Nunja, da ist es also: BlackBerry 10 von – und hier kommt schon die erste Überraschung des Abends – BlackBerry. Research in Motion ist hingegen Geschichte. Der schon immer recht hakelig anmutende Name des kanadischen Unternehmens wird eingemottet. Neustart eben. Nimmt man allerdings den Applaus des zur großen BB-10-Geburtstagsparty geladenen Publikums als Gradmesser für den Erfolg der Plattform, dann sieht es wohl düster aus. Nur verhalten bezeugte der Saal seinen Zuspruch zur gebotenen Show. Das alles heißt aber freilich nichts – der Funke muss schließlich beim Kunden zünden.
Technisch auf der Höhe der Zeit
Ob er das tun wird? Die Chancen stehen zumindest nicht schlecht, denn das neue System scheint sowohl optisch als auch technisch durchdacht und gelungen. Zwei Geräte machen den Anfang: das BlackBerry Z10 mit 4,2 Zoll Touch-Display, 1,5-GHz-DualCore-CPU, 2 GB RAM, 16 GB, per microSD-Karte erweiterbarem, Speicher, 8-Megapixel-Kamera sowie NFC- und LTE-Unterstützung. Die Display-Auflösung beträgt 1.280 x 768 Pixel bei 356 ppi – und schlägt damit auch das iPhone 5. Klingt nicht schlecht – und bekommt in ersten Reviews bei „TechCrunch“ oder „Spiegel Online“ durchaus anerkennende Worte.
Das zweite Modell nennt sich BlackBerry Q10 und kommt klassisch mit einer physikalischen Tastatur sowie einem 3,1-Zoll-Touchscreen. Weitere Details lassen sich derzeit noch nicht bei BB abrufen. Laut „Engadget“ hat das Q10 aber ein Super-AMOLED-Display mit einer Auflösung von 720 x 720 Pixeln. Unter der Haube finden sich ebenfalls ein 1,5-GHz-DualCore-Prozessor, 2 GB RAM und 16 GB Speicher.
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Schnell verfügbar – mit mehr als 70.000 Apps
Erhältlich sind die Geräte je nach Land bereits in den nächsten Tagen und Wochen. BlackBerry vermeidet damit die Fehler, die insbesondere Nokia und Microsoft bei Vorstellung des Lumia 920 viel Kritik eingebracht haben – etwas vorzustellen und erst Monate später liefern zu können. Gut, ob BlackBerry tatsächlich liefern kann, bleibt abzuwarten. Versprochen ist es zumindest. In BlackBerry-Fanien, äh, Großbritannien, soll das BB Z10 etwa schon morgen zu haben sein – Preise noch unklar und abhängig von den Vertragskonditionen der Provider. Im BB-Heimatmarkt Kanada ist das Touchscreen-only-Gerät hingegen ab 5. Februar erhältlich – mit 3-Jahres-Vertrag für rund 150 Dollar. In den Vereinigten Arabischen Emiraten geht es ab 10. Februar und in den USA im März los. Das BB Q10 wird weltweit hingegen erst ab April starten. BlackBerry will demnächst weitere Details bekanntgeben.
Und was ist mit Deutschland? Tja, es heißt abwarten. Ich vermute jedoch, dass es auch hier spätestens im März großflächig losgehen wird. Vodafone hat jedenfalls bereits getwittert, dass man das BB Z10 ab Februar führen will.
Neben der zeitnahen Verfügbarkeit umschiffen die Kanadier auch eine zweite Falle, über die sich jede neue Plattform hinwegretten muss: Fehlende Apps. Hier hat BlackBerry, ehemals RIM, offenbar gut vorgesorgt – auch dank umfangreicher Förderprogramme für Entwickler. Das Ergebnis darf durchaus beeindrucken: Über 70.000 Apps sollen bereits zum Start verfügbar sein, darunter mehr als 1.000 der weltweit begehrtesten „Top-Apps“. Zu diesen zählt BB unter anderem Skype, WhatsApp, SAP, Angry Birds StarWars, Facebook, Twitter, SoundCloud, Rdio oder Box. Mehr hatte bisher kein Mobil-OS bei Markteinführung zu bieten. Das ist eine Hausnummer. Gut gemacht. Das Henne-Ei-Problem ist damit sofort vom Tisch.
Alles fließt – oder soll es zumindest
Muss also nur noch das System selbst überzeugen. Hier hat sich BB einiges einfallen lassen. Stichwort: Flow. Das Konzept steht für Multitasking und fließende Slide-Bewegungen – alle Aufgaben lassen sich mit elegantem Wischbewegungen in verschiedene Richtungen ausführen. Alles scheint von überall aus zugänglich zu sein.
Stichwort Übersicht durch Hubs: An sich nichts Neues, hat BlackBerry die dahinter stehende Idee offenbar konsequent umgesetzt. So finden sich im Posteingang etwa sämtliche Nachrichten – egal ob E-Mails, Tweets, SMS, Facebook- oder Linkedin-Mitteilungen. Alles an einem Ort – was Microsoft mit den Hubs in Windows Phone einmal versprochen hatte, setzt BB um. Zudem ist der Nachrichteneingang durch die sogenannte „Peek“-Funktion von überall zugänglich. Gleiches gilt für den Kontakte-Hub: Hier sind auf einen Blick nicht nur sämtliche Kontakt-Details zu gespeicherten Personen ersichtlich, sondern auch deren aktuelle Mitteilungen.
Stichwort Startscreen: Beim BB Z10 zeigt dieser neu eingegangene Nachrichten sortiert nach Quelle und Art sowie aktuelle Termine und verfügt über einen Schnellzugriff auf die verbaute Kamera – womit wir unweigerlich beim Thema Foto-Features landen. Hier bietet BB10 beispielsweise eine Time-Shift-Funktion, mit der sich nachträglich der beste Moment einer Aufnahme auswählen lässt. Zudem liefert BB nativ umfangreiche Filterfunktionen mit.
Stichwort virtuelle Tastatur: Hier gilt das Motto: „Writing without Typing“ – Nachrichten sollen sich durch schnelle Wischbewegungen und eine automatische Worterkennung im Handumdrehen schreiben lassen – ohne nerviges Antippen jedes einzelnen Buchstabens. In der Vorführung sah das durchaus beeindruckend aus, zumal offenbar nahtlos zwischen verschiedenen Sprachen gewechselt werden kann.
Stichwort Bildschirm-Teilung: Bei Video-Telefonaten ist es möglich, den Inhalt des eigenen Smartphone-Displays für andere zugänglich zu machen, um etwas zu zeigen oder vorzuführen.
Stichwort Balance: Dieses Konzept steht für die Integration von Privat- und Arbeitsleben in einem Smartphone, wobei der Business-Part direkt von der Firma kontrolliert wird. Zu diesem Zweck bringt BB10 etwa zwei getrennte App-Bereiche mit – einen für private Apps und einen für berufliche Anwendungen. Das in letzter Zeit so oft bemühte Bring-your-own-Device-Mantra wird so elegant ausgehebelt.
Weitere Features des neuen Systems könnt ihr euch selbst vorführen lassen – mit den online abrufbaren BB10-Demos anhand des BB Z10. Einen Überblick bietet außerdem das Video:
Der Kunde hat das Wort
Vieles wird sich in der Praxis natürlich erst beweisen müssen. Mitunter hatte ich während der Präsentation den Eindruck, dass sich in den Tiefen von BB10 eine Menge verschachtelter Menüs verstecken – eine gewisse Einarbeitungszeit wird also sicherlich nötig sein. Vielleicht täusche ich mich aber auch.
Zum Schluss hatte BB-Chef Thorsten Heins dann ebenfalls noch ein kleines „One More Thing“ mitgebracht – allerdings kein Gadget, sondern einen netten Werbegag. So agiert US-Popsängerin Alisha Keys bei BB ab sofort als „Global Creative Director“ – eine Position, die extra für sie geschaffen wurde. Während ihre beruflichen Tätigkeiten im engeren Sinn eher schwammig blieben, ist ihre wirkliche Aufgabe glasklar: Keys ist ein erstklassiges Testimonial für die neue Plattform und bemühte sich in ihren „I love“-Lobpreisungen sichtlich, alle vertraglichen Abmachungen einzuhalten.
Ob der gemeine Kunde BB10 ebenfalls in sein Herz schließen wird, werden hingegen erst die kommenden Monate zeigen. Ich für meinen Teil glaube, Operation BB-Rettung wird gelingen.