Schon vor dem Start der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin hat die Deutsche Telekom der Öffentlichkeit ihre Breitband-Strategie für die kommenden Jahre vorgestellt. Der Bonner Konzern setzte dabei auf Schlagworte wie „Vectoring“ und „LTE Plus“, die im Verlauf der Präsentation sehr oft mit Superlativen unterfüttert wurden. Hochgeschwindigkeit wohin man schaut, könnte man meinen. Wären da nicht die weiter aktuellen Drosselungs-Pläne bei Vielnutzung auf mageres Steinzeit-Niveau ab 2016, die an dieser Stelle trotz optimistischem Geschwindigkeitsrausch nicht unter den Tisch gekehrt werden dürfen. Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt, der mir beim Betrachten der Zahlen und Pläne bitter aufstieß.
Hohe Investitionen ins Festnetz
Dass die Telekom viel Geld in den Ausbau ihrer Netze steckt um konkurrenzfähig zu bleiben, lässt sich nicht von der Hand weisen. So stehen die Weichen der Unternehmensführung seit längerer Zeit auf „Investition“. Schon auf der Hauptversammlung der Aktionäre im Frühling dieses Jahres räumte die Telekom ihren Aktionären erstmalig die Option ein, die ausgeschüttete Dividende statt in bare Münze direkt wieder in zusätzliche Telekom-Wertpapiere zu investieren. Damit stärke man Netzausbau und Strategie des Unternehmens, umwarb der scheidende Konzernchef René Obermann seine Anteilseigner.
Die Telekom setzt diese Strategie nun konsequent fort. Sie kann auch gar nicht anders, ist doch insbesondere das angestaubte Festnetz eine riesengroße Baustelle, deren Modernisierung Milliarden verschlingt. Der Umbau der Telekom-Infrastruktur zu einem IP-basierten und weniger wartungsintensiven Next Generation Network (NGN) voller Synergien ist regional schon auf dem Weg. Ein Mischnetz aus Neu und Alt aber alles andere als ideal. Entsprechend kein Wunder, dass der magentafarbene Riese auf Kurs bleibt.
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Mit Schleifchen dran
Dass das zwingend Notwendige schön verpackt, mit Schleifchen verziert an die Öffentlichkeit weitergereicht wird, versteht sich aus Gründen der Unternehmenskommunikation und Außenwirkung von selbst. Klappt auch, werden die Pläne doch von den Medien dann vielerorts unkritisch wiedergekäut.
Nach Plänen der Telekom sollen bis 2018 „über 24 Millionen Haushalte an das Glasfasernetz“ angeschlossen sein. Um dieses Ziel zu erreichen würden „10.000 Kilometer Glasfaserkabel und weitere 17.600 Multifunktionsgehäuse“ verlegt und aufgebaut, so die offizielle Information für die Presse. Beachtliche Zahlen, die hoffentlich nicht zu sehr durch Zahlen-Jonglage schön gerechnet wurden. 6 Milliarden Euro fließen seit 2010 bis zum Abschluss des Umbaus allein in den Glasfaser- und Vectoring-Ausbau mit Hilfe von VDSL2. Zwischen 2010 und 2015 werde man insgesamt mehr als 23 Milliarden Euro investieren.
Durch den Einsatz von VDSL2-Vectoring sind im Telekom-Datennetz Übertragungsraten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) angedacht. Im Upstream sollen immerhin 40 Mbit/s erreicht werden. Die Technik erfordert speziell zertifizierte Hardware, die eine Umstellung im DSL-Multiplexer (DSLAM) und auf Kundenseite beim DSL-Modem zwingend nötig macht. Zu blöd, dass offenbar noch gar keine marktreifen Vectoring-Endgeräte existieren und sich dadurch der Start der Technologie bis mindestens 2014 verzögert.
Vectoring nur ein unnötiger Zwischenschritt?
Vorteil der Vectoring-Technologie: die Telekom muss die Glasfaser nicht bis ins Haus jedes Kunden legen, sondern kann die bestehende FTTC-Infrastruktur (Fibre to the Curb) bis hin in die Verteilerschränke weiter nutzen und spart folglich auf mittlere Frist Geld. Problematisch an dieser Rechnung ist aber, dass der steigende Datenhunger bekanntermaßen unaufhaltsam ist. Eine Glasfaser direkt zum Kunden, Fibre to the Home (FTTH) genannt, wäre gewappnet für das Gigabit-Zeitalter – ein Mischnetz aus Kupfer- und Glasfaser wie bei FTTC aber ist weit von dieser Leistungsfähigkeit entfernt. Macht die Telekom also einen geschönten, auf lange Frist unnötigen und teuren Zwischenschritt? Möglich ist es.
Gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Golem“ antwortete Vorstandsmitglied Niek Van Damme auf die Frage, ob durch den Vectoring-Vorstoß der parallel stattfindende und regional arg begrenzte Ausbau des auf FTTH basierenden „Giganetz“ ins Hintertreffen gerate:
„Der FTTH-Ausbau geht weiter, wie angekündigt, aber langsamer. Der Ausbau ist schwieriger, weil er kostenintensiv ist.“
Daraufhin korrigierte Obermann, FTTH werde „nicht langsamer ausgebaut, aber der Schwerpunkt liegt auf Vectoring“.
Der VDSL-Ausbau geht ungeachtet der Vectoring-Pläne weiter – 44 Städte, darunter Aalen, Aschaffenburg, Baden-Baden, Fulda, Kiel, Hildesheim, Siegburg, Tübingen und Zweibrücken, werden noch in diesem Jahr mit optischen Leitern bestückt. Eine Liste aller Städte findet sich in der Pressemitteilung der Telekom.
Auch kabellos geht es voran
Abgesehen von den notwendigen Investitionen ins Festnetz darf sich das Mobilfunknetz über mehr Leistung freuen. So kündigte die Telekom an, die maximale LTE-Geschwindigkeit von derzeit 100 auf 150 Mbit/s zu erhöhen. Außerdem soll die Anzahl der LTE-Städte bis Ende des Jahres auf „fast 200“ ausgebaut werden. Derzeit sind nach Telekom-Angaben „weit über 100 deutsche Städte“ mit dem Datenturbo erschlossen. Um die Leistung auch voll auskosten zu können, sollen neue Datentarife zur IFA folgen.
Neben dem Bandbreitenplus im Mobilfunk konzentriert sich die Telekom bei kabellosen Technologien ebenso auf WLAN. So wird Hamburg die erste „HotSpot-City“ und macht die Hansestadt nach Telekom-Aussage zum „Surferparadies“. Konkret bringt dies einen großflächigen Ausbau mit WLAN mit sich, der im ersten Schritt im Hafenbereich, später in den Shopping-Meilen rund um die Mönckebergstraße, Jungfernstieg und Gänsemarkt für drahtlosen Surfspaß sorgen soll. Die erste Stunde ist auch für Kunden der Konkurrenz kostenlos.
Fazit: zu kurz gedacht
Dass die Telekom ihr Netz modernisiert ist angemessen und nicht weniger als notwendig. Die IP-Umstellung des Festnetzes sollte hohe Priorität haben, um auf lange Frist Kosten zu sparen, die anderweitig investiert werden können. Ob allerdings der Vectoring-Zwischenschritt zu begrüßen ist, wage ich zu bezweifeln. Die Telekom kommuniziert Vectoring mit bis zu 100 Mbit/s im Downstream als DSL-Heilsbringer, vergisst bei dieser Rechnung aber, dass sie für verhältnismäßig magere Bandbreiten massiv investieren muss.
Wäre es nicht sinnvoller, die nicht erschlossenen Gebiete auf dem Land direkt mit FTTH zu versorgen? In den Großstädten sind VDSL, schnelle Mobilfunklösungen und Highspeed-Internet von konkurrierenden Kabelnetzbetreibern ohnehin weitgehend verfügbar. Dann vielleicht doch langfristig denken, eher in die zukunftsorientierte Ultraspeed-Kerbe schlagen und den zwar teuren, aber nachhaltigen FTTH-Ausbau großflächig angehen und Vectoring nur punktuell einsetzen. Stattdessen ängstliches Herantasten an den dreistelligen Megabit-Bereich, mit dem Kabelanbieter schon heute in den Nischen der Ballungszentren wildern.
Ein bisschen mehr Mut und Blick auf die ländlichen Regionen hätte mir persönlich besser gefallen.
[…] dieser Stelle haben wir uns beispielsweise schon mehrfach über die Debatte um den Breitbandausbau ausgelassen. […]