Apples Pläne ein eigenen Streaming-Dienst ans Laufen zu bringen, stocken ein wenig. Der Grund: die Musik-Labels wollen mehr Geld. Was auf den ersten Blick nach der Raffgier aussieht, die der Musikindustrie ja häufig vorgeworfen wird, ist letztlich nachvollziehbar und eigentlich alternativlos.
„iRadio“ sollte schon im Oktober 2012 gelauncht werden
Angeblich wollte Apple seinen wohl „iRadio“ getauften Dienst schon im Oktober 2012 vorstellen, doch es fehlen immer noch die Unterschriften der vier großen Musik-Labels. Immerhin mit dem weltgrößten Label, Universal Music, soll man sich inzwischen einig geworden sein.
Dazu musste Apple sein Angebot aber deutlich aufstocken. Gerüchten zufolge wolle Apple zunächst nur 6 Cent pro 100 abgespielte Songs an die Rechteinhaber ausschütten – nicht einmal die Hälfte dessen, was Pandora an die Lizenzgeber in den USA zahlt. Apple hat inzwischen offenbar eingelenkt und bietet die üblichen 12,5 Cent an. Doch Warner Music und Sony Music, so heißt es, stellen sich weiter quer.
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Apple bietet Lizenzgebühren, Umsatzbeteiligung und Mindestgarantie
Dabei bietet Apple nicht nur eine Lizenzzahlung pro Stream an, sondern auch noch eine Umsatzbeteiligung an den Werbeumsätzen und eine Minimumgarantie an den Werbeeinnahmen. Das klingt ja eigentlich nicht schlecht.
Ist es auch nicht – aber eben ein ziemlich übliches Modell. Im Video-Bereich werden fast ausnahmslos Minimumgarantien vereinbart, die gegen den vereinbarten Anteil an den Werbeeinnahmen gerechnet werden – je nachdem, was höher liegt, wird ausbezahlt.
Während Apple aber darauf pocht, eine relativ geringe Lizenzgebühr bezahlen zu müssen, wollen die Labels verständlicherweise das Maximum rausholen. Die inoffizielle Begründung: Apple hat genügend Geld, die sollen sich mal nicht lumpen lassen.
Musikindustrie ist abhängig von iTunes
Das klingt nach fiesen Musikmanagern – ist aber nicht unbedingt der Fall. Man erinnere sich an iTunes: Apple konnte damals niedrige Lizenzkosten aushandeln und ist heute der wichtigste Musik-Laden der Welt, on- wie offline. Doch mit MP3s wollte Steve Jobs eigentlich nie Geld machen – iTunes war nur das Mittel zum Zweck, nämlich iPods unters Volk zu bringen. Der Plan ist aufgegangen.
Doch für die Musikindustrie entstand eine gefährliche Abhängigkeit von iTunes. Man kann sich vorstellen, dass die Musiklabels nicht gerade begeistert waren, als Apple 2009 den DRM-Schutz von MP3s aufgehoben hat und auch die Untergrenze für Songs von 99 Cent auf 69 Cent gesenkt hat. Auch unvorstellbar, dass sich die Labels für die Piraterie-Amnestie iTunes Match eingesetzt haben.
Musikindustrie kann sich zurücklehnen
Insofern ist es nur verständlich, dass die vier großen Labels sich nicht erneut in die Abhängigkeit von Apple begeben wollen – und anders als beim MP3-Download besteht auch kein Grund, das zu tun. Apple hat den Trend um Streaming-Dienste verschlafen und ist ziemlich spät dran mit seinem Angebot. Inzwischen haben sich Pandora mit 70 Millionen Usern und Spotify mit 24 Millionen Usern, davon sechs Millionen zahlenden, auf beiden Seiten des Atlantiks durchgesetzt.
Und mit jedem Tag, den Google und Apple noch keinen Streaming-Dienst zum Laufen gebracht haben, steigt der Einfluss der Labels und die Nutzerbasis der anderen Dienste. Universal Music & Co. können sich also eigentlich relativ bequem zurücklehnen und auf weitere Zugeständnisse von Apple warten. Denn für Spotify & Co. wird die Luft zweifelsohne dünner, wenn Apple und Google mit ihren Diensten den Markt angreifen. Und um dann wenigstens etwas davon zu haben, wenn Apple mehr und mehr Marktanteile gewinnt, müssen die Labels höhere Lizenzen verlangen als bei Pandora.
iRadio soll iTunes nicht kannibalisieren
Doch auch wenn iRadio vielleicht schon bei der WWDC im Juni vorgestellt wird – ganz überzeugt bin ich von dem grundlegenden Konzept des Streaming-Radios nicht. Als User möchte man doch die volle Freiheit genießen und die Songs zum Hören selbst auswählen. Und wenn man sich berieseln lassen möchte, ist Spotify auch dafür zu haben.
Ein Grund für Apples Konzept ist, dass die iTunes-Umsätze nicht gefährdet werden sollen. Das ist zwar verständlich, steht aber in diametralem Gegensatz zu Steve Jobs Maxime sich lieber selbst zu kannibalisieren, bevor es andere tun. Die anderen sind nämlich schon länger am Werk.