Im neuen Gewand kehrt Myspace zurück. „The New Myspace“ nennt sich das Netzwerk nun; und es sieht sehr schick aus. Modern im Antlitz, sozial im Inhalt. Erste Einblicke auf das neue kantige Design gab es schon im vergangenen Jahr – und die machten durchaus Lust auf mehr. Seit gestern ist das Netzwerk für die Allgemeinheit geöffnet. Also auf gehts!
Totgeglaubte…
Myspace hat in den knapp zehn Jahren seines Bestehens eine aufregende Geschichte hinter sich: 2003 wurde die Myspace-Community gegründet und sie wurde schnell bekannt. So sehr, dass News Corp. die Domain 2005 für 580 Millionen US-Dollar kaufte – freilich unter Regie ihres bekannten Vorstandsvorsitzenden, „Medienmogul“ Rupert Murdoch. Der Kauf entpuppte sich jedoch ganz und gar nicht als ein erfolgreiches Investment.
Spätestens seit Myspace 2008 von Facebook bei den Mitgliederzahlen abgehängt worden ist, wurde in Bezug auf das einst große Netzwerk oft von einem schleichenden Tod gesprochen. Die Gemeinde schrumpfte immer weiter, ebenso die Nutzerzahlen und Myspace verkleinerte unaufhörlich die Belegschaft. Mit sattem Verlust verkaufte News Corp. dann 2011 das Netzwerk für „nur“ 35 Millionen an die Werbefirma Specific-Media. Auch Justin Timberlake investierte mit.
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Neue Strategie: Nischen besetzen
In der Folge stoppte der Abwärtstrend, die Nutzerzahlen legten sogar wieder zu. 2012 kündigte Myspace schließlich einen Relaunch an. Ausführlich äußerten sich CEO Tim Vanderhook und COO Chris Vanderhook in einem vielbeachteten Interview mit „ABC News“ im September zu den neuen Plänen.
Man verabschiedete sich darin ein gutes Stück weit vom Konkurrenzkampf mit Twitter und vor allem dem „uber social network“ Facebook. Die Nutzer wollen nicht noch ein soziales Netzwerk, so Tim Vanderhook. Myspace möchte stattdessen eine Art LinkedIn für Künstler werden, deutlich stärker ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Benutzer auf den unterschiedlichen Plattformen. Eine geschlossene Beta-Phase lief bereits im letzten Jahr an.
Co-Existenz von altem und neuem Myspace?
Seit gestern kann man sich bei „The New Myspace“ registrieren. Wie angekündigt kam der Relaunch still und heimlich. Man wollte keinen pompösen Start. Zudem will man sogar das alte Myspace („Classic Myspace“) parallel weiter laufen lassen. Gestern berichtet „The Next Web“ noch, dass beide Seiten funktionierten. Ich wurde am Abend jedoch bereits direkt auf die neue Adresse weitergeleitet. Künstlerprofile der alten Version konnte ich nur über Google finden und mir wird auf diesem Umweg sogar die Möglichkeit zur Registrierung auf der alten Version angeboten. Die hat dann aber doch nicht funktioniert. Wie es also mit der alten Version weitergeht ist offenbar noch nicht so ganz klar.
Viel Lob zum Relaunch
Überaus positiv ist das bisherige Feedback auf „Look & Feel“ der neuen Version. Dies ist auch deshalb interessant, weil fast alle Kommentatoren nicht müde werden zu betonen, dass sie nicht viel erwartet hatten. Die meisten standen einer Neuauflage eher skeptisch gegenüber. Ich selbst nicht ausgenommen. Man kann sich nun über Twitter, Facebook, sein altes Myspace-Profil oder Neuregistrierung anmelden; und landet auf einer sehr schicken Seite, die sich ganz um Künstler dreht. Zu Beginn heißt es dabei, sich einer von mehreren Kategorien zuzuordnen und dem Netzwerk mitzuteilen, ob man etwa Musiker, Fan oder Journalist ist.
Dann öffnet sich schon das neue Profil. Sofort im Angebot ist die neue Single „Suit & Tie“, von Justin Timberlake featuring Jay-Z, die man sich umsonst anhören kann. Überhaupt findet man eine Menge Musik, auch weniger bekannterer Künstler – ich habe es mit altem französischen Hip-Hop und Electro versucht. Die Ergebnisse waren in Ordnung, in einem kurzen Test allerdings bei Spotify besser.
Funktionalität vs. Design
Die vorhandenen Möglichkeiten und Funktionen finde ich ganz interessant. Man kann sich mit Streams der Künstler und anderen Fans verbinden, Bibliotheken anlegen, Radio-Channels und Mixes speichern. Auch zum Stöbern ist viel geboten, nach meinem Geschmack war die Entdeckungsreise jedoch deutlich zu „trendig-mainstreamig“, was mich nur wenig überrascht. Neue Sachen entdecken klappt für mich persönlich jedenfalls mit anderen Angeboten deutlich besser (z.B. „Discovr“).
Das Design ist durchaus schick, übersichtlich finde ich es jedoch nicht. Gescrollt wird im Windows-8-Stil von links nach rechts und nicht von oben nach unten. Allerdings oft eine gefühlte Ewigkeit lang. Bibliothek, Mixes und Radio sind (zugegeben leicht auffindbar) an verschiedenen Stellen verteilt. Die Seite war zudem gestern Abend so langsam, dass sie eigentlich nicht zu gebrauchen war – der Ansturm sei dem neuen MySpace aber gegönnt. Optisch ist es ein Hingucker, keine Frage – allerdings geht das frische Design dann doch etwas zu Lasten von Funktionalität und Übersichtlichkeit. Ich bin gespannt, ob ihr das anders seht.
Wer will schon Privacy?
Was mich auf jeden Fall maßlos stört, ist der völlige Ausfall meiner Privacy-Einstellungen. Obwohl mir die Option angeboten wird, ein „Restricted Profile“ zu erstellen. Ich dachte zuerst es liegt daran, dass ich mich über Facebook eingeloggt hatte; aber auch ein neu angelegtes Profil war öffentlich und nicht änderbar. Hoffentlich wird das bald behoben. Ob es Sinn macht oder nicht, Myspace inkognito zu verwenden, sollte zumindest jedem selbst überlassen bleiben.
Alles gute, Myspace
Ich bin gespannt, ob der erste Hype auch nachhaltig ist. Welche „Lücke“ die Firmengründer genau besetzen wollen wird sich vermutlich erst am Inhalt zeigen. Und der nimmt wohl erst einmal noch zu.
Seit Myspace zuvor in der Versenkung verschwunden ist hat die Konkurrenz aber nicht geschlafen. Es gibt zahllose, wirklich gute, kostenlose und kostenpflichtige Angebote. Viele von diesen sind längst äußerst populär. Die Frage ist also nicht nur, ob die Welt noch ein weiteres Social Network braucht, sondern auch, ob die Welt noch mehr Musikangebote braucht. Viel Erfolg darf man Myspace aber trotzdem wünschen.
Update: „Relaunch“ offenbar etwas zu hoch gegriffen
Gerade hat sich bei uns ein Sprecher der deutschen PR-Agentur von Myspace gemeldet und darauf hingewiesen, dass man noch nicht von einem offiziellen Relaunch sprechen könne. Das Netzwerk stehe nun zwar allen offen, befinde sich aber weiterhin in der Beta-Phase, sprich hinter den Kulissen werde noch gearbeitet.
Ok, verstanden, wundern darf man sich trotzdem. Entsprechende Hinweise fehlen auf der Plattform schließlich völlig. Zudem spricht mittlerweile die gesamte Medienbranche von Relaunch, Neueröffnung, Comeback, „wieder da“. Die Katze ist also längst aus dem Sack.
Der Info-Button bei der PRivacy hilft weiter. Bei mir stand dort zunächst, dass Profile vom Typ „brand“ nicht auf privat geschaltet werden können – ich vermute bei BasicThinking das selbe.
Also mittlerweile habe ich es herausgefunden: Das Privacy-Problem lag an meinen Einstellungen unter Account-Type. Dort hatte ich den Promoter ausgewählt. Der ist nun ausgeschaltet und mein Profil von der Allgemeinheit verborgen. Es war beim gestrigen Test auch tatsächlich mein Privatkonto und nicht das von BASIC thinking.
@ JSG: Das ist in diesem Fall wohl nicht die Ursache, da fX sich privat registriert hatte. Der obige Screenshot ist erst in einer zweiten Anmeldungsrunde entstanden 😉
Wirklich toll, was Myspace da gelungen ist. Die Kritik, dass die Zusammenstellung im Moment noch zu mainstreamig ist (besonders angesichts des angepeilten Nischenfokus?) und das Scrollen Ewigkeiten dauert, kann ich allerdings bestätigen. Aber man ist ja kaum live, das wird sicher noch.
Ein nachhaltiger Hype, so so… (Finde, man sollte das Wort „nachhaltig“ verbieten, so inflationär, wie es in den letzten 1-2 Jahren verwendet wurde.)
Was das mit der Privacy anbelangt: Ist vielleicht ein temporäres Problem. Denn in der Closed Beta war „privat“ tatsächlich noch „privat“ – und nichts öffentlich zu sehen außer das Hintergrundbild der betreffenden Person.
Kurze Ergänzung zum Artikel: Wer Interesse an einem Hintergrundartikel inkl. Interview mit den Myspace-Machern hat: http://juiced.de/14205/das-neue-myspace-tolle-optik-mieses-musikangebot-invites.htm
Seit nun bestimmt 10 Jahren ist inflationär überall von Nachhaltigkeit zu lesen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Trotzdem ist es für Myspace enorm wichtig, viele Nutzer zu erreichen, die sich lange auf der Platform bewegen und eben nicht wieder abspringen. Sonst ist der Erfolg eben nur kurzfristig – und nicht nachhaltig.
Hmm… also mit dem alten MySpace hat es nicht mehr wirklich viel zu tun, finde ich. Aber ich trotzdem mal gespannt was daraus wird und wie es sich entwickelt.
Gruß
Flo
Dem stimme ich uneingeschränkt zu! 🙂
Ich freue mich auf diesen Relaunch und vor allem darauf, mit Musikern, die ich gerne höre hierdurch hoffentlich eine bessere Interaktion haben zu können.
Meiner Meinung nach, sollte sich Soundcloud ein bisschen Sorgen machen. Schade, dass du diese Plattform nicht einmal im Beitrag erwähnst.
Die neue mySpace Seite wirkt natürlich viel moderner. Die alte Seite war ja nicht mehr zeitgemäß.
Aber wo sind meine ganzen Daten? Nach dem einloggen war mein Profil irgendwie leer. Ist wohl Zeit für einen Neuanfang.
Ich höre viel und gern Musik. Freue mich immer über weitere Angebote und denke Justin Timberlake wird schon wissen, was der Hörer möchte.
in der letzten freedomocean-session bekamm myspace von tim reid und james schramko nur einen lacher ab und ich sehe das ähnlich. ‚meinen‘ künstlern rate ich definitiv ab (und stattdessen zum fokus auf die eigene plattform). wenn es, wie von juicedaniel berichtet, stimmt, daß fast keine titel vollständig anspielbar sind, erst recht. snippets suck!