Gesichtserkennung ist ganz klar auf dem Vormarsch und Cara will seinen Teil dazu beitragen. Die Software des New Yorker Unternehmens IMRSV ist mit 40 Dollar im Monat preislich kaum zu schlagen und rüstet jede Webcam mit der Gesichtserkennungssoftware aus. Nicht nur Werbeleute sind begeistert. Und nicht nur Datenschützer sind alarmiert.
Online gibt es User-Daten, Offline nicht
Der Anstoß kam – wie so häufig – aus der Werbeindustrie. Online-Werbung wird zielgerichtet angezeigt, damit Streuverluste besser vermieden werden können. Doch Online gibt es eben auch User-Daten. In den Kommentaren zu unserem Post über die Anti-Kampagne großer Verlage gegen Werbeblocker gab es ja eine zum Teil intensive Diskussion dazu.
Offline hingegen gibt es keine Daten über den Betrachter eines Werbeplakats oder eines Schuhregals und das will IMRSV ändern. Doch da sich auch andere Industrien und Interessenten gemeldet haben, bietet man Entwicklern eine API an, um auf die Gesichtserkennungs-Software zuzugreifen.
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Wer schaut wie lang in Richtung der Kamera?
Cara erkennt in bis zu acht Meter Entfernung mehrere Gesichter sowie das Geschlecht und grobe Alter der von der Kamera eingefangenen Personen. Auch wie lange und wie oft der Betrachter auf und neben die Kamera schaut wird erfasst. Für die Optimierung von Werbeplakaten ist das ideal. Bei einer Standard-Webcam erkennt Cara das Geschlecht in 92 Prozent der Fälle, die Altersgruppe in 80 Prozent der Fälle. Für 40 Dollar im Monat pro Kamera ist man dabei.
Die Werbeindustrie freut sich schon über die neuen Möglichkeiten: Unter anderem wird Cara schon im Reebok-Store auf der Fifth Avenue in New York eingesetzt – noch ist das allerdings ein Experiment. Doch wenn das gelingt, denkt Inga Stenta, verantwortlich für das Marketing bei Reebok, über ein interaktives Plakat nach: Steht eine jüngere Frau davor, werden womöglich High Heels angezeigt; ältere Männer sehen hingegen vielleicht eher elegante Lederschuhe. Und bei Kindern gibt’s Sneakers mit Klettverschluss. So oder so ähnlich.
Alle träumen von Gesichtserkennung
Cara eignet sich jedoch nicht nur für den Einsatz in der Werbung: Autohersteller könnten damit ebenfalls besser erkennen, ob der Fahrer gefährdet ist, in einen Sekundenschlaf zu fallen und vorhandene Müdigkeitssensoren entsprechend ergänzen. Fast-Food-Restaurants wüssten hingegen etwa, wie viele Leute in der Schlage stehen, während Zuhause die Heizung die Raumtemperatur individuell anpasst – je nachdem, wer gerade im Raum ist. Bars und Clubs wiederum könnten die Geschlechterverteilung besser steuern, damit es keinen männlichen oder weiblichen „Überschuss“ gibt.
Das sind nicht nur mögliche Szenarien, sondern konkrete Anfragen, die IMRSV erhalten hat. Doch nicht alle sind begeistert: Datenschützer und andere User sorgen sich um „Minority Report“-ähnliche Zustände. Jason Sosa, Gründer von Cara versucht allerdings zu beschwichtigen: Cara erkennt keine Einzelpersonen und speichert keine Videos oder Bilder. Lediglich statistische Daten darüber, wie viele Männer und Frauen erkannt wurden, werden erfasst.
Was ist in ein paar Jahren möglich?
Damit mögen im konkreten Fall die größten Befürchtungen ausgeräumt sein, doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass es spätestens in ein paar Jahren möglich sein wird, per Videokamera automatisch Personen zu identifizieren. Unschöne Vorstellung. Doch nicht nur das: Sosa will seine Software auch dazu ausbauen, Emotionen zu erkennen. Ein möglicher Anwendungsfall: Eine Spielzeug-Barbie lächelt zurück, wenn sie angelächelt wird.
Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich das einordnen soll. Grundsätzlich stehe ich technologischen Entwicklungen positiv gegenüber. Im Bereich der Gesichtserkennung sehe ich persönlich auch mehr gute als schlechte Einsatzmöglichkeiten, wobei „gut“ oder „schlecht“ natürlich im Auge des Betrachters liegt.
Doch auch, wenn Cara selbst nicht der Albtraum datensensibler Menschen ist, es ist sicher erst der Anfang. Wir brauchen daher eher früher als später eine Diskussion und vor allem Regulierung von derartigen Technologien, die immer mehr den Einzug in die reale Welt finden werden.
Bild: Flickr / Andrew Grill (CC BY 2.0)