Im Bild: ein bequem gekleideter Durchschnitts-Amerikaner. Recht schlaksig, in grauem Shirt und hellbrauner Bermuda. Die Haarpracht schon etwas licht, Brille, schwarze Strümpfe auf schwarze Lederschuhe – das alles sitzend, mit übereinander geschlagenen Beinen und vertieftem, abwesenden Blick.
Aus dem Hintergrund heißt es: „Aaaand just killed someone, just killed someone, aaand hiding out, nervous because he just killed someone“. Ich muss schmunzeln. Situationskomik. Humor muss darf weh tun. Im nächsten Moment überwiegt aber dann doch ein wenig das Mitleid für den mir unbekannten und recht intensiv durch den Kakao gezogenen älteren Herren, der sehr wahrscheinlich nicht einmal von seinem unfreiwilligen Hauptdarsteller-Dasein weiß.
Fremde Menschen heimlich filmen, sich über sie lustig machen und das Ergebnis online stellen: Geht das so einfach? Oder bewegt sich der Stand-Up-Comedian Chris D’Elia mit seinem mörderisch weit hergeholten aber brüllend komischen Kurzvideo auf dünnem Eis? Ich habe das Video zum Anlass genommen, mich mit einem Experten über die hierzulande gültige Rechtslage zu unterhalten. Doch zunächst ein paar Details zum Aufwind, den Vine und Co. insbesondere in den Vereinigten Staaten derzeit haben.
Neue Stellenangebote
Praktikum im Bereich interne Kommunikation und Social Media BOS GmbH & Co. KG in Ostfildern bei Stuttgart |
||
Online-Manager / Onlinemarketing-Manager / Social-Media-Manager (m/w/d) UNIGLAS GmbH & Co. KG in Montabaur |
||
Content- & Social Media Manager:in (m/w/d) fischerAppelt in Hamburg |
Vine immer populärer
Der Ende 2012 von Twitter gekaufte Kurzvideo-Dienst Vine erfreut sich steigender Popularität. Besonders in den USA sind die „Vines“ genannten und maximal 6 Sekunden langen Videos so beliebt, das Facebook Ende Juni mit „Video on Instagram“ ein Konkurrenzmerkmal an den Start brachte. Bei diesem sind sogar Clips mit einer Länge von bis zu 15 Sekunden möglich.
In den USA geht der dadurch verursachte Hype derzeit so weit, dass sich eine Handvoll Vine-Sternchen aus der Masse heraus kristallisiert und untereinander mit Feature-Videos und Erwähnungen vernetzt. Das sorgt für hohe Klickzahlen, Querverweise und ein wachsendes Ansehen in der Gemeinschaft. Der eingangs erwähnte Chris D’Elia freut sich so beispielsweise über knapp eine Million Follower und mehrere zehntausend Likes pro Vine. So auch knapp 50.000 Likes für das ironische Serienmörder-Video:
Herber Spaß – ist das erlaubt?
Stellt sich die Frage, ob das Video von Chris D’Elia in Deutschland gegen geltendes Recht verstoßen hätte, wenn es denn hierzulande aufgenommen worden wäre. Um diese Frage zu klären, habe ich mit dem Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke gesprochen, der sich auf IT- und Urheberrecht spezialisiert hat. Sein Urteil ist eindeutig:
„Es ist generell nicht erlaubt, Menschen ohne ihr Einverständnis zu filmen und dieses Video dann öffentlich zu machen. Damit ein solches Video legal veröffentlicht werden kann, braucht man die Erlaubnis des Betroffenen.“
Fragt sich, wie diese Autorisierung am elegantesten zu bewerkstelligen ist? Solmecke rät, sich diese am besten direkt vor der Kamera zu holen. So könne ein Anwalt im Streitfall auf ein „solides Beweisstück“ zurückgreifen. Alternativ sei auch eine schriftliche Einverständniserklärung möglich.
Kurzvideodienste haben keine Sonderstellung
Interessant: Für Kurzvideodienste gelten laut Solmecke keine gesonderten Bestimmungen. Auf die Länge eines Filmes kommt es also nicht an. Ausnahmen gibt es dennoch:
„Ausnahmsweise kann das Abfilmen eines unbeteiligten Fremden legal sein, wenn es sich um eine Person der Zeitgeschichte handelt oder wenn die Person nur als Beiwerk im Video erscheint. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise ein Gebäude gefilmt wird und dabei auch umherlaufende Menschen aus sicherer Entfernung mitgefilmt werden.“
Will heißen: Hätte D’Elia den guten Mann auf deutschem Boden abgelichtet und unwissentlich online gestellt, wäre dies alles andere als korrekt gewesen. Es sei denn, der Herr hätte ihm eine Zusage für die Veröffentlichung gegeben. Doch das bezweifle ich einfach mal.
Fragt sich abschließend noch, welche Möglichkeiten der Gesetzgeber potenziellen Geschädigten an die Hand gibt. Nach Aussage von Christian Solmecke ist die Abmahnung ein effektives Mittel:
„Als Geschädigter hat man die Möglichkeit eine Abmahnung auszusprechen und die Unterlassung der Verbreitung zu verlangen. Eventuell bestehen auch Schadensersatzansprüche.“
Vorsicht geboten!
Für Kurzvideodienste wie Vine oder Instagram gilt also das Gleiche wie etwa bei YouTube: Wer Fremde bewusst filmt, diffamiert oder durch den Kakao zieht, ist nur mit einer Zustimmung des Abgefilmten zur Veröffentlichung auf der sicheren Seite. Andernfalls riskiert man teure Abmahnungen oder in besonders schweren Fällen sogar Schadensersatzklagen – und das muss nun wirklich nicht sein, künstlerischer Spielraum hin oder her.