Es mag auf den ersten Blick nicht wirklich zusammenpassen, da sich dem Betrachter die Verbindung zwischen karitativer Hilfe und einem Fotodruck auf Leinwand oder Acrylglas nicht erschließen mag. Und doch ist die Idee hinter Photocircle auf den zweiten Blick gar nicht so verworren, wie eingehend vermutet. Die Website des Berliner Startups ist professionell, das Konzept wirkt stimmig und die Gründer agieren mit Herzblut. Eine erfolgsversprechende Mischung.
Foto drucken, Welt verbessern
Dass ich ein Faible für interessante Startups und Gründerideen habe, dürfte frühestens nach meiner Berichterstattung über Alcohoot, spätestens beim Interview mit SHIFT-Gründer Daniel klar gewesen sein. Jetzt wurde ich auf Photocircle aufmerksam. Das Konzept wirkt auf den ersten Blick seltsam, ist es aber gar nicht: das Startup bietet einen Katalog aus künstlerischen Fotografien interessanter Landschaften, Menschen, Tiere, Szenen aus aller Welt. Der Kunde wählt, lässt auf Papier, Leinwand, Acrylglasscheibe oder Alu Dibond drucken, bezahlt mit Kreditkarte oder PayPal und – genau hier liegt das Innovative – spendet einen Teil der anfallenden Kosten an ein Hilfsprojekt in der Umgebung des Aufnahmeortes.
Fotos, Hunger, Armut, Dritte Welt, Raumdekoration, Kunst? Die Schlagwort-Kette geht nicht recht zusammen. Wahrscheinlich muss man die Entstehungsgeschichte und Idee hinter Photocircle kennenlernen, um die Frage nach der Zusammengehörigkeit aller Eckpunkte schlussendlich greifen zu können.
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„Das fühlte sich falsch an“
Zur Vision sagt Gründer Thomas Heinrich:
Die Idee entstand auf einer Weltreise. Ich fühlte mich schuldig, Menschen in ihrem Alltag zu fotografieren, meist sogar ohne deren Kenntnisnahme. Zu Hause erntete ich Zuspruch für die Bilder und hätte sie teilweise sogar verkaufen können. Das fühlte sich falsch an, da die Motive nicht daran beteiligt waren. Dabei waren sie der eigentliche Grund für das gelungene Foto.
Was liegt da näher, als den fotografierten Regionen durch Spenden immerhin eine Kleinigkeit zurückzugeben? Zu den bereits vollständig finanzierten Initiativen gehören dabei ein Bildungsprojekt für Roma-Kinder in Bosnien und Herzegowina, die Vermittlung von Lernpaten für förderungsbedürftige Berliner Schüler mit Migrationshintergrund oder auch die finanzielle Unterstützung syrischer Flüchtlinge. Eine Übersicht aller Projekte ist online mit ihrem bisher erreichten Finanzierungsgrad einsehbar.
Von der Idee in die Selbstständigkeit
Die Idee fand im Sommer vergangenen Jahres ihre finale Umsetzung. Seitdem erlaubt die Plattform von Photocircle Fotografen die Vermarktung der eigenen Schnappschüsse. Für die Finanzierung der Projekte muss der Aufnahmeort hinterlegt werden. Anhand dessen erfolgt die Zuordnung der passenden regionalen Hilfsprojekte. Die Fotokünstler verzichten beim Publizieren auf mindestens 30 Prozent ihres Gewinns zugunsten der sozialen Projekte. Außerdem fließen 6 Prozent des Grundpreises zu den Bedürftigen. Photocircle nennt das „Win-Win-Situation für alle Beteiligten“. So kann man es im Marketing-Sprech durchaus formulieren – wenn denn genügend Käufer mitmachen.
Im Gespräch antwortete Gründer Thomas Heinrich auf meine Frage, wie man die örtlich korrekte Verwendung der Spenden sicherstelle, dass dies bei den großen Organisationen teilweise wirklich schwer zu kontrollieren sei. Am liebsten arbeite man deshalb mit kleinen Hilfsorganisationen wie Plan oder Care zusammen:
Bei kleineren NGOs ist die Spendenquote in der Regel deutlich höher, da sie geringere administrative Kosten haben. Auf der anderen Seite unterliegen sie nicht in gleichem Maße der öffentlichen Kontrolle, wie dies bei großen NGOs der Fall ist. Wir prüfen alle Organisationen bestmöglich bevor wir mit ihnen zusammenarbeiten. Durch Empfehlungen, persönliche Beziehungen, Recherche, öffentliche Kontrolle und nachträgliche Reports bei der Mittelverwendung versuchen wir die Risiken zu minimieren.
Beim Durchstöbern des Angebotes von Photocircle fielen mir viele schöne Fotos aus aller Welt in die Augen. Mal mehr, mal weniger harmonisch. Schaut man die Bilder der bisher gelisteten Fotografen durch, besticht die Qualität der Werke. Sowohl aus technischer wie auch aus künstlerischer Sicht hat Photocircle einiges zu bieten. Ob Landschaftsaufnahmen, Panoramas oder Portraits – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Internationale Note inklusive. Ein Blog steht Unschlüssigen mit Vorstellungs-Beiträgen einzelner Fotokünstler und Hilfsprojekte außerdem beratend zur Seite.
Wenig überraschend: kein Preisbrecher
An einer Sache konnte ich allerdings keinen Gefallen finden. So kamen mir die Preise trotz gutmenschlicher Note doch relativ selbstbewusst vor. Für eine Leinwand mit den Maßen 120 x 80 cm verlangt Photocircle knapp 110 Euro exklusive Versand, Spendenanteil schon abgezogen. Ohne Spende, weniger sozial und mit selbst aufgenommenem Motiv finde ich im Internet Angebote um 70 Euro.
Ein beachtlicher Aufschlag dafür, dass das Bild nicht aus dem eigenen Archiv entstammt. Womöglich die Mehrkosten, die das Foto zu „Fotokunst“ machen? So gesehen könnte man auch bei der Konkurrenz einkaufen und das gesparte Geld direkt an eine Hilfsorganisation überweisen. Andererseits: Wer macht das schon regelmäßig? Vielleicht liegt daher genau hier der Vorteil, dass die Unterstützung quasi nebenbei erfolgt. Fairerweise muss erwähnt werden, dass der Leinwand-Druck mit einem eigenen Motiv derzeit mit knapp 80 Euro zubuche schlägt und so die Mehrkosten gegenüber der Konkurrenz viel geringer ausfallen, als in Verbindung mit einem Bild aus der Photocircle-Bibliothek.
Photocircle verspricht hohe Qualität
Oliver Wolf von Photocircle gab auf Anfrage zu, dass die Vergleichbarkeit mit anderen Portalen noch etwas intransparent sei. So könne es auf den ersten Blick tatsächlich so aussehen, als wäre man hier und da etwas teurer.
An dieser Transparenz und der Hervorhebung unserer besseren Qualität müssen wir aber tatsächlich noch arbeiten.
Damit spielt er auf das Qualitätsversprechen an, das Photocircle gibt:
Wir haben hohe Qualitätsansprüche und wollen unseren Fotografen und Kunden nur das Beste bieten. Daher kaschieren wir unsere Acrylglasbilder und verzichten auf das qualitativ minderwertige Direktdruckverfahren, welches zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so ausgereift ist, als dass es gute Ergebnisse erzielen könnte.
Intern habe Photocircle vor Kurzem einen Preisvergleich mit anderen Portalen gemacht und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass man unter den Qualitätsaspekten „trotz Spende immer noch teilweise günstiger oder gleich teuer“ sei.
Auch wenn die Preise im freien Markt mit den günstigsten Anbietern vielleicht nicht immer konkurrieren können, so sind es am Ende Qualität und nicht zuletzt das gute Gewissen, das Photocircle frei Haus gleich mitliefert. Wer die Suche nach einem schicken Bild für die eigenen vier Wände also mit einem sozialen Mehrwert verbinden will, dem sei ein Besuch bei dem Startup aus Berlin wärmstens ans Herz gelegt.