Vor ein paar Tagen berichteten wir, dass movie2k.to offline sei. In den Kommentaren unter dem Artikel hielt sich die Trauer in Grenzen, schließlich gibt es zahlreiche andere Portale und mit movie4k.to schon einen entsprechenden Nachfolger. Und überhaupt: Man streame ja nur, weil der Kinobesuch so teuer sei und die Filme es zu spät nach Deutschland schaffen. Also alles, wenn schon nicht legal, dann wenigstens legitim? Zeit für einen Faktencheck.
1. Kino ist doch viel zu teuer!
Das Argument: Ein Kinoabend mit Freunden und Familie sei viel zu teuer. Würde man den Kinopreis senken (Vorschlag eines Kommentators lag bei 3,50 Euro), gingen mehr Leute ins Kino, ergo würde man auch mehr verdienen.
Die Fakten: Eine durchschnittliche Kinokarte kostet in Deutschland 7,65 Euro. 2007 waren es noch 6,04 Euro – allerdings nicht inflationsbereinigt. Trotz gestiegenem Ticketpreis ist aber die Anzahl der Kinogänger gestiegen– auf 135.000 135 Millionen Besucher in 2012. In den USA hingegen ist der reale Ticketpreis von 1965 bis 2009 ungefähr gleich geblieben (Vogel, 2010: 83). Hinzu kommt, dass etwa die Hälfte des Kinopreises beim Theaterbetreiber verbleibt, der damit sein Kino finanzieren muss – die hohen Kosten für die Umrüstung auf den digitalen Kinobetrieb oder gar 3D-Säle werden da noch gar nicht berücksichtigt.
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Würde man den durchschnittlichen Ticketpreis um etwa 50 Prozent auf 3,50 Euro reduzieren, bekäme der Verleiher also 1,75 Euro. Davon gehen 30 Prozent Distributionsgebühr ab; 1,22 Euro verbleiben beim Filmstudio. Eine durchschnittlicher Hollywood-Streifen kostet heute etwa 100 Millionen Dollar, 30 Millionen Dollar entfallen dabei aufs Marketing. Und viel hilft viel: Die Filmtitel mit den höchsten Umsätzen sind Avatar, Titanic, Marvel’s The Avengers, Harry Potter Teil 2 und Iron Man 3 – alles Filme, die teuer produziert worden sind.
2. Der Filmbranche geht es doch gar nicht so schlecht!
Das Argument: Wenn Tom Cruise 60 Millionen Dollar für einen Film verdient und die Filme Umsatzrekorde brechen, kann es der Filmindustrie ja nicht schlecht gehen.
Die Fakten: Nur etwa 20 40 Prozent aller Filme und auch Musikalben spielen ihre Kosten wieder ein. Die anderen 80 60 Prozent machen Verluste, die die Kassenschlager wieder auffangen müssen. Dieses Geschäftsmodell erlaubt es, relativ hohe Risiken einzugehen, denn niemand weiß vorher, ob ein Film auch ein Hit wird.
Doch wozu braucht Tom Cruise 60 Millionen Dollar? Sicher, man kann bei so einem Gehaltscheck neidisch werden, doch Tom Cruise ist einer der wenigen Superstars. Die meisten Schauspieler in Hollywood verdienen sich was durchs Kellnern dazu. Hinzu kommt: Volkswirtschaftlich gesehen ist Tom Cruise ein Monopolist – es gibt schlichtweg keinen Schauspieler, der so aussieht und schauspielert wie er.
Natürlich könnte man für Mission Impossible auch Bruce Willis oder Matt Damon nehmen – doch auch die haben hohe Gagen. Denn: Stars sind ein Qualitätsprädikat und Talent lässt sich nicht durch ein bisschen schlechteres Talent ersetzen. Würde Klaus Mustermann Ethan Hawke Hunt spielen wäre Mission Impossible nicht so erfolgreich.
3. Die Filme kommen viel zu spät in deutsche Kinos!
Das Argument: Der Film, den ich sehen will, lief schon vor Wochen oder Monaten in den USA. Ich muss aber warten, bis ich ihn im deutschen Kino oder gar online sehen kann. Würde man die Verwertungszeitfenster abschaffen, würde auch keiner mehr illegal streamen.
Die Fakten: 70 Prozent des Umsatzes eines US-Films kommen aus Übersee, doch Kinoumsätze machen nur noch 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus (Vogel, 2010: 98). Der Rest kommt überwiegend aus dem DVD-Kauf beziehungsweise –Verleih und TV-Rechten. Allerdings ist es für einen deutschen Verleiher riskant, einen Film gleichzeitig mit dem US-Start aufzuführen. Stattdessen wartet man lieber den Erfolg vom Eröffnungswochenende ab und passt dann die Marketing-Ausgaben für die deutsche Veröffentlichung an.
Ich habe auch keine Lust, zu warten, bis man einen Film in Deutschland sehen kann. Aber zum einen wurden die Verwertungszeitfenster schon verkürzt und zum anderen macht es wirtschaftlich gesehen immer noch Sinn, die Preise über verschiedene Verwertungszeitfenster zu differenzieren: Der Kino-Besuch ist für den Zuschauer relativ teuer, der DVD-Verleih akzeptabel, beim Free-TV ist der Film von der Werbeunterbrechung abgesehen kostenlos.
4. Für eine Streaming-Flatrate würde ich sogar zahlen!
Das Argument: Bei der Musik gibt es inzwischen Streaming-Flats für 10 Euro im Monat, warum gibt es sowas nicht für Filme? Und warum ist Maxdome so teuer, die müssen ja nur die Rechte einkaufen?
Die Fakten: Nicht der Prozess des Rechteeinkaufs kostet Geld, sondern die Rechte selbst. Denn im Gegensatz zu einem professionellen Musikalbum, dessen Produktion mindestens 200.000 Dollar kostet (Vogel, 2010: 260), kommt ein Hollywood-Film auf 70 Millionen Dollar Produktionskosten. Außerdem sind die Traffickosten für den Anbieter größer. Selbst in den USA, häufig dem Vorreiter bei Technologien und Marktentwicklungen, gibt es keine Film-Flatrate mit aktuellen Blockbustern.
5. Download-Portale kurbeln den Absatz doch an!
Das Argument: Ich will einen Film lieber erst mal ansehen, bevor ich mir ein Kinoticket kaufe. Und über Streaming-Portale werde ich erst auf gute Filme aufmerksam.
Die Fakten: Die These, dass durch illegale Downloads die Umsatzzahlen steigen, wird hinterfragt. Bei dem Einzelnen mag das stimmen, doch grundsätzlich überwiegt in der Wissenschaft jedoch die Meinung, dass Piraterie die Umsätze eher negativ beeinträchtigt.
6. Filmportale befriedigen nur die Bedürfnisse der User!
Das Argument: Ich will Filme im Original-Ton sehen und habe zuhause einen 40 Zoll-Fernseher – ich brauch kein Kino.
Die Fakten: Das mag sein, aber der Markt ist schlichtweg zu klein, als dass es sich für Disney & Co. lohnen würde, entsprechende Angebote zu machen. Denn wenn man 10 Euro zahlen müsste, um einen Film zu streamen, würden viele sicherlich wieder zu kinox.to und Konsorten gehen.
Ich würde auch gerne US-Shows und Filme häufiger im Original sehen, aber das ist leider auch eine Rechtefrage. In der Tat liegt hier ein großes Problem in der Filmbranche vor, an dem gearbeitet werden muss und gearbeitet wird. Denn natürlich befriedigen Filmportale die Bedürfnisse einzelner User. Die meisten jedoch, die nicht so internet-affin sind, keinen 40-Zoll-Fernseher und Dolby-Surround-System zuhause haben und nicht so sattelfest im Englisch sind, warten dann eben doch lieber ein paar Wochen und gehen dann ins Kino oder schalten die TV-Ausstrahlung ein.
7. Die Abschaltung ist doch ein Kampf gegen Windmühlen!
Das Argument: Wird eine Plattform abgeschaltet, schießen zwei neue aus dem Boden. Es ist ein Kampf gegen eine Hydra. Die Filmindustrie will ihr veraltetes Geschäftsmodell schützen und geht nicht mit der Zeit.
Die Fakten: Ja, man will das Geschäftsmodell schützen, denn man hat ja auch 70 Millionen Dollar für die Produktion eines Films ausgegeben. Ich kann daran auch nichts Verwerfliches erkennen, denn was wäre die Alternative?
Sicher: Abschalten alleine bringt nicht viel. Man muss die Piraterie eindämmen und legale Angebote schaffen. In den USA gehen Hulu und Netflix schon in die richtige Richtung, aber auch dort wird in den nächsten Jahren wohl kaum ein Blockbuster zum Kinostart legal gestreamt werden können.
Fazit
Man darf festhalten: Viele User ärgern sich und fühlen sich von der Filmindustrie gegängelt, doch für viele Kritikpunkte gibt es sehr klare wirtschaftliche Argumente. Das ändert vermutlich nicht die Unzufriedenheit, schafft aber vielleicht ein bisschen Verständnis, warum Kino so teuer ist und Filme so spät nach Deutschland kommen.
Bild: photo of an old movie projector / Shutterstock.com