem nutzten die Regierungen der sieben größten Industriestaaten unverändert BlackBerry-Geräte. „Unser Unternehmen ist finanziell stark, technologisch erfahren und bestens für die Zukunft gerüstet.“
Hoffnungsvoll sieht Chen dabei den Erfolg des im Oktober gestarteten BlackBerry Messengers (BBM) für iOS und Android. Für das Tool hätten sich in den letzten zwei Monaten mehr als 40 Millionen neue Nutzer registriert. In den kommenden Jahren soll der Messaging-Dienst so zu einem der stärksten Umsatzbringer werden; zahlreiche neue Features sind bereits für 2014 angekündigt. Gleiches gilt für die Plattform QNX, für die zur CES in Las Vegas Neuigkeiten zu erwarten sind. Und natürlich soll der vor Weihnachten geschlossene Deal mit Foxconn über die effizientere Produktion von günstigeren Smartphones einen gewichtigen Teil zur Rückkehr in die schwarzen Zahlen beitragen. Man besitze außerdem 3 Milliarden Dollar Cash für Investitionen.
Ob dieses Gesamtpaket ausreicht, eine Trendumkehr zu schaffen, ist aber ungewisser denn je zuvor. Erste Antworten darauf werden bereits die nächsten Quartale liefern. Denn selbst wenn 50 Prozent der Wirtschaft nur Psychologie sind, heißt das eben auch, dass die andere Hälfte aus nackten Zahlen besteht. Nur wenn diese spätestens in einem Jahr signifikant besser ausfallen, hat das Unternehmen eine Zukunft.
Bilder: BlackBerry