Vor über einem Jahr hat die EU die Cloud zum Wachstumstreiber für die Euro-Zone erklärt. Mit einer entsprechenden Strategie will man seither das wirtschaftliche Potenzial des Cloud-Computing besser ausnutzen. Unterschiedliche technische Standards und rechtliche Rahmenbedingungen stehen dem momentan noch entgegen. Eine neu eingesetzte Expertengruppe will sich nun mit der Frage auseinandersetzen, wie Verträge einheitlich gestaltet werden können. Fair und verständlich sollen sie sein, damit Verbraucherschutz und –vertrauen gestärkt werden.
Große Erwartungen
Unter dem Titel „Unleashing the Potential of Cloud Computing in Europe“ formulierte die EU-Kommission Ende September 2012 ihre Strategie zur Förderung der Technologie. Nach dem Willen der Politiker soll Europa beim Thema Cloud Computing in der ersten Liga spielen. Für die Kommission ist die Strategie eine klare Win-Win-Situation: Die Nutzer profitieren von einem besseren Netz, die Wirtschaft profitiert durch neue Märkte und Effizienzgewinne bzw. geringere IT-Kosten.
Die Erwartungen an das wirtschaftliche Potenzial des Cloud Computing sind dementsprechend hoch. Alles zusammengenommen könnten nach Einschätzung der Kommission bis 2020 knapp 960 Milliarden Euro im Zusammenhang mit dem Cloud Computing umgesetzt werden, 45 Milliarden davon durch direkte Ausgaben für Cloud-Lösungen. 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze könnten entstehen.
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Vertrauen durch Expertengruppe
Im Rahmen der Gesamtstrategie hat die EU-Kommission verschiedene Arbeitsgruppen eingesetzt. Ein Bereich soll sich dabei um die Entwicklung sicherer Lösungen und fairer Vertragsbedingungen kümmern. Dazu wurde nun eine neue Expertengruppe ins Leben gerufen. Am 19. November trifft sie sich erstmals.
Ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit ist die Schaffung von Vertrauen. Sowohl bei Endkunden wie auch bei den Firmen. Oftmals hapert es nämlich schon am Verständnis der komplizierten Vertragsbedingungen. Gerade für kleinere Firmen bedeutet die Beurteilung der Rechtslage einen ziemlich hohen Aufwand; für Nutzer ist hingegen oft unklar, was genau mit den Daten in der Cloud passiert. Angesichts der immer neuen Enthüllungen um den NSA-Skandal hat das Problem zudem mittlerweile eine zusätzliche Brisanz bekommen. Längst gibt es Forderungen nach einer unabhängigen europäischen IT-Industrie mit hohen Schutzstandards. Die Telekom denkt sogar über innerdeutsche Lösungen nach.
Verbraucher- und Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler und Juristen sollen sich vor diesem Hintergrund nun den Fragen rund um die Vertragsbedingungen bei Cloud-Lösungen annehmen. Ein gemeinsamer Markt für Cloud Computing soll her. Im Rahmen der ohnehin anstehenden Bemühungen um eine Vereinheitlichung des europäischen Kaufrechts sollen die Besonderheiten in der Cloud berücksichtigt werden.
Kritik an der rosaroten Wolke
Die Kommission sieht die digitale Zukunft der EU nach einer Vereinheitlichung des Markts offenbar ganz rosig, aus der Industrie kommt aber auch Kritik. Die Sachlage ist nämlich nicht nur kompliziert, das Cloud Computing ist schlicht und ergreifend recht neu und der Markt von hoher Innovationskraft getrieben.
Wie die derzeit sehr unterschiedlichen Standards zur Zufriedenheit aller Beteiligten vereinheitlicht werden können, ist im Moment noch nicht abzusehen. Übermäßige Regulierung könnte jedenfalls vor allem dann hinderlich sein, wenn sie kleinere Firmen belastet. Innovative Konzepte stehen dadurch bereits im Ansatz auf der Kippe.
Dennoch: Kritik hin oder her – insgesamt ist es richtig und wichtig, dass das Thema Cloud Computing mehr politische Aufmerksamkeit erhält. Ein eigene europäische Alternative zum amerikanischen Modell war nie nötiger als heute.