In den letzten Tagen haben ominöse Gewinnspiele auf Facebook für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Etwa das von Radio 95.5 Charivari aus München, die 10.000 Euro für den „letzten Facebook-Kommentar“ auslobten – und anschließend einem 680.000 Kommentare starken Shitstorm standhalten mussten. Bereits im Nachgang des missglückten PR-Stunts tauchten auch Stimmen auf, die auf juristische Probleme derartiger Aktionen verwiesen. Wir wollten es genau wissen und haben den Kölner IT- und Medienanwalt Christian Solmecke zu den rechtlichen Hintergründen befragt.
Konsequente Ignoranz jeglicher Regeln
So ist der aktuelle Trend zu solchen Gewinnspielen um den letzten Kommentar unter einem Beitrag oder Foto unübersehbar. Offenbar entdecken einige Unternehmen gerade die neuen Möglichkeiten, mit vergleichsweise wenig Mitteln viel Buzz um die eigenen Social-Media-Kanäle zu erzeugen. Nicht nur Radio Charivari hat es getan. Auch die Supermarktkette real,- hat es getan. Viele andere haben es getan oder werden es wohl (leider) noch tun: Denn Facebook erlaubt diese Art der Eigenvermarktung erst seit Kurzem auch in der Timeline – zuvor waren Gewinnspielaktionen nur in einer App zulässig. Voraussetzung ist dabei die Einhaltung einiger Richtlinien – und natürlich muss das geltende deutsche Recht beachtet werden.
Problematisch wird es dann, wenn sich die Unternehmen oder Seiten-Betreiber an eines von beiden oder, schlimmer noch, an beides nicht halten. So werden Facebooks Forderungen nach dem obligatorischen „Dieses Gewinnspiel steht nicht in Verbindung mit Facebook“ oder nach „Angebotsbedingungen und Auswahlkriterien“ konsequent ignoriert. Aber auch die Rechtslage in Deutschland findet nicht immer die nötige Akzeptanz bei den Gewinnspielbetreibern.
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Solmecke rät: „Vorher juristischen Rat einholen“
Worauf kommt es hier an? Christian Solmecke ist erfahren in IT- und Medienrechtsfragen. Auf unsere Nachfrage stellt er unmissverständlich klar:
Ein solches Vorgehen ist nicht rechtmäßig. Auch bei Facebook müssen die allgemeinen Regeln für die Durchführung von Gewinnspielen eingehalten werden.
Dazu gehören, so Solmecke, unter anderem präzise Angaben zu den Teilnahmebedingungen:
Der Spieler muss darüber informiert werden, wann das Gewinnspiel genau endet, nach welchen Regeln der Gewinner ermittelt wird, wann der Termin für die Verkündung des Gewinners stattfindet und auf welche Art und Weise der Gewinn später erlangt werden kann. Zusätzlich müssen immer Hinweise zum Datenschutz erfolgen.
Schon vor diesem Schritt sind Radio Charivari und real,- offenbar ausgestiegen. Von Informationen über den genauen Endpunkt oder die Art und Weise, wie der Gewinn später erlangt werden kann, ist bei beiden Gewinnspielen nichts zu sehen. Dabei darf solche Sorglosigkeit zumindest verwundern, denn Rechtsverstöße können sich nicht zuletzt finanziell äußerst negativ auswirken, wie Solmecke noch einmal betont. Es sei daher ratsam, mögliche Stolpersteine unbedingt vorab abzuklären:
Missachtet ein Unternehmen diese Regeln drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch Konkurrenten. So einfach die Marketingstrategie `Gewinnspiel` auch klingt, sollten sich Unternehmen vorsichtshalber vorher juristischen Rat einholen, um sich vor unangenehmen Konsequenzen wie einer Abmahnung zu schützen.
Missverständnisse mit armer Sender-Mitarbeiterin
Davon abgesehen: Unangenehme Konsequenzen sind auch schlechte Presse. Und die gab es in den letzten Tagen zu genüge. Unser Beitrag zu dem Thema vor zwei Tagen erreichte viele Tausend Menschen, wurde sehr häufig geteilt. So kam es gestern auch zu einem kleinen Missverständnis zwischen einer Mitarbeiterin von Radio Charivari und mir. Sie rief an und wollte über die Nicht-Neuigkeit informieren, dass man das Geld im Zweifel nun spenden wolle. Allerdings, und das wusste ich nicht, bezog sie sich auf einen kleinen, satirischen Beitrag, nur wenige Hundert Mal gelesen, in meinem privaten Blog, nicht aber auf unsere schon am Mittwoch gestellte Presseanfrage an den Sender.
Auf meine Frage, wo man denn so etwas wie eine Entschuldigung oder zumindest eine Erklärung erkennen könne, dürfe sie nicht antworten, das müsse die Geschäftsleitung tun. Man reiche unsere Anfrage noch mal weiter und melde sich. Meine nette Gesprächspartnerin tat mir da schon fast leid. Schließlich schien sie damit beauftragt worden zu sein, alle möglichen Blogs und Websites abzutelefonieren. Die Reaktionen dürften bei den Kollegen nicht anders ausgefallen sein.
Ansonsten blieb unsere nun bereits mehrere Tage alte Mail – wie eigentlich auch erwartet – weiter unbeantwortet. Dabei gab es laut der Mitarbeiterin lediglich zwei (!) Presseanfragen. An Überforderung kann es also nicht liegen. Offensichtlich setzt man bei Radio Charivari darauf, dass sich das peinliche Thema einfach totläuft. Sicherlich keine schlechte Strategie, aber auch nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass man seine Hörer ernst nimmt.
Bilder: Screenshots