Es ist ja dann doch irgendwie jedes mal etwas Besonderes, wenn Apple neue Geräte präsentiert. Dieses mal war es kaum anders – die Keynote wurde von der Öffentlichkeit heiß herbei gesehnt. Und das, obwohl sehr viele Details zu den Neuvorstellungen schon im Vorfeld quer durch die Gerüchteküche wanderten. Vorweg: Auf der Keynote stellte Apple am heutigen Dienstagabend keine Überraschungen vor. Alle Produkte waren schon im Vorfeld bekannt. Neue technische Details sowie Veröffentlichungsdaten und Preise gab es trotzdem zu enthüllen. Auch hat der Fingerabdruck-Sensor das Zeug dazu, das bargeldlose und mobile Bezahlen zu revolutionieren. Wäre da nicht der Datenschutz-Skandal. Doch von vorne.
Einstieg mit iOS 7
19 Uhr. Leichte Anspannung. Tim Cook betritt die Bühne, gibt sich entspannt. Zunächst geht es um iOS 7. So holt Cook nach kurzer Zeit den Chefentwickler Craig Federighi auf die Bühne. Dieser versorgt die Anwesenden mit Zahlen. „Hunderte von Millionen Menschen“ würden iOS 7 quasi über Nacht herunterladen. 700 Millionen iOS-Geräte seien bis Ende des kommenden Monats über die Ladentheke gewandert. Beachtliche Dimensionen.
iOS 7 lebe durch seine Tiefe, schwärmt Federighi und spult die ein oder andere Beispielfolie ab. Im Anschluss fliegt er förmlich durch die Features des neuen iOS, als könne er die folgenden Punkte im Programm gar nicht erwarten. Stellt den neuen Safari samt Ordnerfunktion, die Bilderorganisation und die in die Kamera-App eingebauten Filter vor. Ebenso „AirDrop“ – das Feature, durch das Dateien zwischen einzelnen iOS-Geräten endlich schnell und einfach ausgetauscht werden können. Eine Randbemerkung freut mich dann doch ein wenig mehr, als von Federighi geplant: Mit iOS 7 erhalten iOS-Geräte seit Ewigkeiten neue Klingel- und Signaltöne. Ich bin mir sicher, dass sich darüber der ein oder andere ähnlich freuen wird, wie ich es tue.
Neue Stellenangebote
Content- & Social Media Manager:in (m/w/d) fischerAppelt in Hamburg |
||
Content Creator Social Media (m/w/d) Erlebnisbauernhof Gertrudenhof GmbH in Hürth |
||
Studentisches Praktikum – Video- & Social-Media-Marketing im Bankwesen (m/w/d) Taunus Sparkasse in Bad Homburg vor der Höhe |
Auch ganz nett: Künftig wird iWork samt iPhoto und iMovie allen neu freigeschalteten iOS-Geräten beigefügt, sofern vom Kunden gewünscht. Der Rollout von iOS 7 startet kommende Woche am 18. September für iPhone 4, iPad 2 und neuer. Ebenso dürfen sich Besitzer des iPod Touch der fünften Generation über ein kostenloses Update freuen.
iPhone 5C: das Plastik-iPhone kommt
Das iPhone 5 war im ersten Jahr das erfolgreichste iPhone, das Apple jemals verkauft hat, freut sich Cook der mittlerweile wieder zurück auf die Bühne getreten ist. Und stellt im nächsten Atemzug „zwei neue Designs“ vor, die das iPhone 5 ersetzen sollen. Marketing-Vizechef Phil Schiller übernimmt. Er kommt direkt zur Sache: „spaßiger, farbiger“ soll es werden: das iPhone 5C, das in fünf Farben erhältlich sein wird, ist bestätigt.
Das Design sei nahtlos und ohne Spaltmaße, verspricht Schiller. Und doch stellt er gerade in diesem Moment doch nicht mehr als ein iPhone 5 mit billigem Polycarbonat-Gehäuse vor. Kein großer Wurf. Optisch zwar „funky“, aber ein haptischer Rückschritt. Ich würde gerne auf die Bühne schweben und Schiller in den Arm nehmen. Innovativ ist am iPhone 5C nämlich nichts. Ein iPhone für Emerging Markets und einen Preissektor, in dem Apple nach eigenem Verständnis nichts zu suchen hat. Bisher. Aber gut – farbiger und spaßiger, das ist doch was.
iPhone 5 im Hartplastikgewand
Der Geräte- und Preisklasse entsprechend unaufregend geben sich die technischen Spezifikationen: 132 Gramm schwer, 4 Zoll großes Retina-Display, altbekannter A6-Prozessor, 8 Megapixel starke iSight-Kamera, mit immerhin etwas größerem Akku als im iPhone 5. In der Vorderseite kommt eine neue Facetime-HD-Kamera zum Einsatz. Auch werden mehr LTE-Netze mit bis zu 100 Mbit/s unterstützt. WLAN funkt jetzt mit bis zu 150 Mbps dank n-Standard. Auch ist Bluetooth 4.0 an Bord. Die Preise: 99 Dollar für die Version mit 16 Gigabyte (GB) Speicher, 199 Dollar für die 32-GB-Variante. Mit einem Zweijahres-Vertrag, versteht sich.
Neue, speziell für das C-Modell entwickelte Schutzhüllen hat Apple auch im Angebot. Diese seien 29 Dollar teuer, umweltfreundlich und „natürlich frei von Android“, witzelt Schiller. Ein Schenkelklopfer.
iPhone 5S kommt wie vermutet
Weiter geht’s. Mit dem iPhone 5S. Dieses wird in Gold, Silber und Spacegrau (ja, „Spacegrau„) auf den Markt kommen. Das Herz bildet der Apple A7 SoC mit 64 Bit-Unterstützung. Überraschend ist, dass iOS 7 komplett auf 64 Bit ausgelegt wurde und die Apple-Apps bereits in 64 Bit geschrieben sind. Nach Angaben von Apple ist das iPhone 5S bis zu 50 mal schneller, als das erste iPhone. Eine bedeutungslose Marketing-Sprechblase. Möglich mache dies die Kombination aus A7-Chip, iOS 7, 64 Bit und der Grafischnittstelle OpenGL|ES 3.0, die – merke ich an dieser Stelle an – schon im Google Nexus 7 zum Einsatz kommt.
Bei einer darauf folgenden Demo der Grafikleistung steht der silberne Ring um den Home-Button auffällig oft im Zentrum der Kamera. Nicht ohne Grund, versteckt sich hier nämlich der erwartete Fingerabdruck-Sensor. Dieser erlaubt es mit Hilfe einer „Touch ID“, dem eigenen Fingerabdruck, den Zugriff auf das eigene Endgerät zu regulieren. Der Sensor ist 170 Mikrometer dünn und hat eine Auflösung von 500 Pixel per Inch. Er scannt sub-epidermale Hautstrukturen. Auch kann die eigene „Touch ID“ innerhalb von Apps benutzt werden, beispielsweise zum Kauf von Apps oder Musik in iTunes. Der eigene Fingerabdruck wird dabei niemals anderer Software zur Verfügung gestellt oder in der iCloud gespeichert. Dennoch: Er wird gespeichert, wenngleich auch verschlüsselt. Apple beweist damit in Hinblick auf den PRISM-Skandal nicht unbedingt politisches Feingefühl, betreibt aber nicht mehr als technische Evolution. Darauf nun zynisch herumzureiten finde ich unangebracht.
Als weitere Innovation preist Phil Schiller den M7-Bewegungssensor an. Dieser kombiniert Beschleunigungssensor, Kompass und Gyroskop. Der Clou: Der M7 kann Apps mit Informationen zum aktuellen Tätigkeitsbereich versorgen. Beispielsweise, ob der iPhone-Nutzer gerade geht, läuft, sprintet, im Auto oder auf dem Fahrrad fährt. Dies eröffnet insbesondere Fitness-Apps neue Möglichkeiten.
Aufgebohrte Linse
Das ist noch nicht alles. Neben dem Fingerabdrucksensor und den neuen integrierten A7- sowie M7-Chips steht die weiterhin 8 Megapixel starke iSight-Kamera des iPhone 5S im Zentrum der Vermarktung. Der Bildsensor hat einen 15 Prozent größerer Sensorbereich. Dadurch ergeben sich größere Pixel. Diese sind jetzt 1,5 Mikrometer groß und ergeben nach Überzeugung von Schiller ein sehr viel besseres Bild, als noch mit dem iPhone 5. Kurz gefasst: die Kamera des iPhone 5S ist viel besser, als die des Vorgängers. Logische Folge. Möglich macht dies auch der neue – Trommelwirbel – Dual-LED-Blitz.
Sehr viel interessanter ist da schon die eingebaute Bildstabilisation. Das Prinzip: Die iSight-Kamera macht mehrere Bilder gleichzeitig und sucht eigenständig das schärfste Bild aus. Wirkt in der Demo überzeugend, muss sich aber in der Praxis erst beweisen. Gleiches gilt für „Slo-Mo“, das erwartete und offenbar recht mächtige Zeitlupen-Feature des iPhone 5S, das 720p-Videos mit 120 Bildern pro Sekunde aufnimmt.
Ab 13. September erhältlich
Das 112 Gramm schwere und 7,6 Millimeter dicke iPhone 5S soll eine Standby-Zeit von 250 Stunden bieten. Videogenuss, LTE- und WiFi-Browsing gibt Apple mit maximal 10 Stunden an. Bei voll ausgelasteten 3G-Verbindungen werden nur 8 Stunden erreicht. Angemerkt sei noch, dass das iPhone 5S die LTE-Frequenzbänder 1, 2, 3, 4, 5, 8, 13, 17, 19, 20 und 25 unterstützt. Eine breite Kompatibilität ist somit im Gegensatz zum iPhone 5 gegeben.
Das iPhone 5S ist ab 20. September in den Kernmärkten, darunter Deutschland, Großbritannien, USA, Japan und China, erhältlich. Die Version mit 16 GB kostet inklusive Vertrag 199 Euro, bei 32 GB Speicher werden 299 Dollar fällig. Das Topmodell fasst maximal 64 GB an Daten und kostet bei gleichen Konditionen 399 Dollar. Das Plastik-iPhone 5C kann bereits ab 13. September vorbestellt werden.
Ich finde: Zwar nicht das Rad neu erfunden, aber konsequent weitergedacht
Zwar hat Apple am heutigen Abend nicht das Rad neu erfunden, jedoch mehrere logische Schritte im Zuge einer strategischen Umpositionierung gemacht. Der Kult-Konzern ist nicht mehr länger der stylische, exklusive und sauteure Design- und Innovations-Taktgeber. Vielmehr ist Apple zu einem von vielen Hardware-Herstellern geworden. Damit möchte ich dem Unternehmen aus Cupertino seine strahlende Innovationskraft nicht absprechen, im Gegenteil. Jedoch schafft es Apple einfach nicht mehr, die Öffentlichkeit mit Aha-Effekten zu überfluten, wie einst in der glanzvollen Post-iPod-Ära von Steve Jobs.
Diese Entwicklung ist zwar schade, aber die Folge eines vom Portfolio her einst überschaubar aufgestellten Unternehmens, dessen Wachstum zu stagnieren droht und das folglich nach neuen Einnahmequellen sucht. Das ist logisch und konsequent. So ist Apple jetzt eben mit dem iPhone 5C schlussendlich völlig im Mainstream angekommen. Vielleicht wird der „Touch ID“-Sensor des iPhone 5S heute nach PRISM und Spionageskandal noch belächelt, revolutioniert aber schon morgen unsere Art bargeldlos zu bezahlen, wenn das Vertrauen in solch persönlich tiefgreifende Technologien wiederhergestellt ist. Das alltägliche vernetzte, hochtechnisierte Leben in neue Wege zu leiten ist Apple nämlich auch heute noch im Stande. Davon bin ich überzeugt. Warten wir’s ab.
Bilder: Apple