Vor einigen Monaten wurde mein neues Touchscreen-Notebook (Dell XPS 12) endlich ausgeliefert. Seither nutze ich nicht nur, aber auch Windows 8. Bei all der Kritik am neuen Betriebssystem bin ich persönlich gar nicht so unzufrieden. Zumindest ist der so häufig kritisierte Startbutton, der in Windows 8 verschwunden ist, eines meiner kleineren Probleme. Immerhin: Gerüchten zufolge nimmt Microsoft die Kritik ernst. Startbutton und Boot-to-Desktop könnten bei späteren Releases wieder enthalten sein.
Give Peace a Chance
Mit mittelmäßigen Erwartungen und den besten Vorsätzen wollte ich Windows 8 eine Chance geben. Beim Beta-Release letzten Jahres hatte ich es schon einmal kurz probiert und dann wenig begeistert wieder deinstalliert. Mit der neuen Hardware waren die Voraussetzungen aber nun andere.
Gewöhnungsbedürftig war es trotzdem. Denn eigentlich ist ja einer der größten Vorteile an Windows, dass man es seit Jahren kennt und nicht lange nach bestimmten Einstellungen und Features suchen muss. Windows 8 funktioniert aber im Unterschied zu seinen Vorgängern grundlegend anders; es vereint die klassische Usability mit der Kachelbedienung.
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Nach einigen Monaten Kampf mit alten Gewohnheiten finde ich diese „Doppelbedienung“ durchaus gut – die klassische Windows-Oberfläche zum Arbeiten und die Kacheln für den Tablet-Konsum. Da ja in meinem Fall auch eine Tastatur vorhanden ist, die optimale Lösung.
Mitunter holprige Bedienung
An die neuen Oberflächen kann man sich also gewöhnen. Anders sieht es mit der Bedienbarkeit aus. Je nach Programm muss man nämlich zunächst einmal wissen, ob es sich um eine Desktop-App oder eine App (im modernen Kachel-Sinne) handelt. Denn während bei letzterer die Bedienung in der Regel recht leicht von der Hand geht, sind die Desktop-Apps oftmals mit den Fingern schwer zu bedienen; schon alleine deshalb, weil sie ganz offenbar (immer noch) nicht darauf ausgelegt sind.
Das fängt schon beim Browsen an. Mit der Google-Such App sowie mit dem hauseigenen Internet-Explorer (der selbst eine Desktop-App ist) fliegt man durchs Netz. Mit Chrome oder Firefox ist die Fingerbedienung mehr als holprig: die Buttons fallen (auch wegen der hohen Auflösung) zu klein aus, beim Zoomen hakt es. Nicht ganz freiwillig habe ich mich deshalb wieder etwas mit dem Internet Explorer angefreundet. Vielleicht wird sich das mit der kommenden Touch-Variante von Firefox wieder ändern.
Aber auch hier gilt: Wer einmal die „Workarounds“ verinnerlicht hat, der weiß wo es hakt. Das ist allerdings nicht so richtig befriedigend. Nach meinen Erfahrungen kam niemand, der Windows nur kurz in den Händen hatte, sofort gut damit zurecht. Die Bedienung herkömmlicher Programme auf kleineren Screens mit hoher Auflösung ist deshalb für mich das derzeit größte Usability-Problem. Zu oft scheitert die Eingabe mit den Fingern.
Flüssig und schnell, mit Bugs an Bord
Alles in allem läuft Windows 8 äußerst stabil. Ich hatte bislang keine Abstürze, insgesamt reagiert alles überaus flüssig. Wenn man sich einmal die Gesten angewöhnt hat, können Programme beispielsweise leicht gewechselt werden. Zum Arbeiten ist das wirklich effizient. Ohnehin ist das OS darauf ausgelegt, dass die verschiedenen Apps/Programme einfach geöffnet bleiben.
Nur mit der Screen-Bedienung läuft es nicht immer Rund. Grundsätzlich reagiert alles, was nicht App ist, schlechter auf meine Fingereingabe; Zoomen oder Klicken klappt manchmal nicht. Immer mal wieder will sich mein Monitor auch plötzlich gar nicht mehr per Finger steuern lassen, mitunter auch beim Anmelden. Mehrfach konnte ich das virtuelle Keyboard zudem nicht benutzen.
Individuell nur in der Werbung
Die aktuelle Windows Kampagne macht ja ganz schön einen auf „alles ganz individuell“. Mit ein bisschen Anstrengung hätte man das vielleicht auch umsetzen können, zum Beispiel mit einer einfachen (und von Windows durchaus gewohnten) leicht anpassbaren Oberfläche. Mit Farben und Bildern nach eigenem Geschmack. Die Kachel-Landschaft gibt das allerdings nicht her – zu ihrer Gestaltung stehen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Verfügung. Auch hätte sich Microsoft mit einer komplett frei gestaltbaren Anordnung der Apps von der Apple-Konkurrenz abheben können. Stattdessen muss man sich einem relativ starren Raster beugen.
Das in der Werbung versprochene Individualitäts-Gefühl wirkt also recht absurd. Eine konsequente Übertragung des (geliebten) Desktop auf die neue Oberfläche, gemacht für die Finger-Bedienung, anpassbar, bunt und wenn gewollt auch chaotisch – das hätte ich erwartet. So sind die bunten Quadrate in ihrer Gesamtheit eher graue Mäuschen. Immerhin gibt es ja noch den klassischen Desktop, als App halt.
Ähnlich inkonsequent verhält es sich auch mit dem neuen Kommunikationspaket. Microsoft legt einem natürlich eine hauseigene Adresse nahe. Jüngst hat Microsoft ohnehin alle Nutzer der Mail-Angebote auf die neue Outlook-Plattform überführt. Auch hier wäre es ein leichtes gewesen, eine App zu erstellen, die genauso aussieht und funktioniert wie ihre Online-Version. So sieht die Mail-App lediglich so ähnlich aus und ist dabei weniger gut zu benutzen.
Die lautesten Beschwerden
Eine Gnadenfrist ist dennoch weiter angebracht. Schließlich ist ein neues Windows ohne Service-Pack ja ohnehin mehr oder weniger bloß eine Beta-Version. Wann und in welcher Form ein solches Update veröffentlicht wird, darüber wird derzeit fleißig spekuliert. Viele erwarten, dass das angeblich noch dieses Jahr erscheinende Windows Blue eine Art Windows 8.1 wird.
Wie ZDNet-Reporterin Mary Jo Foley aus internen Quellen erfahren hat, diskutiert man bei Microsoft über Verbesserungen. Die häufigsten Beschwerden der Nutzer betreffen dabei den fehlenden Start-Button und die Möglichkeit, direkt auf den Desktop zu booten. Bei Geräten ohne Touchscreen macht die Kachel-Oberfläche nämlich schlicht und ergreifend nur eingeschränkt Sinn. Die Chancen, dass Microsoft hier zu seinen Konsumenten zurückrudert, stehen möglicherweise gar nicht so schlecht.
Shop verbesserungswürdig
Der hauseigene Shop wirkt immer noch etwas unbrauchbar. Angeblich gibt es mittlerweile 50.000 Apps. Zum Stöbern ist der Windows Store gut angelegt, allerdings ist das Angebot oft eine lange Spamliste. Irgendwie hat man keine Lust, hier Geld für Apps auszugeben; vor allem werden die Erwartungen oft enttäuscht.
So sind einige der üblichen Verdächtigen vorhanden (Skype, Shazam), andere Apps fehlen aber leider oft (Dropbox, Spotify). Das kann man zwar alles auch so installieren, genau dieser Logikbruch nimmt aber der Bedienung die Leichtigkeit. Damit der Store wirklich ernst genommen werden kann, muss er nach meinem Geschmack noch deutlich an Qualität und Quantität zulegen. Ich habe mittlerweile bereits die Lust verloren und schaue nur noch selten im Windows-Store vorbei.
Update, bitte
Insgesamt bleibe ich trotzdem recht versöhnlich mit Windows 8. Auch beschränkt sich mein Urteil auf die Benutzung mit einem leistungsfähigen Touchscreen-Notebook. Bei einem anderen Gerät sähe mein Urteil ganz bestimmt anders aus – ein Tablet ohne Tastatur mit Windows 8 halte ich für unbedienbar und bei einen Desktop PC macht der ganze Kachel-Kram keinen Sinn.
Trotz des Jammerns: Ich bin froh, dass es endlich (!) ein einigermaßen funktionierendes Windows für moderne Geräte gibt und will einfach glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die beschriebenen Probleme verbessert werden. Stabilität und Performance sind soweit schon einmal super; und der Screen funktioniert ja auch meistens.
Ein Service (Blue) Pack sollte die ein- oder andere Baustelle hoffentlich bald beheben. Update, bitte.
Bild: Microsoft