Die Talsohle scheint durchschritten: Nach Jahren der Umsatzeinbußen ist 2012 die Musikwirtschaft in mehreren Ländern wieder gewachsen – teilweise zweistellig. In Schweden, der Heimat von Spotify, entfiel der größte Umsatzanteil auf Streaming-Dienste.
Die nackten Zahlen
Auch fiel in Schweden der Zuwachs insgesamt am größten aus: Plus 13,8 Prozent. Dort, wo der Trend des Freemium-Streamings 2008 mit Spotify angefangen hat, wurde bereits 2009 ein kleiner Umsatzzuwachs verzeichnet, der allerdings nicht gehalten werden konnte. Doch seit 2011 sind die digitalen Umsätze größer als das physische Geschäft – und übertrumpfen deren steten Rückgang.
Auch in anderen Ländern ist dieser Trend zu beobachten: In Norwegen beispielsweise legte der Markt erstmals seit 2004 zu. Auch hier wurde das Wachstum von ordentlichen sieben Prozent durch das digitale Geschäft im Allgemeinen und Streaming im Besonderen angekurbelt. Nahezu die Hälfte der Umsätze kommt hier inzwischen von Streaming-Diensten, die 2010 erst gut ein Zehntel zum Jahresumsatz beisteuerten.
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Mit einem Wachstum von 1,2 Prozent in Finnland wuchs auch das dritte skandinavische Land, wenn auch etwas überschaubar. Allerdings kommen hier auch noch zwei Drittel aus dem physischen Geschäft. Und schließlich ist auch noch das Musikgeschäft in den USA um drei Prozent gewachsen.
Umsatzzahlen für 2012 stehen in Deutschland noch aus, doch die letzten Quartalszahlen von Universal Music deuteten bereits eine Trendwende an und mit mehr als 100 Millionen legalen Downloads im letzten Jahr wurde ein neuer Rekord verbucht – plus 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Ist Streaming der Heilsbringer?
Die Zahlen werden Wasser auf die Mühlen von Spotify & Co. sein, die sich inzwischen etabliert haben und als Heilsbringer der Musikindustrie gehandelt werden. Doch einfach ist das Territorium immer noch nicht: Denn bislang werden noch keine schwarzen Zahlen geschrieben, was mittelfristig zu einer starken Konsolidierung im Markt führen dürfte. Auch die geringen Lizenzzahlungen von Spotify & Co. entzweien die Gemüter der Labels und Künstler.
Und auch ein Dritter dürfte sich die Zahlen ganz genau anschauen: Apple. Denn Spotifys Stärke ist iTunes’ Schwäche – wozu noch Downloads kaufen, wenn man die gesamte Mediathek zum Flatrate-Tarif streamen kann? Das klassische Download-Geschäft wächst zwar in der Regel noch stark, doch in Schweden ging es bereits um ein Viertel zurück. Dort liegt der Anteil von Streaming-Umsätzen an den gesamten Digitalumsätzen bei starken 90 Prozent – das wird auch Apple registriert haben.
Was machen Apple und Google?
Für die Musikindustrie ist das nicht nur aus Umsatzsicht ein gutes Zeichen, denn Apple kannibalisiert sich bekanntlich lieber selbst, als kannibalisiert zu werden. Wie gemunkelt wird, plant Apple, dieses Jahr einen Online-Radio-Dienst á la Pandora zu launchen – Genaues weiß man wie immer nicht. Dennoch: Mit der Nutzerbasis von iTunes im Rücken wird der neue Service die Streaming-Umsätze weiter wachsen lassen. Auch Google wird die Marktbewegungen aufmerksam beobachten und sicherlich darauf reagieren.
In Kombination mit YouTube, VEVO und dem selbstfahrenden Auto, das Musik über ein Android-Autoradio streamt, sieht die Zukunft für die Musikindustrie nach der jahrelangen Durststrecke plötzlich wieder ziemlich gut aus.
Bild: Flickr / Ferrari + caballos + fuerza = cerebro Humano