Nach Palm und HP ist nun wohl der Nächste an der Reihe: LG hat das mobile Betriebssystem webOS gekauft und will es in seine Smart-TVs einbauen. Für Google TV ist die Ankündigung ein leichter Rückschlag, für LG ein schwieriges Unterfangen.
LG fährt zweigleisig
Bislang war LG Partner von Google und verkaufte zwei Google TV-Geräte, dieses Jahr sollen sogar sieben neue Geräte dazukommen. „Für die Android-Fans“, wie Skott Ahn, Chief Technical Officer bei LG, erklärte.
Doch anscheinend will man sich nicht alleine auf Google verlassen und werkelt nun am proprietären Betriebssystem für die eigene Mattscheibe. Ich bin zwar kein Programmierer, aber anscheinend gibt es genügend Überlappungen zwischen Smartphones und Smart-TVs, dass sich der Einkauf des glücklosen webOS lohnt.
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Palm wurde damit ja schon nicht glücklich, dann übernahm Hewlett-Packard, stellte Mitte 2011 die Entwicklung von webOS-Geräten ein und übergab das System der Open-Source-Gemeinde, nachdem sich einfach kein Käufer auftreiben ließ – eben bis jetzt. Seit dieser Woche ist HP wieder im Tablet-Markt vertreten und setzt dabei ganz bewusst auf Android, während LG nun einen anderen Weg gehen will – wenn auch in einer anderen Gerätekategorie.
Das Problem von Google TV ist nicht die Software
Dieser Schritt ist sehr von Optimismus geprägt. Vielleicht auch ein wenig von Verzweiflung, denn Google TV findet bislang keinen reißenden Absatz. Doch das liegt vermutlich weniger an der Oberfläche als an dem fehlenden Zugriff auf Sender-Mediatheken und andere Premium-Inhalte. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass es LG im Gegensatz zu Google gelingt, Allianzen mit den Sendern zu schließen, doch schwierig wird das allemal.
Hinzu kommt, dass proprietäre sich geschlossene Betriebssysteme sich selten lange gehalten haben: Auf dem Computer gibt es – liebe Linux-Fans, nicht böse sein – eigentlich nur Windows und deutlich abgeschlagen Mac OS X. Im Smartphone-Markt dominieren Googles Android und Apples iOS. Windows Phone 8 und BlackBerry liegen derzeit noch weit dahinter auf Rang drei und vier. Die selbe Entwicklung wird auch irgendwann bei TV-Geräten einsetzen, sprich es wird zwei, maximal drei Betriebssysteme geben, die sich den Markt untereinander aufteilen werden. Apple beweist zwar eindrucksvoll, dass man auch mit einem eigenen Betriebssystem Erfolg haben kann, doch das ist eher die Ausnahme als die Regel.
Starke Netzwerkeffekte und hohe Multi-Homing-Kosten
Der Hauptgrund dafür heißt Netzwerkeffekte: Sprich, Entwickler fokussieren sich auf weit verbreitete und attraktive Plattformen, was dazu führt, dass diese Plattformen noch attraktiver werden. Gleiches gilt für die User: Man kauft weit verbreitete Systeme und verbreitet sie damit noch weiter. Hinzu kommt, dass die sogenannten Multi-Homing-Kosten beim Fernseher hoch sind. Während es noch halbwegs möglich ist, zwei unterschiedliche Smartphones oder Spiele-Konsolen zu benutzen wird sich wohl keiner zwei Fernseher ins Wohnzimmer stellen.
Die gute Nachricht für LG ist, dass der Markt noch nicht aufgeteilt ist und da noch sehr viel passieren kann – es könnte also durchaus sein, dass sich webOS durchsetzt. Denn LG hat den Trumpf im Ärmel nicht nur TV-Geräte herzustellen. Vorstellbar wäre auch, dass webOS Einzug in den LG-Kühlschrank, die Waschmaschine, den Laptop und den Bluray-Player findet – wodurch die Geräte mehr oder weniger sinnvoll miteinander kommunizieren könnten.
LG muss lizenzieren – aber an wen?
Doch dagegen spricht, dass webOS zunächst ausschließlich auf LG-Geräten eingesetzt wird. Um Netzwerkeffekte ausnutzen zu können, müssten die Südkoreaner das Betriebssystem schon an andere Hersteller lizenzieren, damit die Verbreitung steigt. Unklar ist derzeit, ob webOS im Open Source-Stadium bleibt und somit frei verfügbar ist. Doch dessen ungeachtet werden Samsung & Co. einen Teufel tun und sich ohne Not in die Abhängigkeit ihres Wettbewerbers begeben.
Es wird also äußerst schwierig für LG, mit webOS einen nachhaltigen Erfolg zu landen. Für Google TV stehen langfristig die Chancen einfach besser, weil man schon zahlreiche Partner an Bord hat. Und um die Kinderkrankheiten auszumerzen und der TV-Plattform zum Erfolg zu helfen, hat man sich vor wenigen Wochen hinter verschlossenen Türen mit der Hardware-Elite in Seoul getroffen, um gemeinsam Verbesserungen zu diskutieren. Mit am Tisch saß auch LG. Das Unternehmen scheint sich also durchaus bewusst zu sein, dass man wohl doch auf Google TV angewiesen ist.
Bild: LG