Der Ausbau schneller Internetverbindungen in Deutschland soll zügig vorangehen! Das wünsche ich mir nicht nur selbst. Es ist glücklicherweise auch erklärtes Ziel der Bundesregierung, der EU und natürlich der am Ausbau beteiligten Unternehmen. Auf Basis welcher Technologie der Ausbau jedoch wie genau erfolgen soll, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Deutsches Netz – Fortschrittlich oder schön gerechnet?
Die Bundesregierung wird nicht müde, sich selbst über die Erfolge ihrer Breitbandstrategie zu loben. Ihr Ziel war es bis Ende 2010 die Lücken in der Breitbandversorgung zu schließen und Breitbandanschlüsse flächendeckend verfügbar zu machen. Bis 2014 soll drei Viertel aller deutschen Haushalte eine Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s zur Verfügung stehen. Den aktuellen Regierungsangaben zufolge erfüllt seit Mitte 2012 bereits die Hälfte aller Haushalte diese Zielvorgabe. 99,5 Prozent haben Zugang zu einer Verbindung mit mindestens 1 Mbit/s.
Das hört sich erst einmal gut an. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) ist angesichts einer gerade veröffentlichten Studie aber noch optimistischer. Der Trend zum Cloud-Computing und zum internetbasierten Entertainment wird den Bedarf für schnellere Internetanschlüsse bis 2025 rasant wachsen lassen. Ein Marktpotenzial von 45 Millionen Haushalten. Diese haben nach Einschätzung des federführenden Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) bis dahin Zugang zu Verbindungsgeschwindigkeiten von 70 bis 300 Mbit/s.
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Sind die Ziele der Industrie zu hoch? Ganz und gar nicht, eher sind die Ziele der Regierung deutlich zu niedrig. Wie Dr. Bernd Beckert vom Fraunhofer Institut feststellt, liegt Deutschland mit seinen Plänen nämlich deutlich hinter denen anderer Staaten. In Australien sollen bis 2021 fast allen Haushalten 100 Mbit/s zur Verfügung stehen; in den USA, Japan und in Finnland sogar schon 2015.
Unterschiedliche Zielvorstellungen
Der BREKO will als Repräsentant der Festnetzwettbewerber der Telekom hohe Internetgeschwindigkeiten mit einem weiteren Ausbau des Glasfasernetzes erreichen. Der Verband fordert Regulierung und diskriminierungsfreie Zugangsgewährung. Die Telekom sieht indes offenbar tatsächlich nicht die Notwendigkeit, ihr Glasfasernetz flächendeckend aufzubauen. Sie investiert zwar, vor allem aber zum Ausbau ihrer VDSL-Anschlüsse. Zusätzlich setzt sie auf den Ausbau ihres LTE-Netzes und letzten Endes auf eine Kombination der beiden Technologien. Der Ausbau des deutschen LTE-Netzes hakte jedoch zuletzt wegen personeller Unterbesetzung beim Errichten neuer LTE-Masten sowie Probleme beim Genehmigungsverfahren. Die Bunderegierung verspricht nun jedoch, den Rückstau zügig abzubauen.
Die Pläne der Telekom, ihr VDSL-Netz auszubauen findet der Wettbewerb also insgesamt weniger gut. Umstritten beim Ausbau ist der aktuell vor allem der Einsatz der Vectoring-Technologie. Nach Meinung der BREKO führt Vectoring dazu, dass nur die Telekom direkt an Kunden anbieten kann. Sowohl BREKO als auch Telekom betonen mit ihren Positionen dabei jeweils stets, einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der politisch gewollten Breitbandstrategie beizutragen.
Auch die Kabelnetzanbieter wie Kabel-Deutschland wollen diese Strategie unterstützen. Hier jedoch fordert man, selbstredend, den Ausbau des Kabelnetzes. Dazu wünscht sich Kabel Deutschland aktuell vor allem die Vergrößerung seines Einflussbereichs. Mit Tele Columbus will sich das Unternehmen zu diesem Zweck zusammentun. Die Wettbewerbsbehörden lehnten dies aber im Dezember erst einmal ab. Nun legt Kabel Deutschland nach und macht den Behörden Zugeständnisse. Das Unternehmen willigt ein, Teile des Tele Columbus Netzes zu verkaufen, einen Kundenstamm mit immerhin 430.000 Haushalten. Kabel Deutschland brüstet sich indes 900.000 Haushalte im Osten Deutschlands mit schnellem Netz zu versorgen und damit unverzichtbar für den Ausbau eines schnellen Netzes zu sein.
Kommt bald ein europäisches Glasfasernetz?
Deutschland ist nach Angaben des Fachverbands FTTH Council im Glasfaserbereich momentan sehr weit hinterher. Während bei Spitzenreiter Litauen bereits eine Glasfaserabdeckung von über 30 Prozent hat, sind es in Deutschland (wie auch in England) nicht einmal ein Prozent. Dies könnte sich aber möglicherweise bald ändern. Jetzt bereits kritisiert ANGA, der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber eine bevorzugte Förderpolitik der EU gegenüber dem Glasfaserausbau. Medienberichten zufolge planen jetzt sogar die großen europäischen Telefongesellschaften einen gemeinsamen Netzausbau im Glasfaser- und Mobilfunkbereich. Ziel ist eine gemeinsame Nutzung von Mobilfunknetzen sowie besseres WLAN-Roaming.
Es tut sich was
Wenn man sich die beteiligten Akteure so anschaut, scheint es, als mache sich der hohe Wettbewerbsdruck positiv bemerkbar; alleine schon wegen der ganz unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Technologien und damit verbundenen Interessen. Die Bundesregierung sollte sich jedenfalls hüten, einzelne (Telekom-?) Technologien zu bevorzugen. Ich höre jedenfalls seit gefühlten 15 Jahren immer wieder vom Glasfaserausbau und warte seither vergebens auf wirkliche Angebote. Glasfaser hin- und her, ich kenne aktuell leider überhaupt nur ein einziges, für mich verfügbares und bezahlbares Angebot jenseits der 50 Mbit/s-Grenze. Und als Fußnote muss natürlich immer auch noch dazu gesagt werden, dass mir ein hoher Downstream nur wenig bringt, wenn das entsprechende Angebot nur für Ausgewähltes zur Verfügung steht. Auf zu vielen, selbst großen Firmenseiten erreiche ich keine Downloadraten über 1 Mbit/s, auch wenn es meine Leitung locker hergeben würde. Die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt.