Wahrlich schöne Zeiten für Kim Schmitz. Seine Tochter Keera unternimmt die ersten Gehversuche, er steht wieder im Zentrum des medialen Interesses – und sein neuestes Projekt „Mega“ erfreut sich massiver Beliebtheit. Nach anfänglichen Kapazitäts-Engpässen läuft der neue Sharehoster mit eingebauter Verschlüsselung seit Mittwoch weitgehend rund. Zeit, sich das erste Mal umzusehen.
Das Web verschlüsseln
„Free the Internet“, befreie das Netz. Mit diesem Motto geht Kim Schmitz alias Kim Dotcom in die Offensive gegen die Überwachung des Internets. Seit der Megaupload-Razzia sein liebster Feind: die US-Regierung. In einem exklusiven Interview mit dem Fernsehsender RT News gibt sich Schmitz gewohnt rebellisch. Jeder Schritt im World Wide Web würde von der US-Regierung überwacht und in riesigen Datenzentren gespeichert. Würde nun irgendjemand, wieso auch immer, gegen einen beliebigen Internetsurfer vorgehen wollen, so würden genau diese Datenmassen etwas Faules zu Tage bringen – und schon könne man den Surfer festnageln. Um dieser Ungerechtigkeit entgegen zu wirken entstand die Idee zu Mega.
Nach Ansicht von Schmitz ist weitaus mehr Verschlüsselung auf den internationalen Daten-Autobahnen notwendig. Deshalb starte man jetzt mit Mega zunächst mit dem sicheren Transfer und der Speicherung von Dateien, es folge E-Mail und Voice-over-IP, begleitet von frei zugänglichen Programmierschnittstellen zur Nutzung der Technologie. „Mein Ziel für die nächsten fünf Jahre ist es, die Hälfte des Internet zu verschlüsseln“, so das selbstbewusste Ziel des Entrepreneurs.
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Doch was ist mit illegalen Daten? Muss man doch auch stets bedenken, dass eine erhöhte Immunität im Internet insbesondere Kriminellen das Spiel erleichtert – ob nun Kinderpornographie, Terrorismus oder aus ethischer Sicht vergleichbar eher unspektakuläre Raubkopien. „Die Menschen müssen das verstehen: Ich bin gegen Copyright-Verstöße. Aber ich bin gegen Copyright-Extremismus“, so der ehemalige Hacker. Das Geschäftsmodell der Filmindustrie in Hollywood beispielsweise fördere Raubkopien, insbesondere durch die zeitversetzte Veröffentlichung von Blockbustern. Würde beispielsweise ein Film in den USA veröffentlicht, dauere es viel zu lange, bis dieser auch in anderen Ländern zu sehen sei. Hier würden selbst Zahlungswillige nach einem Weg suchen, um früher an die Daten zu kommen. Getreu dem Motto: Film ist raus, muss ich sehen, kann ich nicht sehen, lade ich also herunter. Auch bei Megaupload habe man immer Hand in Hand mit den Behörden gearbeitet und sei gegen illegale Inhalte vorgegangen. An dieser Vorgehensweise ändere sich bei Mega nichts.
Für Warez-Seiten uninteressant
Eine Woche ist Mega nun also online. Anfangs etwas überlastet und holprig, mittlerweile schnell und rund. Doch was hat sich seit dem Startschuss ereignet? Auf seinem Twitter-Kanal veröffentlicht Kim Dotcom sehr regelmäßig kleine Informations-Häppchen und freudengespickte Re-Tweets von glücklichen Nutzern. Hierbei ist nicht glasklar, ob es sich tatsächlich nur um Inhalte aus seiner Feder handelt oder vielleicht doch auch weitere Personen involviert sind – auch nebensächlich. Fakt ist: Mega kommt an. Auch bei den Powerusern von Sharehostern? Der Tenor in bekannten Filesharing-Gruppen fällt eher verhalten aus. Zu wenige Funktionen, lästige Verschlüsselung, heißt es beispielsweise in den myGully-Foren. Da (noch?) kein Vergütungsmodell integriert ist, kommt Mega für Warez-Seiten ohnehin kaum in Frage. Da bieten andere Sharehoster, ob nun Share-Online oder Uploaded, mehr Anreiz.
Witzig: Ende der Woche nahm YouTube das Video der Mega-Eröffnungsfeier in Deutschland auf Grund von „Urheberrechtsverletzungen“ vom Netz. Ob auf Drängen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) oder nach eigenem Ermessen ist unklar. Schmitz zeigte sich über Twitter empört und gab an, dass die benutzte Musik auf der Feier sein Eigentum gewesen sei. Die Live-Auftritte der Künstler seien für die Weiterbenutzung autorisiert worden – kein Grund zur Sperrung also. Schmitz drohte mit rechtlichen Schritten gegen die GEMA und brachte das Video gemeinsam mit YouTube wieder online. Währenddessen ist die Verwertungsgesellschaft bemüht, die Schuld auf YouTube zu schieben. Ein wenig undurchsichtig das Ganze.
I filed a counter claim with Youtube and the video is back online. GEMA can expect mail from our legal team. Copyright madness.
— Kim Dotcom (@KimDotcom) 23. Januar 2013
Hier und dort wird die Sicherheit von Mega offen diskutiert und kritisiert. Im Mega-Blog reagierten die Entwickler bereits auf die Vorwürfe von Forbes und ars technica, wiesen diese größtenteils als überzogen zurück. Allerdings gibt man sich lernfähig und offen für jegliche Kritik, nicht umsonst ist die aktuelle Version von Mega als „Beta“ ausgewiesen. So soll es in naher Zukunft möglich sein, die persönlichen Schlüssel zu ändern. Dies ist derzeit noch nicht möglich, sodass ein Verlust des Schlüssels die Daten unbrauchbar macht.
Mit Robert „Adultking“ King stellt sich Kim Schmitz ein erster Gegner offen gegenüber und rasselt mit den Säbeln. Der australische Pornounternehmer hat es sich mit seinem Projekt „Stop File Lockers“ (SFL) zum Ziel gemacht, gegen Clouddienste zum Dateientausch vorzugehen, sofern diese aktiv zum Austausch illegaler Daten genutzt werden. Seine Vorgehensweise ist trickreich: er schwärzt die Filehoster und ihre Vertriebspartner bei den Zahlungsdiensten an, die sie für die Bezahlung von Premium-Merkmalen benötigen. Auf diese Weise friert King gängige Zahlungswege wie PayPal oder Kreditkarte ein und erschwert so das Wirtschaften. Denn wo die Zahlungsmöglichkeiten arg begrenzt sind, da ist auch kein Kunde. Dass Mega bereits im Fokus von Kings Bemühungen steht, zeigt die Zusammenstellung einiger bei Mega gespeicherten illegalen Dateien auf der SFL-Website. Erste Erfolge zeigen sich schon. So soll die PayPal-Zahlung bei den ersten vier Mega-Resellern nicht mehr möglich sein. Ob’s was verändert?
500 Uploads. Pro Sekunde.
Nach Angaben von Schmitz wurden in einer Woche mehrere zehnmillionen Dateien auf die Server von Mega geladen – auch von rund 500 Uploads pro Sekunde ist die Rede. Ein Desktop-Client sowie eine Smartphone-App sind auf dem Weg, ein Veröffentlichungsdatum gibt es allerdings nicht. Das schreit nach Wachstum. Und Erfolg. Bleibt abzuwarten, wann der Plattform der erste stärkere Wind entgegen weht. Seine Hausaufgaben hat das Team um Kim Schmitz jedenfalls gemacht. Mega ist leistungsfähig und tut, was es soll. Ob nun allerdings legal oder illegal bleibt abzuwarten. Sich aus dem juristischen Abseits, mit einem Fuß im Gefängnis dermaßen selbstbewusst und lautstark heraus zu kämpfen verdient jedenfalls Respekt. Ich bin gespannt, was da noch kommen mag.