Die Electronic Frontier Foundation setzt sich seit Jahren schon für ein transparentes und gerechtes Internet ein, doch seit Bekanntwerden der breiten Überwachung durch die NSA ist die Initiative besonders aktiv und stellt sich quer, gegen die bestehenden Systeme und gegen das einfache Akzeptieren der Lage. Jetzt ist der EFF ein großer Erfolg gelungen: Nach mehr als einem Jahr – also schon lang bevor Edward Snowdens NSA-Leaks öffentlich wurden – wurde jetzt das abschließende Urteil in einem Prozess gegen das amerikanische Justizministerium gesprochen. Und endlich wird ein Dokument des Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) öffentlich gemacht (jedenfalls größtenteils), in dem die Überwachung durch die NSA als verfassungswidrig eingestuft wird.
Verfassungswidrig – sagt das zuständige Geheimgericht
Bereits im Juli 2012 musste der Direktor der nationalen Nachrichtendienste James Clapper einräumen, dass die NSA zumindest einmal gegen die amerikanische Verfassung verstoßen hat. Im September 2012 reichte die EFF ihre Klage gegen das Justizministerium ein, auf Freigabe der entsprechenden Dokumente. Das Ministerium verzögerte zwar das Verfahren über Monate bis Anfang 2013, als die FISA-Gesetze neu und strenger geregelt wurden – wohl in der Hoffnung, dass damit auch dieses Verfahren hinfällig sei. Doch die EFF konnte den Prozess fortführen bis zum jetzt gesprochenenen Urteil.
Das veröffentlichte Dokument, ein Meinungsmemorandum des FISC, stammt von Oktober 2011. Darin erklärt der damalige Vorsitzende des Geheimgerichts John D. Bates, wie exzessiv die NSA Daten sammelte, welche Defizite die Methoden in Bezug auf Gesetze und Verfassung hatten und wie die Regierung bewusst irreführende Informationen an die Öffentlichkeit gab, um von den möglichen Brüchen amerikanischen Rechts abzulenken.
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Wenig überraschend ist es den Behörden daher nun besonders wichtig, darauf hinzuweisen, und hervorzuheben, dass der NSA selbst erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit ihrer Sammelmethoden gekommen seien. So hätten die zwischen 2008 und 2011 erfassten Daten etwa deutlich mehr private Kommunikation beinhaltet als gedacht. Auch sei die Korrespondenz von US-Nutzern aufgezeichnet worden, für die aber weder der FISC noch die NSA zuständig sind. Natürlich sei das alles nicht beabsichtigt gewesen, heißt es. Außerdem sei das entsprechende Programm im Anschluss an dieses Memo noch 2011 gestoppt worden und gegen ein anderes, angeblich viel zuverlässigeres Überwachungsprogramm ausgetauscht worden. Aus den Dokumenten werde zudem klar, wie stark die rechtliche Kontrolle der Geheimdienste eigentlich sei.
Na also, keine Panik. Hätte es Snowden nicht gegeben, wir wüssten spätestens jetzt auch so vom Ausmaß der illegalen Schnüffelei. Sicher.
Ein erster, sehr kleiner Schritt
Bei dem Meinungsmemorandum handelt es sich um das erste Dokument aus dem FISA-Court, das jemals nach einem Verfahren unter Berufung auf den „Freedom of Information Act“ freigegeben wurde. Diese Regelung ermöglicht jedem, Einsicht in Regierungsdokumente zu fordern. Die EFF hatte das Verfahren vor einem Jahr angestrebt, erhielt aber zusätzliche Aufmerksamkeit durch die Veröffentlichungen von Edward Snowden und Glenn Greenwald.
Der EFF-Anwalt Mark Rumold zeigte sich trotz des langen Prozesses zufrieden. Der „Washington Post“ sagte er:
Es ist schade, dass es einen langen Prozess und das bedeutendste Leak der amerikanischen Geschichte brauchte, um endlich dieses Dokument veröffentlicht zu bekommen. Aber ich bin glücklich, dass die Verwaltung endlich beginnt, diese Debatte ernst zu nehmen.
In der Tat ist das zu begrüßen. Mit wirklicher Transparenz hat diese Art von Offenheit aber nichts zu tun. Dass sich die US-Behörden nun auch noch selbst für ihre Auskunft feiern, ist wirklich schlechter Stil. Ohne Snowden wüssten wir auch heute noch nichts von FISA, NSA und irgendwelchen Sammelprogrammen. Zwar ist es prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung, dass die US-Regierung seit gestern auf einer neuen Tumblr-Seite namens „IC on the Record“ mehr Informationen zur Arbeit der Geheimdienste bereitstellen will.
Allerdings bleibt unweigerlich das Gefühl, dass sich es auch hier wieder vorwiegend um eine Beruhigungspille für die empörte Öffentlichkeit handelt.