Die Polizei findet Facebook super. Im sozialen Netz zeigt sie sich gern bürgernah und als guter Arbeitgeber. Natürlich möchte sie dort aber auch Verbrecher jagen und dingfest machen. Der aufmerksame Bürger soll die Polizeiarbeit dabei unterstützen. Das hört sich so naheliegend wie bedrohlich an.
Zu Fahndungszwecken nutzt die Polizei Facebook bislang nur vereinzelt. Je nach Bundesland gelten hier unterschiedliche Standards. Michael Neumann, der Innensenator Hamburgs, möchte das nun ändern. Die Polizei soll allgemeinverbindliche Regeln für die Facebook-Nutzung bekommen und dadurch ihre Fahndungserfolge verbessern.
Eine Empfehlung an die Innenminister
Vom 4. bis 6. Dezember treffen sich auf der Innenministerkonferenz die deutschen Innenminister und Innensenatoren, diesmal in Osnabrück. Zahlreiche Themen stehen dabei auf der Agenda: NPD-Verbot, Verfassungsschutzreform, Fußballgewalt und Cybercrime. Hamburgs Innensenator Michael Neumann bringt nun ein weiteres Thema auf die Agenda. Er will, dass die Polizei Facebook zur Verbrecherfahndung nutzen darf. Im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ kündigte er an, seinen Kollegen einen Vorschlag zur Ausweitung der Facebook-Fahndung einzureichen.
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Eine entsprechende Projektgruppe sei zum Ergebnis gekommen, dass insbesondere die jüngere Generation – Überraschung! – eher über Kanäle wie Facebook erreichbar ist. Dementsprechend sind von der Einbeziehung des sozialen Netzwerks Fahndungserfolge zu erwarten. Wichtig sei es dabei natürlich, die Datenschutzvorgaben einzuhalten.
I like Polizei
Bereits jetzt sind auf Facebook die Polizei-Profile verschiedener Bundesländer, Städte und sogar Dienststellen zu finden. Neben Ortsangaben oder Wikipedia-Einträgen ist auf den Profilen aber oft nicht viel los. Zur Fahndung nutzen derzeit lediglich das Bundeskriminalamt sowie die Bundesländer Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen Facebook explizit zur Verbrecherfahndung.
Auf der Facebook-Seite des Landeskriminalamts Niedersachsens finden sich neben allerlei Vermisstenanzeigen zahlreiche kleinere und größere Verbrechen. Das Spektrum reicht von Benzindiebstahl bis versuchter Tötung. Auch Phantombilder kann man hier finden. Für offene und geschlossene Fälle gibt es jeweils ein einheitliches Bild. Die Fahndungsseite ist jedoch nur ein Teil des Facebook-Auftritts, auch Hinweise zur Verkehrssituation bei Fußballspielen und Jobausschreibungen gehören dazu. Wie es scheint, geht man dabei durchaus auf Nutzer-Kommentare ein.
Datenschutz und der wütende Bürger
Datenschützern und Webaktivisten gefällt die soziale Freizügigkeit der Polizei derweil weniger gut. Schließlich sind Soziale Netzwerke auch die perfekte Spielweise für einen wütenden Mob. Was sich in der Regel als Shitstorm äußert, kann im Einzelfall auch zum Aufruf zur Lynchjustiz werden. Erst im Mai musste sich ein 18-jähriger vor Gericht verantworten, da er bei Facebook dazu aufgerufen hatte, einen angeblichen Kindermörders zu erschlagen. Wütende Bürger belagerten daraufhin die Polizeiwache. Nicht unproblematisch sind auch mögliche Verwechslungen, die sich aus der Ähnlichkeit eines Fahndungsfotos und eines Facebook-Nutzers ergeben.
Schnell entwickelt sich aufgrund der speziellen Verknüpfungsmechanismen der Plattform eine Eigendynamik, die schlimmstenfalls nicht mehr zu kontrollieren ist. Thessas Facebook-Party lässt grüßen. Die Kritik der Datenschützer kommt also nicht von ungefähr. Der Grat zwischen sinnvollem Einsatz und kompletter Überreaktion ist schmal. Das zeigen die Beispiele deutlich. Wie das folgende Video „beweist“, kann die Polizei durch den cleveren Einsatz von Facebook aber tatsächlich beeindruckende Fahndungserfolge erreichen. Aber Vorsicht, Satire.
Allerdings hat der Spaßclip einen wahren Kern: Tatsächlich sind auch deutsche Behörden längst aktiv auf Facebook unterwegs und fahnden etwa nach Temposündern. Das Soziale Netzwerk ist also längst eine Art verlängerte Datenbank für Polizei und Ordnungsamt – dessen sollte man sich bewusst sein.
Bild: blu-news.org / Flickr (CC BY-SA 2.0)