Von wegen RSS-Reader: Facebook stellt sich breiter auf und bietet künftig auch eine integrierte Videofunktion für Instagram an, mit der 15-sekündige Clips aufgenommen werden können. Wirklich innovativ ist das in Hinblick auf den Twitter-Dienst Vine nicht. Und doch hebt sich der Service von der Konkurrenz ab, indem neben der aufgebohrten Aufnahmedauer ein offenbar mächtiger Bildstabilisator in die App integriert wird. Fragt sich nur: Revolutioniert ein Bildstabilisator, egal wie mächtig er auch sein mag, die Art (Kurz-!)Videos aufzunehmen?
Zum Kaffee nach Kalifornien
„Ein kleines Team arbeitete an einer großen Idee“. Dieser vollmundige Spruch zierte die Presse-Einladungen zum Facebook-Event am heutigen Donnerstag, das um 10 Uhr lokaler kalifornischer Zeit bei Kaffee und Snacks in der Facebook-Zentrale in Menlo Park abgehalten wurde. Zum Kaffeekranz-Thema passte die altmodische aber dadurch nicht weniger stilvolle Form der Einladung: So erhielten ausgewählte amerikanische Pressevertreter das Einladungsschreiben ganz klassisch auf Papier – inklusive Kaffeerand. Nicht per E-Mail. Nicht als Facebook-Einladung.
Dies konnte man schon als ersten Hinweis darauf deuten, dass das heute vorgestellte Produkt kein vernetztes Merkmal innerhalb des sozialen Netzwerkes sein würde. Und siehe da: halb richtig. Die im April 2012 zugekaufte, eng vernetzte, aber von Facebook (immer noch) unabhängige Foto-Plattform Instagram erfährt ein Update.
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Es folgt der Ablauf der Pressekonferenz.
Freude für all die Teilungswütigen
Nachdem Mark Zuckerberg die versammelten Journalisten begrüßt hat, übernimmt Kevin Systrom das Wort und widmet sich dem sozialen Fotodienst Instagram. Er eröffnet mit Statistik-Sermon: 16 Milliarden Fotos seien bisher auf Instagram geteilt worden. Eine Milliarde „Likes“ pro Tag. 130 Millionen Nutzer. Weiter geht es mit Neuigkeiten.
„Video on Instagram“ als Vine-Konkurrent
Facebook stellt „Video on Instagram“ als Vine-Konkurrenzprodukt vor und bestätigt damit die Zutaten, die der Gerüchteküche bereits gereicht wurden. Im Gegensatz zu den 6-sekündigen Videos bei Vine erlaubt „Video on Instagram“ allerdings Clips mit einer Länge von maximal 15 Sekunden. Ein großer Schritt in Hinblick auf den Innovator Vine. Die Videofunktion wird direkt in die Instagram App integriert – 13 Design-Videofilter und die Wahlmöglichkeit eines aus dem Video entnehmbaren Cover-Frames inbegriffen.
Die Killer-Funktion von „Video on Instagram“ ist aber „Cinema“, ein in die App integrierter Bildstabilisator. Dieser ist im Beispielvideo auf der Presseveranstaltung dazu in der Lage, aus einem wirklich stark verwackelten Beispielvideo ein bildstabiles, sehr ansehnliches Filmchen zu schneidern. Bleibt die Frage, wie gut Cinema auch in der Realität letztlich funktioniert. Für Systrom ist die Sache abschließend klar: Cinema revolutioniert die Aufnahme von Videos!
Killer-Funktion nur für Äpfel
Da muss ich ihm vehement widersprechen. Für die neue Instagram-Videofunktion mag Cinema sicher das Alleinstellungsmerkmal gegenüber Vine sein. Doch was bringt ein so mächtiges Tool all jenen, die womöglich auch längere, stark verwackelte Aufnahmen stabilisieren möchten? Die 15 Sekunden langen Videöchen revolutionieren rein gar nichts. Ebenso sorgt die exklusive Implementierung in die iOS-App von Instagram sicher nicht für einen atemberaubenden Boom an der Kurzvideofront. Ja, Cinema steht nur iPhone-Nutzern (iPhone 4S und 5) zur Verfügung. Instagram-Video ist auch für Android-Smartphones zu haben.
Fragt sich, worin die Gründe für die iPhone-Exklusivität liegen? Diese dürften wohl in den sehr einfach anzusprechenden Programmierschnittstellen von iOS zu finden sein, die bei zwei Modellen sehr viel überschaubarer sind, als bei X Android-Geräten und -Kameras. Ob eine Implementierung für Android zu einem späteren Zeitpunkt noch erfolgen wird, ließ das Facebook-Event offen.
Facebook auf Twitter-Konfrontationskurs
Die heutige Neuvorstellung unterstreicht die Strategie von Facebook, dem Kurznachrichtendienst Twitter zunehmend Konkurrenz zu machen. So baute Facebook erst vor wenigen Tagen die Möglichkeit ein, Beiträge mit Hashtags zu versehen. Die direkte Konfrontation mit dem erfolgreichen Twitter-Kurzvideodienst Vine bestärkt dieses Bestreben.
Fragt sich nur, ob diese Umpositionierung Sinn macht. Ein Nebeneinander von Facebook und Twitter funktionierte in den letzten Jahren aus meiner Sicht sehr gut, beide Dienste ergänzten sich, hatten stets eine unterschiedliche Kern-Zielgruppe. Wieso möchte das Freizeit- und Privatportal Facebook also zur eierlegenden Wollmilchsau mutieren? Insbesondere die verstärkte private Nutzung von Facebook macht es für den gemeinen Twitter-Fan sicher nicht interessanter, dem Zwitscherdienst den Rücken zu kehren.
Man darf gespannt sein wie die Massen die Instagram-Videofunktion annehmen werden. Und ob das Nebeneinander beider Dienste bleibt. Ich rechne fast damit.