Vor sechs Wochen habe ich geschrieben, dass Google und die EU irgendwie nicht warm miteinander werden. Das wird sich wohl so schnell nicht ändern, denn es droht neues Ungemach: Eine Gruppe namens Fairsearch Europe hat eine offizielle Beschwerde gegen Android eingelegt.
Microsoft beschwert sich über unfaire Geschäftspraktiken
Die Gruppe beschuldigt laut „New York Times“ den Suchmaschinenkonzern, die Vormachtstellung seines mobilen Betriebssystems auszunutzen und somit firmeneigene Apps – YouTube, Maps, etc. – auf unfaire Art zu pushen.
Die Beschwerde bekommt eine leicht würzige Note, wenn man sieht, wer hinter Fairsearch Europe steht: Neben Expedia und tripadvisor stecken auch Nokia, Microsoft und Oracle hinter der Allianz – das passt nur gut, denn besonders die letzten beiden haben ja schon mehrfach eigene Erfahrungen mit Kartellrechtsverfahren der EU-Kommission machen dürfen.
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Konkret wirft Fairsearch Europa Google vor, Gerätehersteller, die Android nutzen, vertraglich dazu zu verpflichten, Apps wie YouTube prominent auf dem Startbildschirm zu platzieren. Da Android aber auf 70 Prozent der verkauften Smartphones installiert sei, missbrauche Google somit seine marktbeherrschende Stellung.
Ähnlichkeit mit gegenwärtigem Verfahren der EU-Kommission
Im Grunde ähnelt die Beschwerde der Ermittlung der EU-Kommission, inwieweit Google seine Monopolstellung im Suchmaschinen-Markt nutzt, um eigene Dienste in den Suchergebnissen zu promoten. Zwar wollte EU-Kommissar Joaquín Almunia die neue Beschwerde nicht weiter kommentieren, gab aber zu Protokoll, dass seine Mitarbeiter das Android-Betriebssystem unabhängig vom gegenwärtigen Verfahren untersucht hätten.
Das deutet eigentlich darauf hin, dass die EU-Kommission nichts Anrüchiges bei der Vernetzung von Android mit anderen Google-Apps gefunden hat, doch bei einer offiziellen Beschwerde muss die Kommission entweder ein Verfahren aufnehmen oder es komplett fallen lassen.
Ich weiß offen gestanden nicht, was ich von der Beschwerde halten soll. Es ist sicherlich ein gutes Recht jedes Marktteilnehmers sich über unlautere Geschäftspraktiken der Wettbewerber zu beschweren, auch – oder vielleicht gerade wenn man selbst schon für schuldig befunden und zurechtgestutzt wurde.
Android finanziert sich durch Werbung in Google-Apps
Was ich nicht weiß, ist, ob die Beschwerde an sich gerechtfertigt ist. Sicherlich, Google und Android haben einen enorm hohen Marktanteil, bei dem es mehr als sinnvoll ist, dem Konzern genau auf die Finger zu schauen. Doch es ist auch klar, dass hier nicht die Heilsarmee am Werk ist und dass Google Android nicht entwickelt um die Welt zu verbessern.
Android wird durch Werbung in Google-eigenen Apps finanziert – da ist es nicht nur verständlich, sondern auch notwendig, dass man seine Produktpalette eng miteinander verzahnt. Ob man dadurch das Recht hat – sofern es stimmt – Gerätehersteller zur Platzierung zu verpflichten, steht auf einem anderen Blatt.
Welche Alternative hat Google?
Doch was wäre die Alternative für Google, wenn man YouTube und Maps nicht mehr mit Android bündeln darf? Man bedenke, dass Amazon mit dem Kindle und nun Facebook mit Facebook Home das Android-Betriebssystem schon für die eigenen Zwecke kastrieren und umbauen. Wenn ich Google wäre, würde ich mir gut überlegen, ob ich im Falle des Falles Android weiter als Open Source-Projekt laufen lasse.
Die Krux ist allerdings, dass auch bei einer geschlossenen Plattform wie iOS oder Windows kartellrechtliche Beschwerden nicht ausgeschlossen sind, wie Microsoft mit dem Internet Explorer erfahren musste. Der Unterschied hier ist jedoch, dass YouTube und Maps auch ohne Android bereits marktführend waren; der IE hingegen hat erst durch die Verknüpfung mit Windows an Marktanteilen gewonnen.
Der Ausgang eines möglichen Verfahrens ist also ungewiss. Dennoch plädiere ich dafür, dass es Google – und jedem anderen Unternehmen – durchaus erlaubt sein muss, seine erfolgreichen Dienste miteinander zu koppeln, ohne Kartellrechtsverfahren fürchten zu müssen. Denn das behindert im Zweifel Innovation und Wettbewerb – und das will die EU-Kommission ja eigentlich fördern.