Seit einigen Wochen schon plagt es mich: das schlechte Gewissen. Jeden Tag kommen neue Dinge ans Licht, die illegalen Praktiken hinter NSA, GCHQ und BND werden immer weiter und tiefgründiger aufgedeckt. Und dennoch: Ich bin ahnungslos. PGP? SSL? Was-weiß-ich-was-für-eine-Abkürzung? Ich habe keine Ahnung von Verschlüsselung, Kryptologie und Co. Meine Daten sind ungeschützt. Bis jetzt. Denn nun wage ich mich endlich vor, raus aus der Lethargie und starte meinen Weg zur Verschlüsselung. In Teil 1 aus dem Tagebuch eines (noch) Ahnungslosen ging es um den Versuch, meine E-Mails zu verschlüsseln. Während in Teil 2 anschließend die ersten Tage mit PGP im Mittelpunkt standen, versuchte ich mich in Teil 3 an S/MIME. Nach der PGP-Verschlüsselung am Smartphone (Teil 4) widmete ich mich schließlich auch noch dem Thema mobiles S/MIME (Teil 5). Teil 6 beschäftigte sich mit den omninösen „Fingerprints“. Im vorletzten Teil der Serie soll es nun um sichere Kommunikation per TLS bzw. SSL gehen. Und ihr dürft natürlich – wie immer – in den Kommentaren gerne helfen, korrigieren, verbessern – und so auch anderen helfen.
Liebes Tagebuch,
alle meine bisherigen Bemühungen, in die Welt der IT-Kryptologie einzusteigen, beschäftigten sich mit E-Mails und ihrem verschlüsselten Versand. Das ist zwar schon mal ein guter Anfang, bringt mich beim Surfen aber auch nicht wirklich weiter. Schließlich schreibe ich am Rechner nicht nur E-Mails (auch wenn man das bei einem Blick in meine Inbox meinen könnte), ich recherchiere auch Dinge im Internet, nutze eBay und Amazon, PayPal und GMail. Da stellt sich der Neugier in mir natürlich die Frage, wie ich meine Verschlüsselung auch in diesem Bereich optimieren kann.
Die Lösung, das weiß ich, lautet TLS, vielen noch bekannt unter der Abkürzung SSL. Was genau aber TLS bewirkt und wie es funktioniert, habe ich nie verstanden. Und um ehrlich zu sein: Bislang hat es mich auch nicht interessiert. Nun aber möchte ich auch damit beginnen, meine Datenwege im Internet zu verschlüsseln – und stürze mich mal wieder in ein neues Abenteuer.
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Wofür TLS steht, habe ich schon herausgefunden: Es bedeutet Transport Layer Security, also auf Deutsch „Transportschichtsicherheit“. Irgendwie kann ich mich noch nicht so ganz an TLS gewöhnen, dafür habe ich viel zu oft in den letzten Jahren SSL gehört. TLS klingt so neu und unbekannt. Eigentlich aber ist es nur die dritte Version von SSL, TLS 1.0 würde, wenn man es umwandeln möchte, SSL 3.1 entsprechen. Am besten höre ich auf, immer beide zu nennen – bleiben wir bei und gewöhnen wir uns an TLS.
Video für Dumme hilft!
Die Wikipedia ist hier wieder eine absolute Katastrophe. So sehr ich sie auch beim Verständnis von „Web of Trust“ gelobt habe: Bei den ersten Absätzen von TLS verstehe ich nur Bahnhof. Wenigstens ein mir bekannter Begriff taucht auf – und der spielt beim Thema TLS wohl eine entscheidende Rolle: HTTPS.
HTTP ist letztlich nichts anderes als ein Helferlein, das eine Website aus dem Internet in meinen Browser (Firefox, Safari, Chrome, …) lädt. Das „S“ hinter HTTP steht bei HTTPS für „Secure“, sodass die Abkürzung insgesamt den wunderbar einfachen Namen „HyperText Transfer Protocol Secure“ trägt. Na, jetzt kann der Spaß ja anfangen.
Ich muss die Suche ausweiten, versuche mein Glück nun auf YouTube. Hier finde ich ein tolles Video für die Dümmsten unter den Dummen – genau mein Ding. Dort wird erklärt, was TLS eigentlich kann. Und ich verstehe: Wenn ich eine Anfrage starte, also in meinen Browser eine Internet-Adresse eingebe, dann geht die Anfrage von meinem Computer an den Server des Betreibers der Adresse. Gebe ich also spiegel.de ein, wandert meine Anfrage durch die Weiten des Internets zu den Servern von „Spiegel Online“.
Nur auf den Schutz meiner sensiblen Daten gemünzt, ist das soweit kein Problem. Schließlich gebe ich damit nicht viel von mir preis. Lediglich, dass ich gerade Nachrichten auf „Spiegel Online“ lesen möchte. Auf den Schutz vor Geheimdiensten gemünzt, ist das aber sehr wohl entscheidend: Schließlich möchte ich eigentlich nicht, dass NSA, BND und Co. wissen, welche Nachrichten mich interessieren und ob ich vielleicht gerade einen Artikel über den Drogenumschlagplatz „Silk Road“ oder die erste Waffe aus einem 3D-Drucker lese.
Interessant wird es zudem, wenn es wirklich um sensible Daten geht – also zum Beispiel beim Shopping bei Amazon, Zalando, eBay oder einer Bezahlung mit PayPal. Hier gebe ich mitunter Informationen von meiner Kreditkarte oder meiner EC-Karte oder einfach nur meine Adresse raus. Klicke ich also bei paypal.com/de auf „bezahlen“, geht – wie bei „Spiegel Online“ – eine Anfrage an die Server von PayPal, diesmal aber nicht mit dem simplen Befehl, mir mal die Nachrichtenlage auf den Browser zu holen, sondern gegebenenfalls mit meinen sensiblen Kontodaten.
Um zu verhindern, dass diese Daten frei zugänglich für jeden rausgehen, kann man die Daten verschlüsselt senden – und genau dafür ist TLS da. Darum muss ich mich eigentlich gar nicht selbst kümmern, mir eine verschlüsselte Umgebung anzubieten ist schon fast die moralische Pflicht von Online-Shops. Die traurige Wahrheit ist aber wohl auch, dass die Mehrheit PayPal und Co. auch dann nutzen würde, wenn die Dienste keine TLS-Verschlüsselung anbieten würden.
Vertrauen ist gut…
Für mich bedeutet TLS also erst einmal nur: Aufmerksam sein! Denn ob eine Website TLS anbietet, ist heutzutage laut dem Video einfach zu erkennen: Jeder gängige Browser gebe diese Information nämlich in der Adresszeile neben der Internet-Adresse aus. Wirklich? Das probiere ich doch lieber schnell mal aus.
Mein Test: paypal.com/de, zalando.de, amazon.com, ebay.com und mail.google.com.
Auf der Website von PayPal finde ich den Hinweis direkt: Es ist ein kleiner grüner Kasten links neben der Adresse. Darin sehe ich ein Schloss und „PayPal, Inc.“ Klicke ich den Kasten an, gibt mir mein Browser aus: „Safari verwendet eine sichere Verbindung zu www.paypal.com„. Darunter ein kurzer Text:
Die Verschlüsselung mit einem digitalen Zertifikat sorgt dafür, dass Daten sicher an oder von der https-Website www.paypal.com gesendet werden. VeriSign, Inc. hat festgestellt, dass www.paypal.com von Eigentümer PayPal, Inc. in San Jose, California, US, stammt.
Bei ebay.com ist das anders. Ich sehe den Kasten nicht, auch nicht, als ich nach „Giraffen-Plüschtier“ suche. Offenbar scheint die reine Information, was ich suche und für was ich mich interessiere, nicht besonders spannend zu sein. Sobald ich in den Bereich komme, in dem ich mich anmelden soll, ist aber auch eBay zur Stelle und ich sehe bei der PayPal-Mutter den gleichen grünen Kasten, diesmal mit „eBay, Inc.“
Bei Zalando muss ich mich ebenfalls bis zur Registrierung vorklicken – bekomme dann allerdings keinen grünen, sondern nur einen grauen Kasten angezeigt. Darin: „https“ und das bekannte Schloss. Letztlich ist der Text identisch zu dem von PayPal und eBay – dem kann ich wohl auch vertrauen. Bei Amazon und Googlemail finde ich das gleiche Bild.
Und was bedeutet das jetzt? Eigentlich ist es ganz einfach: Wenn eine Website über https://-Adresse erreichbar ist und ich den grünen Zertifikats-Kasten sehe, weiß ich, dass meine Daten ab jetzt verschlüsselt versendet werden. Das würde die NSA im Zweifel auch nicht lange aufhalten, aber immerhin kann ich mir so lästige Hacker vom Hals halten, die meine Daten abfangen wollen. Tun sie es trotzdem, bekommen sie nur Zeichensalat zu sehen – ätsch.
Angemessen kritisch sein!
Auf diesem Wege kann ich mich übrigens auch vor Phishing-Attacken schützen: Wer mir vorgaukelt, er wäre PayPal, aber kein Zertifikat vorweisen kann, ist raus. Das ist besonders wichtig beim beliebten E-Mail-Spam der Art „Ändern sie ihre Paswort von der Sparkaßse heute noch! (sic!, sic!, sic, SIC!)“ oder „Ihr PayPal-Konto wird gesperrt, wenn Sie sich nicht verifizieren.“ Die Websites sehen dann meist genauso aus, wie die von Sparkasse oder PayPal und zeigen – wenn nicht die letzten Amateure am Werk waren – sogar die richtige Adresse an. Man kann aber sicher sein, dass Sparkasse, PayPal und Co. a) niemals nach solchen Daten fragen würden und b) wenn, dann wohl kaum ohne zertifizierte TLS- und https-Sicherheit.
Was TLS ist, habe ich so langsam verstanden: Internetseiten-Betreiber müssen sich von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle bestätigen lassen, dass sie echt sind und dass sie die Anfragen verschlüsselt ausgeben (etwas ähnliches habe ich ja bereits bei S/MIME kennengelernt). Ist dem so, dürfen sie das Zertifikat (siehe PayPal oben) in die Adressleiste im Browser einblenden. Das erklärt zwar nicht genau die Technik dahinter, die ebenfalls mit Schlüsseln und Schlössern funktioniert, aber den Zweck – und der heiligt in diesem Fall die Mittel.
Übrigens kann man TLS auch beim E-Mail-Versand einsetzen. Jeder der gängigen E-Mail-Anbieter bietet eine TLS-verschlüsselte Verbindung per IMAP oder POP3 an. Ebenso jedes gängige E-Mail-Programm, auch mobil auf iOS, Android und Co. Hier empfiehlt sich dringend, mal in die Einstellungen der einzelnen Programme zu schauen – in der Regel müssten die Optionen voreingestellt ausgewählt worden sein.
Ich muss zugeben: Die Idee hinter TLS ist grundsätzlich nicht schwer zu verstehen. Dennoch habe ich noch immer das Gefühl, völlig im Dunkeln zu tappen. Ich schaue mir also noch ein paar Mal das Video für Dumme an. Und halte solange schon mal fest: Aufmerksam nach den Zertifikaten schauen, Websites – insofern möglich – über https:// aufrufen, E-Mail-Programme umstellen und beim Versand von sensiblen Daten immer angemessen kritisch sein.
Dein Tobias
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