„Pssst… tolino schläft“. Darüber strahlt ein mit drei Strichen angedeutetes Gesicht zufriedene Entspannung aus. Wirklich leise sein muss man freilich nicht, denn der „schlafende“ tolino ist ein E-Book-Reader im Ruhezustand, der sich ausschließlich per Schiebeschalter aufwecken lässt. Aufgewacht sind vor kurzem auch die Größen des deutschen Buchhandels, die den tolino shine in Kooperation mit der Deutschen Telekom vor zwei Wochen auf den Markt gebracht haben. Uns hat die Ankündigung neugierig gemacht. Also Fax geschickt, Gerät erhalten und näher unter die Lupe genommen.
Erster Eindruck: positiv
Der erste Eindruck dabei: durchgehend positiv. Ich hatte ja bereits einige E-Book-Reader in der Hand – unter anderem den Bookeen HD FrontLight, den Kindle und den Kobo Glo – und der tolino shine gehört hier in Sachen Verarbeitung klar zu den Primussen. Die Kunststoffhülle überzeugt durch angenehme Haptik, hochwertige Optik und eine rutschfeste Oberfläche. Die physischen Tasten sind exakt eingepasst – da wackelt nichts. Einzig der zentral auf der Vorderseite angeordnete Start-Button ist ein wenig zu schwergängig geraten. Ihm zur Seite stehen noch der Ein-Aus-Schalter und eine Taste für die Display-Beleuchtung; Tasten zum Blättern gibt es nicht.
Ein etwas zwiespältiges Gefühl hinterlässt bei mir allerdings die am unteren Rand integrierte Abdeckung für microUSD-Buchse, microSD-Einschub (Speicherkarten bis 32 GB werden unterstützt) und Reset-Knopf. Diese ist zwar recht leicht mit dem Fingernagel zu öffnen und am Gerät zweifach befestigt – verlieren also unmöglich; insbesondere das Schließen kann jedoch ein bisschen fummelig werden, da sich die Kappe manchmal etwas verhakt.
Neue Stellenangebote
Marketing Specialist Content Management & Social Media (m/w/d) Südwolle Group GmbH in Hybrid, Schwaig bei Nürnberg |
||
Praktikant Marktforschung Consumer Insights & Social Media Monitoring (w/m/d) Ferrero MSC GmbH & Co. KG in Frankfurt/M. |
||
Online-Marketing-Manager – Performance Marketing (m/w/d) – Medienkaufmann, Social Media Manager, Verlagskaufmann, Content Marketing Manager, Digital Marketing Manager DELIFE GmbH in Ebersdorf |
Auch bin ich nicht sicher, wie der Mechanismus nach einem Jahr intensivem Gebrauch aussieht – das ständige Auf und Zu beim Aufladen etc. dürfte irgendwann seine Spuren hinterlassen. Für die Lösung spricht natürlich, dass Staub und Fusseln keine Chance haben, die Eingänge zuzusetzen. Ich persönlich bevorzuge aber die offene Variante, die nicht zuletzt bei der Nutzung eines zusätzlichen Covers ihre Vorteile haben dürfte.
Preis: ab 99 Euro
Erhältlich ist der beleuchtete Lesefreund bei Thalia, Bertelsmann, Hugendubel, Weltbild und der Telekom derzeit zum Preis ab 99 Euro. Seine Mission: die Vorherrschaft von Amazon, Kobo und Co. eindämmen. Damit das gelingt, hat die Allianz für E-Book-Deutschland ihrem neuen Paradepferd ein paar zusätzliche Extras verpasst. So erhält der shine deutschlandweit freien Zugang zu sämtlichen HotSpots der Deutschen Telekom.
Deren Zahl beträgt derzeit über 11.000; zudem werden im Rahmen der FON-Initiative in den kommenden Jahren tausende hinzukommen. Vergleichbares hat bisher lediglich Amazon mit der UMTS-Variante seiner Reader auf Lager – wenn zweifelsohne auch mit weitaus größerer Flexibilität und Reichweite. Außerdem lässt Amazon seine Kunden weltweit über das Mobilfunknetz im Book-Shop stöbern; die Telekom beschränkt die HotSpot-Nutzung hingegen auf das Inland. Hier wird leider Potenzial verschenkt.
Speichermangel herrscht dafür nicht. So stehen für die lebenslange Bücher-Verwahrung via TelekomCloud jeweils 25 GB Speicher zur Verfügung; auch extern erworbene E-Books lassen sich hier auf Wunsch ablegen. Die über den Geräte-Shop erworbenen Titel landen automatisch auf der Online-Festplatte und werden erst bei Aufruf vollständig in die Bibliothek auf dem E-Reader geladen. Selbst bietet dieser für eigene Inhalte 2 GB Speicher. Wird auf dem Gerät ein Buch gelöscht, verbleibt es trotzdem im Cloud-Archiv.
Augen auf bei der Shop-Wahl
Welcher E-Book-Shop vorinstalliert ist, hängt übrigens davon ab, wo ihr euren tolino kauft: Unser Reader stammte von Bertelsmann „Der Club“. Seid gewarnt: Deren E-Book-Shop ist in Sachen Bedienung und Komfort nicht unbedingt die erste Wahl. Beispielsweise mussten wir für die erforderliche Neuregistrierung im Bertelsmann-Laden erst einmal auf einen Computer ausweichen. Auf dem E-Reader selbst gestatteten uns die Gütersloher hingegen nicht, ihrem „Club“ beizutreten. Umständlich und unverständlich. Bei Thalia etwa ist eine Direkt-Registrierung hingegen kein Problem.
Auswirkungen hat die Shop-Wahl auch auf andere Dinge: So wird der angebundene Cloud-Speicher generell über den Buchhändler verwaltet; auch Apps für Smartphone oder Tablet werden über diesen bereitgestellt – oder eben nicht. Vorab einen Blick darauf zu werfen, was Weltbild, Thalia, Telekom und Co an Extra-Features zu bieten haben, kann also nicht schaden. Das Angebot an Büchern soll sich derweil nicht unterscheiden: rund 300.000 Titel sind angeblich jeweils zugänglich. Noch wichtig zu wissen: Eine Shop-Bindung gibt es nicht.
Display mit kleinen Schwächen
In Sachen Display unterscheidet der tolino sich erst einmal nicht von den anderen Readern mit HD-Attribut, also einer Auflösung von 1.024 x 758 Pixeln. Dennoch wirkte die Anzeige unseres Gerätes immer mal wieder punktuell leicht verwaschen und unscharf – die Ursache habe ich nicht endgültig klären können, vermutlich war das aber ein Nebenprodukt der bei E-Ink-Bildschirmen typischen Ghosting-Effekte. Diese lassen sich leider nicht eindämmen – anders als Paperwhite, Glo und Co erlaubt es der tolino nicht, die Auffrischungsrate individuell anzupassen.
Die Touch-Funktionen werden über Infrarot-Sensoren gewährleistet – Multi-Touch ebenfalls Fehlanzeige. Für meinen Geschmack etwas zu dunkel fällt die Hintergrundbeleuchtung aus. Die Ausleuchtung selbst ist hingegen relativ gleichmäßig mit leichter Schattenbildung am unteren Rand – ein Phänomen, das aber auch bei anderen Modellen durchaus gängig ist.
Übersichtliches User Interface
Diesen fast schon ein Stück voraus ist der tolino durch sein übersichtliches User Interface. Die Startseite teilt sich in zwei Bereiche: oben die letzten drei Bücher und der Zugang zur Bibliothek, unten der Shop. Am oberen Rand finden sich darüber hinaus eine Statusleiste inklusive Uhrzeit und WLAN-Status, sowie darunter der mit drei übereinander liegenden Strichen gekennzeichnete Menüeinstieg und die via Lupe markierte Suchfunktion.
Auch ohne Anleitung hat man sich hier innerhalb weniger Minuten zurechtgefunden. Das Menü etwa bietet sämtliche Einstellungen und Informationen zu Gerät, Book-Shop, TelekomCloud, Speicher und Kopierschutz auf einen Blick in Listenansicht. Auch die Firmware lässt sich hier updaten.
Wie beim Kindle ist hier zudem der Browser (Startseite Google) zu finden, mit dem man auch über die Telekom HotSpots frei surfen kann. Eine Begrenzung auf den Book-Shop, wie sie bei Amazons UMTS-Modellen vorhanden ist, wurde dem tolino nicht auferlegt. Im Test an einem HotSpot in der Kölner Südstadt gab es keine Probleme – die Verbindung wurde automatisch und zügig aufgebaut. Optimal.
Lesen mit einer Hand? Kein Problem!
Und das Lesen? Geht auch. Aber im Ernst: Sogar bequem und mit nur einer Hand; schön ist außerdem, dass der Shine beim Aufwecken aus dem Ruhezustand wieder an der zuletzt gelesenen Stelle beginnt. Auch wird das Licht gegebenenfalls automatisch reaktiviert.
Im Lesemodus besteht der Bildschirm aus drei Sektionen. Links und rechts sind die Blättern-Zonen angeordnet, auf denen sich durch Antippen beziehungsweise Wischen ein Seitenwechsel vollziehen lässt. Entscheidet man sich für die Wischbewegung, kann der tolino von Rechts- wie Linkshändern bequem mit einer Hand bedient werden.
In der Mitte wird durch Antippen ein Menü aufgerufen, in dem sich bei EPUB-Büchern etwa Schriftgröße und –Art einstellen oder Lesezeichen setzen lassen. Auch die Helligkeit des Displays lässt sich hier regulieren. Zudem gibt es die Möglichkeit, Inhalte bei Facebook zu teilen, nach Wörtern zu suchen, zu einer bestimmten Seite zu springen oder das Inhaltsverzeichnis aufzurufen. Eine automatische Silbentrennung ist ebenfalls vorhanden. Komplett abwesend sind hingegen Wörterbuch- oder Markierungsfunktionen.
Auch wer häufiger PDF-Dateien konsumiert, sollte sich den Griff zum tolino gut überlegen: Da der E-Reader kein reflow, also die Anpassung an die Bildschirmgröße, unterstützt, lassen sich Dokumente im Adobe-Format vergleichsweise schwer lesen – inklusive mancher Scroll- beziehungsweise Zoom-Orgie und mitunter langen Ladezeiten beim Textaufbau.
Um das zu umgehen, haben die tolino-Entwickler netterweise eine Direkt-Umwandlung von PDF in TXT-Dokumente integriert. Dies hat den Vorteil, dass der Text an den Bildschirm angepasst wird und auch in Größe und Schriftart veränderbar ist; im Gegenzug gehen aber alle Formatierungen flöten. Bei einem Dokument fehlte uns im Test zudem nach der Konvertierung die letzte Seite. Fazit: Noch ausbaufähig.
Performance ausbaufähig
Gleiches gilt für die allgemein Performance des Readers. Hier heißt es doch recht häufig „Bitte warten…“. An der verbauten Hardware kann es eigentlich nicht liegen: 800-MHz-CPU und 256 MB RAM sind zwar nicht die Welt, sollten aber für deutlich mehr Vortrieb sorgen. Womöglich ist hier also einfach noch etwas Feinabstimmung am Android-basierten OS notwendig.
Nichts sagen können wir zur Akkulaufzeit: Ein Testzeitraum von zwei Wochen ist dafür einfach zu kurz. Laut Hersteller sind aber bis zu sieben Wochen drin, was durchaus realistisch klingt. Unklar ist jedoch, ob sich dieser Wert auf die Nutzung mit aktivierter Beleuchtung bezieht und auf welcher Tagesgrundlage gerechnet wird.
Fazit: Einstand gelungen
Alles in allem können wir konstatieren: der tolino macht seine Sache wirklich gut. Zwar besteht an vielen Stellen noch Optimierungsbedarf – etwa wäre eine Ausweitung der unterstützten Formate nicht schlecht; größere Patzer gibt es jedoch nicht. Die kostenfreie HotSpot-Nutzung ist fast schon ein Killer-Feature, selbst wenn ein weltweiter Zugriff bisher nicht möglich ist. Auch die Firmware läuft weitgehend stabil – lediglich einmal konnten wir den Reader partout nicht mehr aus dem Ruhezustand erwecken.
Und nein: der Akku war nicht leer. Nach dem Anschluss des Ladekabels und der Zufuhr frischer Energie gab es Sekunden später plötzlich einen Neustart und alles funktionierte wie gewohnt. Also kein Grund zur Sorge: derartige Kinderkrankheiten sind normal und werden in der Regel zügig per Update behoben.
Aller Anfang ist eben schwer – im Fall des tolino shine ist der Einstand aber weitestgehend gelungen. Wäre der Reader Ende letzten Jahres auf den Markt gekommen, hätten es Amazon, Kobo und Co. im Weihnachtsgeschäft sicher schwer gehabt. So ist bereits viel Zeit verschenkt worden. Ich befürchte fast: Zu viel, um die Gewichte noch entscheidend zu verschieben.
Die wichtigsten Details auf einen Blick
Bilder: Christian Wolf / BASIC thinking; Screenshot