„Für ein Web ohne nervige Werbung!“: So wirbt „AdBlock Plus“ für seine Browser-Erweiterung, die Werbeanzeigen blockiert. Das stößt insbesondere bei Nachrichtenseiten nicht auf offene Arme. Die Konsequenz ist einfach erklärt: Weniger Menschen, die Werbung sehen = weniger Geld von Werbekunden = weniger Geld für guten Journalismus. So lautet zumindest die Begründung der sechs Nachrichtenseiten „Spiegel Online“, „Golem“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“, “Zeit Online” und “Rheinische Post” zum Start ihrer vor vier Wochen angelaufenen „Anti-AdBlocker-Kampagne“.
Wenig später freute sich allerdings vor allem einer über den Vorstoß: „AdBlock Plus“. Der Anbieter des Plugins jubelte, die Installationsrate sei um 129 Prozent angestiegen, die Spenden seien ebenfalls drastisch in die Höhe geschossen. Kurzum: Man konnte annehmen, die „Anti-AdBlocker-Kampagne“ der Verlagsseiten sind ein großer Flop – ganz nach dem Vorbild des Streisand-Effekts.
The request from German publishers to turn off #adblock led to +129% @adblockplus installs & +167% donations. Thanks! twitter.com/marmarlade/sta…
— Adblock Plus (@AdblockPlus) 14. Mai 2013
Signalwirkung und Diskussion
Parallel startete eine intensive Diskussion über die Finanzierung von Onlinejournalismus, werbefinanzierten Journalismus und alternative Finanzierungsmöglichkeiten. Die Wochenzeitung „Der Freitag“ von Verleger Jakob Augstein reagierte angenehm unaufgeregt und gab letzte Woche bekannt, dass man den Nutzern nun die freie Wahl lasse, die Werbung für die gerade aufgerufene Seite auszuschalten.
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„Natürlich wird das nicht jeder machen, keine Frage. Es geht auch in erster Linie um Signalwirkung“, hatte mir Online-Chef Jan Jasper Kosok erklärt. Eine Signalwirkung, auf die wohl auch die sechs Nachrichtenseiten abgezielt haben. Was als großer Flop, insbesondere wegen des Jubels von AdBlock Plus, abgetan wurde, sei gar nicht so schlecht gewesen, dementiert „Golem“ daher die Berichte heute.
AdBlock-Quote um 20 bis 25 Prozenz zurückgegangen
Jens Ihlenfeld, 1997 einer der beiden Gründer der Tech-Seite, sieht den Erfolg auf seiner Seite:
Auch wenn sich in den Wochen nach unserem Aufruf die Adblocker-Quote erwartungsgemäß wieder etwas erhöht hat, hat sich die Werbereichweite in Bereichen mit einer besonders hohen Quote an Adblock-Nutzern bei konstanten Abrufen um deutlich mehr als 30 Prozent gesteigert. Insgesamt ist die Quote um 20 bis 25 Prozent zurückgegangen.
Es sei allerdings nicht nur die zurückgegangene AdBlock-Quote, durch die man die Kampagne als erfolgreich ansieht. Auch die darauffolgende Diskussion über AdBlocker und Alternativen sei fruchtbar gewesen. So sei man auf diverse Probleme bei Anzeigen hingewiesen worden – etwa einer automatisch Ton-abspielenden Werbung, Layer-Ads oder unseriöse Google Adsense-Werbung – und habe diese beheben können.
Flash-Werbung ist veralteter Ressourcenfresser
Ein weiteres Problem sei Flash-basierte Werbung. Ihlenfeld schreibt dazu:
Einige Nutzer haben mit Flash ihre Probleme und empfinden es als veralteten Ressourcenfresser. Auch Sicherheitsprobleme werden gegen Flash angeführt. Das können wir nachvollziehen.
Man werbe bei den Werbetreibenden dafür, auf Flash zu verzichten, da ein Umstieg auf HTML 5 „mittelfristig“ unumgänglich sei, könne aber noch nicht gänzlich darauf verzichten. Die Einbußen bei den Einnahmen seien zu groß. Zudem versuche man, auf „klickbare Hintergründe“ zu verzichten. Diese seien ebenfalls ein großes Ärgernis der Konsumenten.
„Mehrheit präferiert kostenlose und werbefinanzierte Version“
Ihlenfeld verweist zudem auf das Ergebnis einer eigenen Online-Umfragemit rund 28.000 Lesern. Demnach präferiere die Mehrheit eine kostenlose und werbefinanzierte Version von „Golem.de“ und sei gewillt, auf den AdBlocker zu verzichten. Immerhin mehr als 17 Prozent der Nutzer könnten sich darüber hinaus vorstellen, für eine werbefreie Version 1 Euro und mehr pro Woche zu zahlen. Fraglich ist, wie weit man auf diese Zahlen vertrauen sollte. Schließlich ist es recht einfach, zu sagen, dass man für guten Journalismus gern den AdBlocker ausschaltet. Aber macht man es dann wirklich? Gleiches gilt für die erst einmal völlig unverbindliche Erklärung, ein mögliches Bezahlmodell zu unterstützen.
Renaissance für Flattr?
Ein etwa von der „taz“ oder Netzpolitik.org beschrittener Mittelweg heißt freiwillige Spenden. Ähnlich wie „Der Freitag“ will dabei „Golem“ Flattr in Betracht ziehen. „Der Freitag“-Online-Chef Kosok hatte gegenüber „BASIC thinking“ bereits erklärt, dass Flattr bald erneut Einzug auf die Website des Wochenblatts finden wird. Jens Ihlenfeld möchte die Möglichkeiten zumindest prüfen – das Feedback diesbezüglich sei eindeutig gewesen.
Auch alternative Modelle sind nun im Gespräch, erklärt er:
Vielleicht muss es ja kein werbefreies Angebot für 1 Euro pro Woche geben, sondern eines zu einem kleineren Preis, das dafür dezente, nicht animierte Werbung enthalten kann, die wir direkt von unseren eigenen Servern ausliefern?
Guter Dialog
Schön zu sehen ist, dass das Feedback der Nutzer ankommt. Das gleiche Bild zeigt sich beim „Freitag“, der ebenfalls stark in den Dialog mit den Nutzern tritt. Nur so kann eine Lösung für gegebene Problematiken gefunden werden – ein guter Weg also. Von „Spiegel Online“, „Zeit Online“ und Co. hat man hingegen bisher nichts zu diesem Thema gehört.
AdBlock Plus hat auf meine schriftliche Anfrage bezüglich der „Golem“-Zahlen übrigens bislang nicht reagiert. Sobald das passiert, folgt ein Update.
UPDATE, 13. Juni 2013, 14:30 Uhr: AdBlock Plus hat auf die Anfrage nun reagiert und folgende Stellungnahme abgegeben
Wir haben uns über die Aktion der Verlage nicht nur gefreut, weil dadurch unsere Nutzerzahlen in die Höhe geklettert sind, sondern auch, weil dadurch eindlich eine breite Debatte angestoßen wurde, wie Werbung im Internet aussehen sollte. Wir sind nicht gegen Werbung per se, wir wollen aber dem Nutzer die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden welche Werbung ok ist und welche nicht. Werbung ist zurzeit im Internet zur Finanzierung von Inhalten unverzichtbar und wir machen es unseren Nutzern daher bewusst sehr einfach, Adblock Plus für eine bestimmte Seite zu deaktivieren. Wenn viele Nutzer die Werbung auf golem.de akzeptieren, dann ist das ein gutes Zeichen. Werbetreibende werden so angeregt, auf bessere Werbung zu setzten anstatt die Nutzer einfach nur zu nerven, da sich diese Werbung mehr lohnt. So wollen wir auch mit unsere Acceptable Ads Initiative den Einsatz nicht-störender Werbung fördern.
Bild: Screenshot
naja, wenn mich jetzt neuerdings webseiten damit nerven das ich den adblocker abschalten soll damit ich die inhalte sehen kann, wandert meine maus direkt zum kleinen roten x vom tab und schließe die seite, danach suche ich mir eine andere website mit den gewünschten infos.
Seiten die mich nerven verbanne ich komplett. Das Firfoxplugin Blocksite ist dafür besten geeignet. Focus-online besuche ich seit einem halben Jahr nicht mehr und auch die Verweise darauf werden dadurch gelöscht. Ich vermisse die Seite überhaupt nicht und kann nur andere Seitenbetreiber vor der Verbannung warnen. Es gibt genügend andere Anbieter. Wetten?!
Schön zusammengefasst, solange der Seitenbetreiber auf unnötige Werbeformen wie Flash und zu aufdringliche Werbung wie Layer verzichtet habe ich keinerlei Problem mit der Werbung.
Ander Ansatz und Hinweis auf die geführte Whitelist:
http://solariz.de/7724/adblock-offene-tur-fur-deutsche-blogs.htm
Das nach den ganzen Diskussionen nun bereits einige Hunderte User die Whiteliste Abonieren zeigt das man durchaus bereit ist mit Werbung zu leben. Wenn diese nicht zu destruktiv gestaltet wird. Was gar nicht mehr geht ist Flash oder OnClose / OnLoad Events mit Sound, da hört der Spaß auf.
Bestes beispiel für übertiebene Werbung: lvz.de
Die seite kann ich kaum auf meinem ipad öffnen (safari) und wenn es mal geht, dann kann es durchaus dauern…
HUARGH! War gerade das erste Mal drauf. Das ist ja grausam!
Solange die Werbung auf Flash setzt, wird der Adblocker nicht ausgeschaltet. Teilweise auch penetrant ist stern.de auf dem iPad. Layer Werbung zum wegklicken. das nervt total.
„So sei man auf diverse Probleme bei Anzeigen hingewiesen worden – etwa einer automatisch Ton-abspielenden Werbung, Layer-Ads oder unseriöse Google Adsense-Werbung – und habe diese beheben können.“
Haben die IT-Profis von Golem einfach nicht gewusst. Hat denen ja auch nie einer gesagt.
Dort sind wohl alle Redakteure, Angestellte, Admins, etc… selbst mit nem AdBlocker unterwegs. Anders kann ich mir das nicht erklären.
Der Tipp von „Nothing“ ist ja der Hammer.
Das ist ja schon wieder lustig!
Die lvz-online.de ist eine überregionale Tageszeitung hier bei uns in Sachsen und ja es ist die größte in Leipzig. Also nicht irgendwas.
Das ist echt der Hammer was da abgeht, wenn man mal den Werbeblocker abschaltet. Fehlt bloß noch, das die uns was von wertvollen kostenlosen Content erzählen wollen.
Ich finde da einfach nichts. Nur buntes Mäusekino.
Wer designt bloß solche Seiten?
Das ist echt was fürs Gruselkabinett.
Ich schäme mich als Sachse dafür.
Wenn man da scrollt haut es einen regelrecht aus den Socken.
Schock, Schock, Neeeeiiiin!.
Kopfschüttel.
Das Internet gehört nicht dem Kommerz oder Werbetreibenden sondern allen Bürgern, es reicht wenn diese schon die Fernsehlandschaft oder unsere Innenstädte „Verunstaltet“ haben.
Coole Sache, golem ist echt in ner Vorreiterrolle.
Was mich bis heute wundert: Warum ruft keiner nach dem Staat um endlich ein allgemeingültiges Zahlungsmittel, vergleichbar dem Bargeld, für das Internet zu schaffen? In der „Realwelt“ ist das Drucken von Papiergeld doch schließlich auch eine staatliche Aufgabe. Aber im Internet überlässt man das Paypal und Co. – Kein Wunder, dass da nicht alle mitmachen und die sogenannte „Kostenloskultur“ regiert. Ist ja nicht so, dass die Leute nicht zahlen wollen, es wir nur unverhältnismäßig schwer gemacht.
Die Leute wollen nicht, sie können nicht. Die Medienlandschaft spinnt sich einen ab.
Sachlich. Nehmt Golem die wollen 4 Euro im Monat. Ließt man 10 Seiten für 1 Euro in der Wochs sind das 40 Euro.
Merkt ihr was?
Jede Webseite glaubt ihr Angebot ist den 1 Euro pro Woche Wert. Dann hätte Flipboard kosten von 50-100 Euro.
Die Seiten lesen dann eben nur noch Millionäre .
Alle wollen Geld, Wikipedia,heise,golem, basic thinging, kress zwitscher, focus, bild, Spiegel Millionen Seiten haben kosten.
Ehrlich wie viele Webseiten ließt man im Monat regelmäßig, und was könntet ihr euch leisten.
DAS IST EINE UTOPIE.
Ich lache auch immer bei umsonst Mentalität . Bevor ich ins Netz komme habe ich schon bezahlt. Für den internet zugang bekommt man einige Zeitungen.
Offenbar glauben viele, die Burger haben die 50er auf einer rolle wie klopapier und brauchen die scheine nur wie krepp papier abbreissen.
Werbung hat ja eigentlich den Sinn, den User für etwas zu interessieren.
Wenn dieser die Werbung als nervig empfindet, läuft offensichtlich etwas falsch. Und das läßt sich nicht mit „schaltet die Blocker aus, wir wollen euch Werbung aufdrücken“ beheben.
Solange die Werbebranche das nicht begreift, werden viele die als Belästigung und störend empfundene Werbung weiter blockieren.
Ich warte eh noch auf einen TV Spot „geht während der Werbung nicht aufs Klo, sondern schaut euch die Spots an!“
Angeblich wird ja überall getrackt, analysiert, mit Daten gehandelt und profiliert.
Und dennoch habe ich noch NIE Werbung bekommen, die mich auch nur ansatzweise interessiert hätte.
Ich habe keine Lust darauf, erst ein halbes Dutzend PupUps weg zu klicken oder irgendwelche Geräusche und Gesänge auszublenden, bevor ich mir eine Seite ansehen kann.
Werbung gegenüber bin ich aufgeschlossen. Aber sie sollte so gemacht sein, dass sie User interessiert – und sie nicht von dem beworbenen Produkt verscheucht.
Habe schon oft genug Sprüche gehört wie „das Produkt ist ja gut, aber die Werbung meint, dass nur Idioten sowas haben – das kann ich nicht kaufen, sonst werd ich auch für so ein Idiot gehalten.“
Und das ist sicher nicht Ziel der Werbung, oder?
AdBlock und Co sind ein Zeichen von „ich hab die Schnauze voll von euch und will nichts mehr davon sehen!“
Die Werbebranche will uns zeigen, was uns interessiert und wofür wir unser Geld ausgeben sollen.
Und das schaffen diese Marketingfuzzies zumindest bei mir nicht. Trotz aller Datensammelei bis weit in die gesetzliche Grauzone hinein versagen sie dabei, ihre Produkte so zu präsentieren, dass sie auch jemand kaufen will :).
[…] von der Paywall über diverse mehr oder minder nervige Werbeformate bis zur inzwischen etwas aus der Debatte verschwundenen Kultur-Flatrate: Darüber kann man […]