Hollywood und Südkorea sind beide meilenweit von Deutschland entfernt, doch in Südostasien wird gerade von zwei Hollywood-Studios ein sehr spannendes Experiment veranstaltet, das potentiell auch die deutsche Filmlandschaft verändern könnte: Walt Disney und Sony Pictures streamen Filme, die noch im Kino laufen, online und hoffen, dass so die Piraterie eingedämmt werden kann.
„Django Unchained“ nach drei Wochen online verfügbar
Die Logik ist simpel: Je früher der User einen Film legal online sehen kann, desto weniger wird der Film illegal kopiert. Doch klassischerweise vergehen Monate, bis ein Hollywood-Streifen auf legalen Internetplattformen landet, weil die Kinoverwertung doch noch ziemlich attraktiv ist.
Statt derartigen Verzögerungen haben Walt Disney und Sony Pictures nun bereits „Django Unchained“ drei Wochen nach der koreanischen Uraufführung online zugänglich gemacht. „Wreck It, Ralph“ und „Brave“ haben es nach vier bzw. fünf Wochen ins Internet geschafft.
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Je nach dem, wie die Experimente verlaufen, könnte es sein, dass damit eine Entwicklung einsetzt, an deren Ende eine zeitgleiche oder immerhin zeitnahe Online-Verfügbarkeit von Hollywood-Streifen steht. Andere US-Studios beobachten die Situation jedenfalls genau und könnten sich im Erfolgsfall vorstellen, ebenfalls umzuschwenken.
Amerikanische Kinoketten protestieren
Doch noch jemand schaut zu: die amerikanischen Kinoketten – und die sind überhaupt nicht begeistert. Die Branchenführer AMC und Regal Entertainment haben schon angekündigt, keine Filme im Kino zu zeigen, wenn man dabei kein 90-tägiges Exklusivrecht bekomme. Die Drohung ist verständlich, schließlich behält der Kinobetreiber etwa 50 Prozent der Ticketeinnahmen. Geht nun keiner mehr ins Kino, wankt das Geschäftsmodell.
Das ist natürlich etwas laut gebrüllt, denn natürlich würden sich AMC und Regal nur ungern hochklassige Filme entgehen lassen. Doch die Frage ist, wer am längeren Hebel sitzt. Ich vermute, keiner von beiden. Denn man ist voneinander abhängig – ohne Filme kommen keine Kinozuschauer, aber ohne Cineasten gibt es eben auch keine Einnahmen. Zudem ist der Erfolg an der Kinokasse immens wichtig, um den Film erfolgreich auf DVD, im TV sowie in anderer Form zu verwerten. Wie eine etwaige Verhandlung also ausginge, ist absolut ungewiss.
In Korea ist die Situation ein bisschen anders, denn die DVD-Einnahmen sind verschwindend gering. Hinzu kommt, dass Koreas größte Kinokette, CJ Group, selbst ein VoD-Portal betreibt und somit von sinkenden Kinoeinnahmen nicht so stark betroffen ist.
Super Premium VoD-Film für 9 Dollar
Die Ausleihe eines „Super Premium VoD“-Films kostet umgerechnet 9 Dollar – gewöhnlich werden etwa 3,50 Dollar fällig. Das klingt eigentlich human. Ein erstes Ergebnis liegt auch schon vor: Der VoD-Umsatz der drei Filme bewege sich 30 Prozent über dem Durchschnitt, heißt es – doch das alleine sagt nur wenig aus.
Viel wichtiger ist zu wissen, wie stark der Kinoumsatz darunter gelitten hat. Es ist also noch zu früh, einen Schlussstrich zu ziehen und doch sieht es so aus, als ob das neue Geschäftsmodell Potential habe.
Gleichzeitig wird aber betont, dass Erkenntnisse aus Südkorea nicht zwingend auf andere Länder übertragen werden können. Doch immerhin gab es auch in den USA erste Test-Ballons. Diese waren allerdings wenig erfolgreich, was vielleicht auch am Preis und der Verfügbarkeit gelegen haben könnte.
US-Experimente sind gescheitert
Letztes Jahr hatte Universal Pictures die Eddie Murphy-Komödie „Tower Heist“ nach drei Wochen ins Internet gebracht – für 60 Dollar – doch das Experiment musste aufgrund des Drucks der Kinoketten abgebrochen werden. Ebenso wurden für 30 Dollar mehrere Filme unterschiedlicher Studios exklusiv über den Satellitenbetreiber DirecTV angeboten – auch hier war das Ergebnis enttäuschend.
Dennoch: 9 Dollar für einen Hollywood-Film, der erst vor vier Wochen in die Kinos gekommen ist, klingt ziemlich fair. Hoffen wir also, dass das Experiment gelingt. Gesetzt den Fall, solch ein Test würde auch in Deutschland klappen, könnten die Verwertungsfenster vielleicht wirklich stark verkürzt werden. Wie gesagt, hoffen wir einfach das Beste.
Bis dahin müssen wir uns in Deutschland noch mit den bereits vorhandenen Angeboten vergnügen – da passt es ja, dass Amazons Lovefilm, einen Content-Deal mit CBS abgeschlossen hat und uns neue Shows sowie Serien spendiert, darunter Dexter, Californication, das klassische Star Trek aus den 60ern sowie Star Trek Voyager.
Bild: photo of an old movie projector / Shutterstock