Ich habe den Eindruck, für Marketingmenschen und Computerentwickler bricht gerade Goldgräberstimmung an – nahezu täglich werden neue Studien veröffentlicht, die den Datenwust der sozialen Medien zu analysieren versuchen und zum Teil spannende Ergebnisse zutage fördern.
Eine Million anonyme User-Daten
Stephen Wolfram, Gründer der Antwortmaschine Wolfram Alpha, hat nun so eine Studie mit Daten von mehr als einer Million Facebook-User veröffentlicht. Genau genommen ist es keine einzelne Studie, sondern wiederum ein Wust an Grafiken, Diagrammen und Statistiken.
Dabei griff er auf Daten zurück, die ihm Facebook-User freiwillig und anonym zur Verfügung stellten, wenn sie über Wolframs „Personal Analytics Tool for Facebook“ die Zusammensetzung ihres eigenen Facebook-Freundeskreises anschauen wollten.
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Durchschnittsnutzer haben 342 Freunde
Die Ergebnisse verblüffen zwar nicht unbedingt, sind aber dennoch interessant. So ist die Anzahl der Freunde beinahe perfekt skalenfrei, sprich es gibt ein paar Wenige mit 5.000 „Freunden“ (Facebook zieht da die Grenze), die meisten User haben 342 Freunde (entspricht dem Median). Ein paar eher einsame Menschen gibt es auf Facebook aber auch.
Ich persönlich hätte allerdings gedacht, dass die Anzahl der Freunde normalverteilt (wie z. B. Körpergröße) ist: Manche haben kaum Freunde, manche sehr viele und der Großteil bewegt sich eben um den Durchschnitt. Geirrt!
Freundes-Alter korreliert mit eigenem Alter – bis 40
Weitere Erkenntnisse: Je älter ein User, desto weniger Facebook-Freunde hat er. Und umso jünger ein User, desto mehr sind die Freunde in einem ähnlichen Alter. Während das Durchschnittsalter der Freunde bis zum 40. Lebensjahr stark mit dem eigenen Alter korreliert, werden danach die Freunde verhältnismäßig jünger – vermutlich weil Eltern ihre Kinder und deren Freunde hinzufügen.
Auch eher vorhersehbar: Mit zunehmendem Alter sind Facebook-User eher verheiratet oder gar verwitwet. Interessant ist allerdings, dass die Kurve beinahe eins zu eins dem US-Zensus entspricht. Bei manchen Variablen scheint Facebook also tatsächlich repräsentativ für die Gesamtbevölkerung zu sein, beziehungsweise mit der Realität zu korrelieren – beim Alter allerdings nicht.
Wolfram: Menschen vorhersehbarer als Moleküle
Dennoch: Wolfram, der eigentlich Teilchenphysiker ist, kommentiert, dass Menschen, trotz aller Umstände des Lebens, sich teilweise vorhersehbarer als Moleküle verhalten würden. Interessant ist auch die Verteilung der eigenen Facebook-Freunde, sprich wie vernetzt sind meine Freunde untereinander. Dabei kann man Cluster oder Communities bestimmen, also Schulfreunde, Arbeitskollegen, etc.
Darüber hinaus zeigt Wolfram, dass die Anzahl der unterschiedlichen Cluster zwischen 13 und 30 Jahren auf etwa vier Cluster im Schnitt ansteigt und danach ungefähr dort bleibt. Auch wird analysiert, wie die Cluster zueinander stehen, wobei sich zeigt, dass die meisten User drei Cluster haben, die untereinander verbunden sind.
Tolle Zeiten für Marketingmenschen und Sozialwissenschaftler
Für Marketingmenschen und Sozialwissenschaftler ist die Datenvielfalt ein segenreicher Fundus und öffnet den Raum, besser zu verstehen, wie Menschen – aber auch Konsumenten – miteinander interagieren.
Bemerkenswert ist auch, dass die Daten lediglich in drei Personenwochen aufbereitet wurden – man kann sich also ausmalen, was für ein Potential in Facebook-Daten steckt, wenn man mehr Ressourcen reinsteckt und solche Analysen auf die Gesamtheit des Netzwerks ausweitet.
Korrelation entspricht selten Kausalität
Dabei ist es immer wichtig Korrelation nicht mit Kausalität zu verwechseln und auch sonst nüchtern zu bleiben, was das Potential an Big Data-Analysen betrifft. Daten sind nicht gänzlich objektiv – nur weil ich mit jemandem viel kommuniziere, muss das nicht notwendigerweise mein Freund oder meine Freundin sein; es kann sich eben auch um einen Arbeitskollegen oder gar Vorgesetzten handeln. Und natürlich: Trotz einiger bemerkenswerten Korrelationen sind Facebook-Daten selten repräsentativ.
Dennoch bin ich immer wieder aufs Neue erstaunt, was in so manchen Studien und Analysen alles herausgefunden wird.
Bild: Illustration of the thumbs up symbol / Shutterstock