Die Gemüter schlugen hoch nach der Präsentation der neuen Xbox One gestern. Der Name kommt ganz gut an, auch wenn Sony gefühlsmäßig mit der PS 4 und der höheren Zahl eher punktet. Beim Design der Konsole scheiden sich schon die Geister. Die einen finden es ganz cool, eine Rückbesinnung auf die Original-Xbox. Die anderen können es nicht fassen, dass Microsoft seine Next-Gen-Konsole wie einen VHS-Videorekorder aussehen lässt.
Aber das sind letztlich nur Äußerlichkeiten – bei der Wii hat auch jeder gesagt, dass der Name unmöglich sei, und an das Design wird man sich gewöhnen. Wesentlich schwerer wiegen da doch andere Fragen.
Immer mit Kamera?
Die gute Nachricht: Für die Xbox One braucht man kein Kinect mehr kaufen, das ist direkt beim Kauf mit dabei. Und Microsoft brüstet sich damit, das Kamerasystem enorm verbessert zu haben: Erkennung von bis zu sechs Personen, auch in schlecht beleuchteter Umgebung dank Infrarot, und das alles ohne Lag. Sogar eine Drehung des Handgelenks kann die Kamera erkennen, die Kraft von Schlägen beispielsweise wird aus der Armbewegung kalkuliert. Und das System kann Gesichtszüge lesen, ob der Spieler lächelt, ob er wegschaut, ob seine Augen geöffnet sind. „Ars Technica“ wurde außerdem gezeigt, dass das neue Kinect über eine Kombination der normalen und der Infrarot-Kamera sogar den Puls einer Person erfassen kann. Technisch alles sehr beeindruckend, ohne Frage.
Die schlechte Nachricht: Mit der Ankündigung, dass die Konsole und damit die Kamera always on sind, klingt das alles doch auch äußerst bedenklich. Die Xbox „weiß, wer Sie sind, was Sie wollen und wie Sie es wollen“, sagte Yusuf Mehdi, der Xbox-Marketingchef, während der Präsentation. „Sie und Ihr Fernsehen werden eine Beziehung haben“. Diese fällt aber womöglich enger aus, als die meisten Leute eigentlich wollen. Denn Microsoft will die Kamera und ihre Daten nicht nur zum Spielen einsetzen. Die Grenzen zwischen Zuschauer und Schöpfer würden niedergerissen, so Phil Spencer, der Leiter der Gamessparte von Microsoft. Die Nutzer könnten endlich in den kreativen Prozess mit einbezogen werden.
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Und Microsoft? Sammelt dabei unglaubliche Datenmengen, die – kombiniert mit den Daten aus PC- und Handynutzung – einen nahezu vollständigen Überblick über den Mediengebrauch seiner Nutzer geben. Kein Wunder, dass die Wellen bei den Kommentatoren, Bloggern und Twitterern hochschlagen.
Immer online?
Die Frage, die schon alle Gamer vor der Präsentation der PS 4 beschäftigte, stellte sich natürlich auch für die neue Xbox. Muss die Konsole immer online sein? Die Antwort war ein klares Nein. Und ein nicht ganz so klares Ja. Das offizielle FAQ zur Xbox sagt es so:
Nein, sie muss nicht immer verbunden sein, aber die Xbox One braucht eine Verbindung zum Internet.
Häh? Das hat sich Kotaku auch gedacht und nochmal nachgefragt: Klar, für Online-Games, für neuen Download-Content, für manche der neuen Funktionen wird eine Verbindung benötigt. Und bei Single-Player-Games? Auch da braucht die Xbox einen Internetzugang, sagte der Vize-President von Microsoft, Phil Harrison. Alle 24 Stunden müsse sich die Konsole mit dem Netz verbinden. Also irgendwie always on-line, und irgendwie doch nicht.
Sicher ist, dass nichts sicher ist – dafür aber einiges unklar. Denn wenig später ruderte Microsoft schon wieder zurück. Harrisons Äußerungen seien nur ein mögliches Szenario gewesen, ließ man vermelden. „Anstatt Klarheit zu schaffen, sorgt Microsoft für Verwirrung“, wie „The Verge“ zu Recht resignierend feststellt.
Gebrauchte Spiele?
Gleiches gilt auch für die Frage nach gebrauchten Spielen. Auch da geht es noch immer hin und her: Grundsätzlich ja, aber nur gegen Gebühr, will „Wired“ wissen. Dem widersprach Microsofts Xbox-Live-Programmleiter Lawrence „Larry“ Hryb auf seinem Blog „Major Nelson“. Man habe lediglich bekanntgegeben, dass es möglich sein wird, gebrauchte Spiele zu verkaufen oder zu tauschen. Alle darüber hinaus gehenden Szenarien seien Spekulation. Auf Twitter hat zudem der Xbox-Support mittlerweile erklärt, dass es keine Extraentgelte für Gebrauchtspiele geben soll – genaueres zu den Regeln würde demnächst bekanntgegeben.
@modronfixer No fee, correct – and they just got that information wrong. As soon as we saw, we contacted them to correct it. ^EM
— Xbox Support 3 (@XboxSupport3) 21. Mai 2013
Besser wäre, schnellstens ein finales Statement abzugeben und weiteren Gerüchten den Boden zu entziehen.
Was bleibt?
Was bleibt also nach all der Aufregung? Zumindest dies: Die Xbox One ist nicht abwärtskompatibel, bringt eine Kamera ins Wohnzimmer, und ist doch vom Internet abhängig – Punkte, die viele Spieler nicht wirklich begeistern.
Aber vielleicht sind auch gar nicht die Hardcore-Gamer die Zielgruppe? Microsoft hat deutlich mehr vor: Die neue Xbox ist ein Entertainment-System fürs Wohnzimmer und die ganze Familie, eine All-in-One-Set-Top-Box, die nebenbei auch noch ordentlich Gaming-Hardware mitbringt.
Und wer das noch nicht glauben möchte, sollte sich den 1,5-Minuten-Schnitt der Xbox-Präsentation ansehen. Nur für’s Spielen ist die Xbox gar nicht mehr gemacht.
Bild: Microsoft / Xbox Wire