„Der Freitag“, die Wochenzeitung von Verlegersohn Jakob Augstein, möchte einen neuen Weg im werbefinanzierten Journalismus gehen. Anstatt – wie „SPIEGEL ONLINE“, „GOLEM“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“, „ZEIT ONLINE“, und „Rheinische Post“ – die Nutzer zum Ausschalten des AdBlockers zu überreden, gibt die Redaktion ihm nun ein Tool an die Hand, mit dem er die Werbung selbst ausschalten kann.
Nur temporäre Möglichkeit
Auf der rechten Seite der Werkzeugleiste findet sich seit heute der Button „Werbung aus“. Einen Klick später verschwinden die Banner auf der gerade aufgerufenen Seite. „Wir geben unseren Nutzern die Möglichkeit, die Werbung durch einen Klick selbst abzuschalten. Das bedeutet, Sie können Ihren Adblocker für freitag.de deaktivieren und die Anzeigen wieder zulassen. Aber wenn eine Anzeige Sie beim Lesen stört, schalten Sie diese Anzeige einfach ab“, erklärt Jakob Augstein in einem Beitrag beim „Freitag“.
Aber bevor der Puls bei den Anzeigenkunden jetzt in die Höhe schnellt, sei gesagt, dass es sich bei der „Werbung aus“-Idee nur um eine temporäre Möglichkeit handelt. Sobald die Seite verlassen wird, etwa durch den Klick auf einen anderen Artikel, wird die Werbung wieder eingeblendet. Es geht also tatsächlich nur darum, den Leser zu unterstützen, wenn die Werbung beim Lesen stört.
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Ein guter Kompromiss mit Signalwirkung
Gerade nach dem großen Flop der „Anti-AdBlock-Kampagne“ der großen Nachrichtenseiten – bei dem der Nutzer dazu aufgefordert wurde, seinen AdBlocker auszuschalten, effektiv aber danach mehr Nutzer den AdBlocker installiert haben – ist der Ansatz vom „Freitag“ kein schlechter. Nutzer können Werbung vielleicht eher verschmerzen, wenn sie die Möglichkeit haben, sie auszuschalten. Erreicht man so, dass sie den AdBlocker ausschalten, wäre das schon ein großer Erfolg und ein guter Kompromiss.
„Natürlich wird das nicht jeder machen, keine Frage. Es geht auch in erster Linie um Signalwirkung“, sagte „Freitag“-Online-Chef Jan Jasper Kosok gegenüber BASIC thinking. Wenn die Aktion von mehr großen Nachrichtenseiten genutzt würde, wäre die Aufmerksamkeit größer und die Chancen würden steigen, dass der Nutzer den AdBlocker dauerhaft ausschaltet. „Unsere Aktion ist ja eine direkte Reaktion auf die [Anti-AdBlock-]Kampagne, weil sie eben nur an die ‚Moral‘ des Nutzers appelliert“, erklärt Kosok. „Wir geben ihm noch ein Tool an die Hand, dass ihn situativ zwischen AdBlock on/off entscheiden lässt.“
Positives Feedback und Fragen nach Flattr
Die Idee wird von den Nutzern bisher positiv aufgenommen. „Das ist ein intelligentes, feines, eigenes Angebot des Freitag; ich werde es ausprobieren und wenn es funktioniert, annehmen“, schreibt ein Nutzer in einem Kommentar unter Augsteins Beitrag. Und wenig später kommentiert er: „Testphase beendet. Funktioniert wunderbar, Danke. Werde ich ab jetzt also so machen.“ Zwar gibt es immer noch Nutzer, die den AdBlocker bevorzugen. Bei Kosok und seinem Online-Team sei bisher aber auch eher gutes Feedback angekommen – gemeinsam mit der Frage, wann „Der Freitag“ wieder Flattr einsetze.
„Demnächst wieder, zusammen mit Readability“, berichtet Kosok gegenüber BASIC thinking. „Wir hatten es ja früher schon einmal. Ist beim Relaunch hinten rüber gekippt.“ Dass auch Flattr zur Finanzierung des Journalismus beitragen kann, zeigt die „taz“ mit ihrer freiwilligen Pay-WAHL-Initiative „taz zahl ich“. Zwar wird damit keine Zeitung gemacht, aber ein bis zwei Journalisten kann die „taz“ mit den monatlichen Einnahmen über den Micropayment-Dienst bezahlen.
Mehr Experimentierfreude, bitte!
Leider hat Flattr bei großen Nachrichtenseiten immer noch das Image der Bettelei inne. Totaler Quatsch, schließlich wäre es angebracht, mit neuen und alten Modellen zu experimentieren, um den Journalismus im Netz besser zu refinanzieren. Eine wirklich praktikable Lösung ist in Deutschland noch nicht gefunden worden, warum also nicht einfach mal mit Möglichkeiten rumspielen? „Der Freitag“ macht es richtig. Er probiert einen erst mal unkonventionell aussehenden Weg aus. Ob es funktioniert? Keine Ahnung. Aber einen Versuch ist es wert.
Ich verstehe nicht, warum sich ein Adblock-Nutzer die Mühe machen soll, den Adblocker für diese Seite zu deaktivieren. Nur weil man die Werbung hier auch selber deaktivieren kann? Abgesehen von einer Minderheit werden die meisten, so lange sie keinen Nachteil durch die Aktivierung haben, ihn auch aktiviert lassen. Warum sollte man sich diese Extra-Mühe machen, wenn es eh keinen Unterschied macht?
Autarkie ist immer ein gutes Instrument, um ein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten. Ich selbst lasse Werbung immer an, denn ich begreife sie zu sehen als den Preis, den ich für den Artikel zahle. Und das ist wahrlich kein hoher. Die Kampagne kann aber nun auch, wie beschrieben, in jenen Nutzern, die den Adblocker installiert haben, einen eigenen, inneren Antrieb – und keinen äußeren Zwang – mitzumachen, wecken.
Tschüß
Soweit ich weiß, kann fie taz nicht 1-2 Journalisten via Flattr bezahlen, eher 1-2 Praktikanten (was aber auch schon was ist). Die 1-2 Journalisten beziehen sich vermutlich eher auf die Gesamteinnahmen via „taz zahl ich“, wo auch andere Zahlungsmethoden einfließen. Das meiste kommt dort über Überweisungen, einmalig und per Lastschrift zusamen
Warum sollte ich dann nicht gleich den Adblocker nehmen statt auf jeder Seite einzeln die Werbung zu Deaktivieren? was ist daran denn Innovativ?
Das Auto machte halt das Pferd überflüssig wie das Internet die Tageszeitung, ich sehe darin kein Problem.
Nur im verzweifelten Versuch der Verlegerbranche den Technischen Fortschritt unbedingt aufzuhalten zu wollen, wie früher die Musik Branche.
Weder Beizahlschranken noch aufdringliche Werbung werden aber Funktionieren, denn das gesamte Internet ist ein Nachrichten Medium und nicht mehr Teilbar in „Springer und Co“ Blätter bzw. Webseiten, daher werden sie sich anpassen müssen oder Untergehen, die aktuellsten Nachrichten bekommt man heute auf Facebook, Twitter oder Youtube und ein Tag später auf Papier.
Dabei wäre Journalismus nicht der erste Berufsstand welcher Ausstirbt und den technischen Fortschritt zum Opfer fällt, ich frage mich warum nun gerade darum so ein Theater gemacht wird ?
Das ist schon ein richtiger Weg. Es sollte aber ein „Diese Werbung geht einem auf die Eier“ Button sein.
Bzw Konsequenzen ziehen aus den Clicks.
Das problem ist, Werbung darf nicht zum nag screen werden.
Adblock sagt, das die leser am kotzen sind. Solange man das ignoriert wird es nix.
Sind wir ehrlich wenn da eine Werbung los plärrt dann eben nur einmal und der Blocker ist wieder an. Click hin oder her.
@Mika B.
Genau so wird es sein.
Große Zeitungen haben schon längst angefangen, ihre Fotografen rauszuschmeissen. Das erledigen jetzt die Journalisten, dank digitaler Technik gleich mit. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird ein Großteil des Contents von Usern, Bloggern, engagierten Bürger, etc. erledigt und sofort online verfügbar sein.
Wenn ich Content aus USA von kompetenten Bloggern bekomme und den hier nur noch für Deutschland aufbereiten muss, wieso sollte ich dann eine ganze Crew aus Gemany hinschicken, die das Gleiche erzählen wie der Blogger, nur dass sie 10mal so teuer sind?
Das Modell der Zeitungsverlage erinnert mich an das Thema: Filmindustrie vs. Streamingportale. Es wird sich ALLES KOMPLETTT ÄNDERN. Was wir jetzt gerade erleben, ist erst der Anfang. Ob die Welt uns dann so gefällt, steht auf einem andern Blatt …ähhh Blog. 🙂
Leute, es gibt immer noch einen gewaltigen Unterschied zwischen einem herkömmlichen Freizeit-Blogger und einem Journalisten. Der Journalist sollte (zumindest versuchen) wertfrei/objektiv zu berichten. Der Blogger ist genau das Gegenteil. Er will unbedingt NICHT wertfrei schreiben und seine subjektive Meinung dazu sagen.
Mal ganz ehrlich, alle beschweren sich über die BILD, aber was ist denn das positive Gegenstück davon? Unbezahlte Bürger oder Freizeit-Blogger? (Ist keine Kritik sondern nur ein Denkanstoß!)
Natürlich gibt es auch Profiblogger. Aber das sind dann doch auch wieder fast nichts anderes als Online-Journalisten, wo wir dann wieder zum Punkt „Qualität hat seinen Preis“ kommen.
@Carsten
Über den angeblich „gewaltigen Unterschied zwischen einem herkömmlichen Freizeit-Blogger und einem Journalisten“ entscheidet in Zeitalter des Internet nun einmal der Leser.
Es werden nicht 100 Tageszeitungen im Netz mittels Online Redaktionen überleben können, was aber nicht bedeutet das „Qualitäts Journalisten“ Aussterben, sie müssen sich nur den Gegebenheiten Anpassen, Redaktionen mit festen Erscheinungsterminen und althergebrachten Arbeitsabläufen wird es nicht mehr geben, dafür viele neue Möglichkeiten vom Podcast bis zum Youtube Cannel.
@Mika. B : Ich bestreite auch nicht, dass es Anpassungen bei Erscheinungsterminen etc. geben wird. Ich bezweifel einfach die hier mehrmals vertretene Meinung, auch von dir, dass man ja im Grund keine Journalisten mehr braucht bzw. diese aussterben werden.
Schließlich schreiben Blogger das gleich (was ich eben bezweifel) und Bürger würden die gleichen Infos (was ich ebenfalls bezweifel) viel schneller auf Twitter, Facebook etc. veröffentlichen. Auch wenn bestimmmte Leute evtl. sogar das Gleiche veröffentlichen, heißt das noch lange nicht, dass die richtigen und wichtigen Infos dann auch bei den Leuten ankommen.
Man denke nur an virales Marketing und wie man damit schon heute gewisse Informationen verbreiten kann. Wenn man darüber aber auch noch die Wichtigkeit von Nachrichten steuern könnte (nach dem Motto: wenn viele Blogger darüber schreiben, muss es wohl wichtig sein), dann gute Nacht. Dann kennt zwar jeder die neuesten AGB-Änderungen von der Telekom, aber nicht, dass in dem Land XYZ ein Bürgerkrieg statt findet.
Gute Idee. So kann man herausfinden, welche Art Werbung die Nutzer stört/nervt. Wären die Werbetreibenden dann so clever und würden diese Ergebnisse beherzigen, kämen wohl deutlich mehr User ohne Adblocker aus.
@Carsten
Man könnte darüber vielleicht sehr lange Sinnieren und vieles dazu Schreiben, doch schlussendlich entscheidet allein der Verbraucher oder Leser ob er eine Tageszeitung oder ein Online Abo Kauft, sich mittels aufdringlicher Werbung „unterhalten“ lässt oder lieber beim Hobbyblogger liest.
Dank des Internet hat der Leser die Wahl und muss nicht mehr „die Katze im Sack“ kaufen oder eine Zeitung wegen einem ihn interessierenden Artikel, sondern kann sich vielfältig und gezielter Informieren.
Ob Journalisten „aussterben“ kann ich nicht sagen genau sowenig wie der Beruf als Buchdrucker oder Fachverkäufer…..
@Carsten
hmmm, ist das hier eigentlich ein Hobbyblog …..
@Tom: Ich würde BT nicht als Hobby-Blog bezeichnen. Und siehe oben in der Beschreibung: Der Autor bezeichnet sich als Medienjournalist, was meine These: „Hobby-Blogger ersetzen keine Journalisten“ nur bestätigt 😉
@Mike B.: Dann sind wir ja einer Meinung 🙂
Warum ändern die Verlagsseiten ihr Modell nicht wie folgt: Wer einen Ad-Blocker benutzt, bekommt die Paywall zu sehen. Er muss dann einfach zahlen, anstatt den für ihn kostenlosen, werbefinanzierten Content zu konsumieren.
@Oskar
Ob die Leute dann „Bezahlen“ würden oder den Adblocker eher Ausschalten wäre Zweifelhaft, es gab diese Versuche meist mit negativen Erfolgen.
Viele würden wohl dann andere Seiten aufsuchen, zudem verringern es die Reichweite bzw. Nutzerzahlen was sich zusätzlich Negativ auf die Werbeeinnahmen auswirkt.
Auch könnten die Programmierer zukünftig Adblocker so Verstecken das deren Benutzung nicht mehr Sichtbar ist oder dem Webseitenbetreiber glauben machen er wäre nicht vorhanden.
Ich finde das eine tolle Idee, denn manchmal nervt die Werbung doch sehr. Ich kann verstehen, dass online Medien ja Werbung benötigen, um Geld zu verdienen, aber alles hat Grenzen. Und die werden öfters mal überschritten.
Beispiel focus.de wo seit Wochen so eine völlig nervige Autowerbung eingeblendet wird. Der „schliessen“ Knopf ist aber nicht zu erreichen, wird immer ausgeblendet, wenn man versucht die Maus drüber zu bewegen.
Hier wäre diese Funktion echt sinnvoll!
Kann ich mir gut vorstellen, dass gerade durch das Auffordern seinen AdBlocker abzuschalten eine Art Trotzhaltung und noch mehr Genervtheit gerade das Gegenteil bewirkt. Mit Freundlichkeit und Entgegenkommen kommt man da wohl wirklich eher weiter. Gute Strategie des Freitags!