In deutschen Redaktionen sitzen eine Menge Twitter-Muffel. Das ist ein Ergebnis der „Oriella Digital Journalismus Studie“, die jährlich untersucht, wie Journalisten weltweit Social Media nutzen. Für die aktuelle Ausführung wurden 550 Journalisten aus 15 Ländern, darunter USA, England, China, Russland und auch Deutschland, befragt.
Nur jeder dritte deutsche Journalist nutzt Twitter
Die seit fünf Jahren weltweit durchgeführte Studie zeigt, dass die Twitter-Nutzung von 47 Prozent im letzten Jahr auf 59 Prozent in 2013 angestiegen ist. Am meisten wird das Netzwerk in englischsprachigen Ländern genutzt; in Deutschland hat hingegen nur jeder dritte Journalist einen eigenen Twitter-Account.
Das ist insofern etwas schockierend, als dass nur noch China schlechter abschneidet – was nicht verwundert, schließlich ist Twitter dort gesperrt und nur über Umwege zu erreichen.
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Journalisten glauben an „Digital first“
Grundsätzlich unterstreichen die Ergebnisse allerdings, dass der gemeine Journalist von heute zunehmend digital denkt. Ein Drittel der Befragten würde sein Verlagshaus als „Digital First“ bezeichnen – sprich, kommt eine Top-Meldung rein, wird sie online und mobil zuerst veröffentlicht.
Auch nimmt die Nutzung von Social-Media-Networks zu. Mehr als jeder Zweite ist bei Twitter und jeder dritte Journalist hat ein eigenes Blog. Darüber hinaus werden Blogs und Microblogs zunehmend überhaupt als Quellen wahrgenommen. Letztes Jahr habe ich selbst zwei Forschungsprojekte in diesem Bereich durchgeführt. In der ersten Erhebung konnte ich anhand einer kleinen Stichprobe untersuchen, bei wie vielen Artikeln auf „Spiegel Online“ eine Referenz zu einer Social-Media-Quelle vorlag. Ergebnis: Der Anteil war verschwindend gering.
Zumindest gefühlt hat sich das inzwischen aber geändert. Egal ob über die „Maggikalypse“ in Köln, die Vorstellung der PS4 oder die Demonstrationen in Istanbul – immer häufiger suchen die Journalisten in den „Neuen Medien“ nach Meinungen respektive Quellen und verlinken diese – wenn auch eher selten – in ihre Artikeln.
Die Skepsis weicht nur langsam
Dass die Skepsis gegenüber der unübersichtlichen Vielstimmigkeit des Netzes nur langsam weicht, hat mir auch eine zweite Studie über „Neue Medien und politische Beteiligung in Deutschland“ gezeigt. In dieser habe ich 18 Interviews mit Journalisten sowie Bloggern geführt und diese nach ihren Nutzungsgewohnheiten bei den „Neuen Medien“ gefragt. Grundsätzlich bestätigten mir die Interview-Partner, dass sie in den „Neuen Medien“ eine Bereicherung im Sinne der politischen Beteiligung sähen.
Das Problem sei allerdings, dass der Einzelne kaum gehört werde – die traditionellen Medien seien aufgrund ihrer Reichweite also nach wie vor wichtig, um Themen auf die Agenda zu setzen. Doch wenn die klassischen Journalisten die „Neuen Medien“ nicht hinreichend beachten – wie ich aufgrund der kleinen Stichprobe vermuten musste – schafft es die Meinung des einzelnen Nutzers auch nicht auf die Titelseite. Schlimmstenfalls bleibt politische Beteiligung in den Neuen Medien also mehr oder weniger zwecklos.
Nur gucken, nicht zitieren
Dennoch gaben in den Interviews fast alle Journalisten an, die „Neuen Medien“ – vor allem ihnen bekannte Blogs und Twitter – nach Meinungen und Informationen abzugrasen – wobei man Zweifel daran hegen darf, wie intensiv das tatsächlich geschieht. Denn im gleichen Atemzug kritisierten viele Journalisten, dass eine Twitter-Quelle alleine nicht ausreichend sei. Man müsse die dort getätigte Behauptung zunächst verifizieren, weswegen im Zweifel eher die vertrauenswürdigere Quelle, sprich ein Pressesprecher etc., beachtet und genannt würde. Das war immerhin eine Erklärung für das erste Studienergebnis.
Auch hier decken sich meine Forschungsergebnisse übrigens mit der Studie von Oriella: Nach wie vor werden Unternehmensvertreter am ehesten kontaktiert, um eine Story zu recherchieren. Dahinter folgen Nachrichtenagenturen, Webseiten anderer Medienhäuser sowie Pressemitteilungen, die insbesondere von deutschen Journalisten am ehesten beachtet werden. Man kann also festhalten, dass im journalistischen Bereich die „Neuen“ und traditionellen Medien weiter zusammenwachsen. Nichtsdestotrotz besteht nach wie vor eine Kluft, die sich aber immerhin langsam zu schließen scheint.
Bild: Oriella PR Network