Seit PRISM stehen viele große Internet-Firmen ziemlich schlecht da. Google, Facebook, Apple, Yahoo, Twitter – alle lieferten Daten an die NSA, manche bereitwillig, andere eher zögerlich. Letzten Donnerstag berichtete der Guardian unter Berufung auf Edward Snowdens NSA-Daten, dass Microsoft besonders eng mit der NSA zusammengearbeitet hat – bis hin zum Umgehen der Verschlüsselung von Mails und Chats. Sogleich versuchte das Unternehmen den Schaden zu begrenzen und erklärte, die Medienberichte seien ungenau: Keine Regierung habe direkten oder freien Zugang zu Nutzerdaten.
Nicht mehr im Interesse des Staates
Die gewünschte Wirkung, einen weiteren Image-Schaden zu vermeiden, verpuffte jedoch. Jetzt versucht Microsoft sich auf der Seite der Nutzer zu positionieren und geht offensiver vor. Am 16. Juli schrieb Chefjustiziar und Vize-Präsident Bradford L. Smith einen Brief an den US-Justizminister Eric Holder, in dem er seine und Microsofts Sorgen und Hoffnungen teilt. Denn Redmond glaubt nicht nur den Ruf der USA und der beteiligten Unternehmen in Gefahr, sondern auch die US-Verfassung:
Die Verfassung leidet darunter, und persönliches Engagement von Ihnen oder dem Präsidenten ist nötig, um alles wieder ins Lot zu bringen.
Microsoft habe seit dem Snowden-Leak im Juni mit dem Justizministerium, dem FBI und den Geheimdiensten zusammengearbeitet, so Smith. Doch mittlerweile sei kein Fortschritt mehr zu sehen, Anfragen an den Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) blieben unbeantwortet – der Öffentlichkeit, der Regierung und der Verfassung werde damit kein Gefallen getan, verkündet der Brief. Smith bittet darum, Informationen über Microsofts Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten veröffentlichen zu dürfen. Viele Dokumente seien öffentlich, darum gebe es keinen Grund mehr, Informationen für die Öffentlichkeit zurückzuhalten.
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Große Koalition
Das ist aber nicht der einzige Brief, der in dieser Sache in den letzten Tagen geschrieben und von Microsoft unterzeichnet wurde. Wie „AllThingsD“ und die „Washington Post“ berichten, hat sich eine Koalition von 63 Unternehmen, Investoren und Organisationen zusammengeschlossen, um einen offenen Brief an Präsident Obama zu richten. Der Brief soll am Donnerstag publiziert werden und hat eine beeindruckende Sammlung von Unterzeichnern:
AOL, Apple, Digg, Dropbox, Evoca, Facebook, Google, Heyzap, LinkedIn, Meetup, Microsoft, Mozilla, Reddit, salesforce.com, Tumblr, Twitter, Yahoo, YouNow, Union Square Ventures, Y Combinator, New Atlantic Ventures, The Electronic Frontier Foundation, Human Rights Watch, The American Civil Liberties Union, The Center for Democracy & Technology, Reporters Committee for Freedom of The Press, Public Knowledge, The Computer & Communications Industry Association, Reporters Without Borders, und The Wikimedia Foundation.
Auch hier wird Klarheit gefordert – die Unterzeichner wollen die Anzahl der Anfragen nach Nutzerdaten und Inhalten öffentlich machen dürfen, sowie wie die Anzahl von betroffenen Personen, Accounts und Geräten. Die Regierung selbst soll regelmäßig einen eigenen Transparenzbericht veröffentlichen. Eine beeindruckende Koalition, mit einem hehren Ziel, die sich auch auf die Grundwerte der Vereinigten Staaten bezieht:
Genauso wie die Vereinigten Staaten seit langer Zeit ein Innovator auf dem Gebiet des Internets und der damit verbundenen Dienste sind, so sollten sie auch ein Innovator sein, um Vorkehrungen zu treffen, dass eine Regierung transparent und verantwortungsvoll handelt und Bürger- und Menschenrechte respektiert.
Aber ob die US-Regierung das genauso sieht? In ihrer eigenen Wahrnehmung sind sie ja nicht nur auf der Seite des Gesetzes, sondern sie sind auch das Gesetz, und alle Abhörmaßnahmen waren zum Schutz der eigenen Bevölkerung und der Welt. Wir sind gespannt auf die Reaktion.
Bild: Titanas / Flickr (CC BY-SA 2.0)