Wer heute im Netz nach Kaminöfen, Schornsteinen oder entsprechendem Zubehör sucht, wird überrascht sein ob der Vielfalt, die dort herrscht. Im E-Commerce lange Zeit vernachlässigt, macht sich eine Branche auf, das Netz zumindest teilweise zu erobern. Kunden, die Schornsteinbausätze auf eBay kaufen oder Kaminöfen über die Preissuchmaschine auswählen, sind keine Seltenheit mehr. Doch wie sieht es tatsächlich im Ofenhandel aus?
Wir bleiben lieber offline: Die Situation im Ofenhandel
Die Ofenbranche gilt allgemein als traditionell und konservativ. Bevor neue Wege eingeschlagen werden, vergeht meist viel Zeit. Während Baumärkte sowie die Baubranche allgemein bereits früh den Vorteil des E-Commerce für sich entdeckt hatten, stieg man im Ofenhandel erst relativ spät in den Versandhandel ein. Erste Online-Shops für Kamine und Kaminöfen etablierten sich erst einige Jahre nach der Jahrtausendwende. Bis heute findet der Verkauf überwiegend stationär und nicht online statt, was zum einen dem Produkt selbst, zum anderen aber auch der eher skeptischen Gesamthaltung der Branche gegenüber jeglicher Neuerung geschuldet ist.
Dennoch steigt die Zahl der Online-Shops für Feuerungstechnik stetig. Ebenso befindet sich die Nachfrage nach alternativen Heizmethoden im Aufwärtstrend, wie aktuelle Zahlen der Pellettechnik belegen. Zahlen aus 2009 sehen ebenfalls die Kaufzuwächse im Ofenhandel. Die stark gewachsene Nachfrage an Brennholz belegt ebenso die Beliebtheit von Holzfeuerungsanlagen. Allerdings bleibt vielfach offen, welche Erfolgschancen die jeweiligen Betreiber langfristig haben. Aktuell konkurrieren rund 10 größere Anbieter in Deutschland um Kundschaft im Netz. Viele kleine Ofenbaubetriebe setzen außerdem neben ihrem stationären Geschäft auf E-Commerce.
Allgemeine Charakteristika der Ofenbranche im Überblick:
- die Zahl der Mittbewerber und Hersteller ist überschaubar, man kennt sich in einem mehr oder weniger homogenen Umfeld
- die Logistik für Shops und Ofenstudios ist meist so ausgerichtet, dass die Händler entweder beim Großhändler einkaufen oder sich selbst ein Lager anlegen müssen; Dropshipping oder andere moderne Versandhandelssysteme existieren nur sporadisch; eine Direktanbindung an ERP-Systeme ist nur selten vorhanden
- der Markt für Kamine und Öfen ist nahezu strikt dreigeteilt: Fachhandel, Großhandel und mittlerweile Versandhandel
- das Alter der Entscheidungsträger ist im Vergleich zu anderen Branchen sehr hoch
- für den Verkauf von Kaminöfen bedarf es keiner fachmännischen Ausbildung
Sonderfall Gebietsschutz
Die Ofenbranche verfügt über ein sehr gut strukturiertes Fachhandelsnetz. Ähnlich wie in der Automobilbranche zeichnet sich dieses Händlernetz durch seine Gebietsschutzsysteme sowie Markenzugehörigkeiten aus. In der Praxis bedeutet dies, dass Öfen, Kamine und Zubehörteile die in diesem Netz vertrieben werden, nur für den Fachhandel bestimmt sind.
Der Hersteller garantiert dabei, dass er innerhalb eines bestimmten Gebiets keinen anderen Händler beliefert. Der Fachhändler ist demnach vom Hersteller dazu angehalten, nur innerhalb der zuvor vereinbarten Region zu verkaufen. Der Handel über diese „Grenze“ hinweg wird als Verletzung eines Gentleman-Agreement betrachtet. Wirkliche Sanktionen können im Entzug der Gebietslizenz durch den Hersteller erfolgen.
Der Ofenhandel im E-Commerce: keine Gnade für den Gebietsschutz?
Wir haben bereits erwähnt, dass im Netz prinzipiell jeder Kamintechnik verkaufen darf, sofern er über einen Gewerbeschein verfügt. Der Gebietsschutz des Fachhandels wird somit nahezu ad absurdum geführt. Denn was sich zunächst wie das „Todesurteil“ für den Versandhandel mit Ofentechnik anhört, verschwimmt bei genauerer Betrachtung im Einheitsbrei der Angebote.
Denn ein stationärer Händler kann theoretisch (und das geschieht auch in der Praxis) auch online verkaufen. Und schon allein durch den Parallelbetrieb eines Online-Shops greift die eigentliche Funktion des Gebietsschutzes nicht mehr und der Hersteller verliert ein weiteres Stück an Kontrolle. Zusätzlich verliert der Ofenhersteller nahezu vollends die Übersicht, wenn ein Händler im Suchmaschinenmarketing (Google AdWords & Co.) oder Affiliate-Marketing aktiv wird. Diese Lücken im etablierten Gebietsschutz werden deshalb folglich auch von vielen Händlern bewusst genutzt.
Welche Konsequenzen ergeben sich für die Zukunft?
Ein wirksamer und auch sinnvoller Gebietsschutz ist bei den derzeitigen Handlungsempfehlungen der Hersteller und in Bezug auf die rechtliche Situation in Deutschland schlicht nicht realisierbar. Was fehlt, sind Ideen der Hersteller, wie der Handel im Netz kontrollierbarer werden könnte, ohne dass dabei rechtliche Grenzen überschritten werden. Preisabsprachen und Vorschriften zum Verkauf sind im freien Handel nämlich nicht erlaubt.
Offensichtlich ist es bisher nur der Altersstruktur und der konservativen Grundhaltung der Ofenhersteller und vieler Abnehmer geschuldet, dass das Handelsgerüst „Gebietsschutz“ von den Händlern nicht bereits gänzlich eingerissen wurde.
Weitere Informationen zum Ofenhandel und wie es anders geht, finden Sie in der Fortsetzung im Blog von Schornsteinmarkt®.
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