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Deutschsprachige Wikipedia nimmt 5,2 Millionen Euro ein, sagt Autorenschwund den Kampf an

geschrieben von Christian Wolf

Für die deutschsprachige Wikipedia hätte das neue Jahr vermutlich nicht besser beginnen können: Die von dem gemeinnützigen Verein Wikimedia Deutschland betriebene Online-Enzyklopädie hat ihre am 13. November letzten Jahres gestartete Spendenkampagne erfolgreich abgeschlossen und das selbstgesteckte Ziel von 5,2 Millionen Euro erreicht. Mehr als 230.000 Spender investierten durchschnittlich knapp 23 Euro, wobei der Großteil aller Zuwendungen aus Kleinstspenden von Privatpersonen bestanden habe, teilte Wikimedia Deutschland zum Jahreswechsel mit. In zahlreichen Fällen sind allerdings auch größere Summen geflossen. Einige Gönner unterstrichen ihre Wertschätzung für das Schwarm-Projekt etwa mit stattlichen 1.000 Euro. Zudem ist die Fan-Basis stark angewachsen: Im Vorjahr gingen „lediglich“ 160.000 Einzelspenden ein.

Geld ist nicht alles

Und dennoch ist Geld nicht alles. Was mindestens ebenso zählt, sind charakteristische Köpfe, sympathische Gesichter und glaubwürdige Identifikationsfiguren. Traditionell fällt diese Rolle ja Wikipedia-Gründer Jimmy Wales zu, der seit Jahren mit persönlichen Aufrufen für Unterstützung wirbt. Noch mehr Überzeugungskraft entwickelte im aktuellen Spendenmarathon allerdings ein 86-jähriger, der sich an seinem Lebensabend nahezu vollständig Wikipedia verschrieben hat und bereits mehr als 20.000 Bearbeitungen vorweisen kann. Laut Wikimedia Deutschland akquirierte der rüstige Rentner mit seinem persönlichen Aufruf mehr Spenden als der Wiki-Guru selbst – bislang ein einmaliger Vorgang. Eine Übersicht zu allen bisher eingegangen Zahlungen ist darüber hinaus im Wikimedia-Spendenticker zu finden. Dort sind alle Spender – soweit gewünscht – mit Namen, Herkunftsort, Summe und persönlicher Begründung aufgelistet.

Wofür die Einnahmen verwendet werden sollen, erklärt der Verein detailliert in seinem Jahresplan 2013. Demnach will man sich auf vier Hauptziele konzentrieren. Deutlich verbessern soll sich beispielsweise die Zusammenarbeit in und mit den Communitys. So plant Wikimedia Deutschland, sich künftig nicht nur aktiv in Diskussionen einzubringen, sondern durch neue Akzente vor allem die Motivation bei den Autoren zu stärken.

„Der Autorenschwund ist eine der größten Bedrohungen für Wikipedia“

Gerade hier liegt bei der Online-Enzyklopädie noch vieles im Argen. Vor allem der raue Umgangston auf der Plattform und ein erkennbarer Mangel an Respekt für die Leistung von Freiwilligen stand in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik und mündete in einem anhaltenden Autorenschwund. Gelingt es Wikimedia nicht, in absehbarer Zeit wirkungsvolle Gegenstrategien zu entwickeln, ist das Mitmach-Lexikon schlichtweg in seiner Existenz bedroht.

Nicht umsonst thematisierte daher auch Wikimedia-Vorstand Pavel Richter in seiner Grußbotschaft zum Beginn des neuen Jahres, dass sich immer weniger Freiwillige für eine Mitarbeit gewinnen lassen. Gleichzeitig kündigte er an, 2013 alles daran zu setzen, durch vielfältige Maßnahmen neue Autoren zu gewinnen. Das neue Jahr wird also einige Veränderungen bringen, wobei einiges dafür spricht, dass diese positive Effekte nach sich ziehen. Die richtigen Weichen scheinen jedenfalls gestellt.

Über den Autor

Christian Wolf

Christian Wolf wird am Telefon oft mit "Wulff" angesprochen, obwohl er niemals Bundespräsident war und rast gerne mit seinem Fahrrad durch Köln. Er hat von 2011 bis 2014 für BASIC thinking geschrieben.

17 Kommentare

  • Solange auf Wikipedia nur noch Profilneurotiker als Autoren unterwegs sind, werde ich keinen einzigen Satz mehr dort schreiben.

  • Warum haben sie nicht schon längst damit angefangen? Zum Jahresende hätte ein Rundschreiben an die aktiven Autorinnen und Autoren mit einer Danksagung und guten Wünschen für das nächste Jahr schon mal ein kleines Zeichen gesetzt. Das kostet nichts und ist zumindest eine kleine Anerkennung.

  • Sehe ich genauso wie Mike. Ich werde nichts mehr auf Wikipedia schreibe, ergänzen oder editieren solange es nicht diese Super-Autoren unterwegs sind die jeden Artikel löschen sobald er nicht einem Eintrag wie aus dem Brockhaus mit mindestens 10000 Wörtern und 50 Quellen entspricht.

    Tut mir leid Wikipedia, so nicht mehr mit mir!

  • Autorenschwund ist Wikipedias Problem?
    Nun, die meisten Autoren verschwinden nicht einfach – sie werden vergrault.
    Egozentrische „Superautoren“ vergraulen jeden, der nicht mindestens genauso viel Gespammt … ähm … Einträge verfasst hat wie sie – und verhindern so, dass man Einträge schreiben will.
    Auch sind viele Autoren persönlichen Angriffen ausgesetzt, wenn sie zu Themen schreiben, die den Superherren nicht gefallen.
    Aber so gehöre auch ich zu denjenigen, die für Wikipedia nichts mehr schreiben werden.

    Das zweite Problem ist die angebliche „Relevanz“ von Einträgen. Vieles wird gelöscht, weil es angeblich nicht relevant sei. Nun, für Allgemeinwissen brauche ich Wikipedia nicht. Ich will ja gerade das nachschlagen, was kaum einer weiß!
    Wenn Wikipedia dieses „Nischenwissen“ weiterhin beharrlich löscht, macht es sich selbst nutzlos.

  • Ehrlich gesagt: Ich brauche Wikipedia nicht und weiche lieber auf eine Vielzahl von anderen kompetenten Quellen aus, denn im Punkt Kompetenz traue ich Wikipedia nicht. Es gibt zwar eine Menge an hier bereits mehrfach erwähnten Profilneurotikern, denen fehlt aber m.E. der Realitätssinn und derwirkliche Bezug zum Thema, ausser lexikalischem Brockhaus-Wissen. Auch ich musste mich bei meinen Tests mit idiotischen Gurus auseinandersetzen. Der einzige Grund für ein Engagement waren hier die fetten Backlinks für eigene Projekte, also SEO Gesichtspunkte.

  • Genau, wenn dort schon so ein rauer Umgangston ist, dann muss man sich selber nicht wundern, warum der „Nachwuchs“ ausbleibt.
    Das sollte man auf jedem Fall ändern!

  • Solange Wikipedia es nicht schafft das auch Autoren sich wohl fühlen die vielleicht nur über ein paar Themen schreiben und dies aber gut, solange wird es Probleme geben.

    Zudem wenn nicht endlich gegen die „Diktatoren“ unter den Autoren was gemacht wird (hier ist Wikipedia in erste Linie verpflichtet) so lange wird es ernsthafte Probleme geben mit deren weitere Zukunft.

    Wikipedia lebt davon das über sehr viele unterschiedliche Themen was steht und gerade Aufgrund der noch viele Autoren.

    Die paar selbst ernannte Super Autoren die zudem meist noch sehr rüde mit anderen umgehen können es nie schaffen das so eine große Vielzahl an Inhalten erhalten bleibt.

    Es ist nicht dagegen zu sagen wenn anscheinend falsche und getürkte Beiträge gelöscht werden.

    Aber wenn ein hoffnungsvolle Neu Autor sich bemüht über was zu schreiben und diese Gesamte Artikel nur deswegen von andere gelöscht wird weil diese nicht über mindestens 8000 Wörter verfügt dann ist etwas faul im Laden .

  • Etwas weniger Polemik wäre angebracht. Ein Beitrag wird nicht nur gelöscht, weil er „nicht über mindestens 8000 Wörter verfügt“. Es gibt in der Wikipedia genug Artikel mit deutlich weniger Wörtern.

    Gelöscht werden vorzugsweise Artikel, in denen nur Werbung oder Unfug steht oder die von irrelevanten Kleinstbands, Unternehmern und Künstlern selbst verfasst wurden, obwohl sie bisher keine nennenswerte Außenwirkung erreicht haben. Diesen Autoren liegt nicht das Wohl der Wikipedia am Herzen, sondern sie wollen Wikipedia einzig und allein als Plattform für ihre Zwecke missbrauchen.

    Das die dann natürlich durchs Land rennen und jedem erzählen, dass sie dort „kein Wort“ mehr schreiben, weil dort nur „Profilneurotiker“ zugange wären, verwundert wenig. Daran geht Wikipedia aber nicht zugrunde.

    Das Klima ist verbesserungswürdig, keine Frage. Mittlerweile ist es aber auch so, dass in vielen Bereichen nur noch Spezialisten eine Verbesserung erreichen können, weil viele Artikelbereiche bereits ein recht hohes Niveau erreicht haben und zur Qualitätsverbesserung Richtlinien und Normen eingeführt wurden. Nicht zur Schikane, sondern weil ein Projekt dieser Größe nicht ohne Richtlinien funktioniert. Die Gründerstimmung wie in den frühen Jahren stellt sich da nur noch schwer ein. Das Schreiben ist nun mehr eher „Arbeit“ denn „Vergnügen“ und das ist wohl der Hauptgrund für den Autorenschwund.

    Trotzdem glaube ich an ein weiteres Wachsen, wenn auch auf geringerem Niveau.

    VG
    Iahora

  • Dann laßt diese „irrelevanten Kleinstbands“ doch ins Wiki posten. Was ist daran Mißbrauch? Gerade für so „unwichtige“ Informationen braucht man ein Nachschlagewerk. Wer die Rolling Stones sind, weiß jeder. Da muß man nicht schauen, was Wikipedia für Loblieder auf sie singt.
    Wer entscheidet denn, was „irrelevant“ ist? Doch nur diejenigen, die keine „konkurrenz“ zu ihrem Elitewissen dulden.

    Wär ja schlimm, wenn man im Wiki eine Information finden könnte, die nicht überall Allgemeinwissen ist.

  • Ich habe in der Wikipedia schon so ca. 1000 Artikel geschrieben, darunter auch viele über Nischenthemen, denn auch das gehört zum Allgemeinwissen.

    Aber eine Band, die vor 30 Leuten Auftritt und eine selbstgebrannte Demo-CD auf einem Konzert verteilt, ist irrelevant. Wenn sich Presserezeption nachweisen lässt, wird der Artikel im Normalfall nicht gelöscht.

    Wer das entscheidet? Die Community, also meist mehrere Personen. Wenn der Artikel jemandem am Herzen liegt, dann wird er auch meist verbessert und bleibt. Die Kleinstband interessiert meist keinen, wird daher auch nicht verbessert und gelöscht. Was ich verbessere, entscheide ich selbst. Ich investiere dort schließlich meine Freizeit. Das hat also nichts mit elitären Superautoren zu tun, sondern ist eine simple Bauchentscheidung.

    Es geht nicht darum zu wissen, wer die Rolling Stines sind, sondern meist darum, etwas bestimmtes über sie nachzuschlagen. Darum wird der Artikel pro Monat auch ca. 40.000 mal gelesen: http://stats.grok.se/de/latest30/The_Rolling_Stones.

    Der über die irrelevante Kleinstband im gleichen Zeitraum vielleicht nur 10 mal, davon 5 mal vom Frontmann, der „seinen“ Text prüft. Das ist leider gelebte Realität.

    Wo der Schaden entsteht, wenn wir solche Artikel belassen?
    1) Wikipedia wird zur von einer Enzyklopädie zu einer Werbeplattform. Durch hundertfaches Spiegeln der Seiten verbreitet sich die Info überall im Netz und die Kleinstband scheint plötzlich wichtiger als sie ist.
    2) Die Glaubwürdigkeit der Wikipedia als Lexikon nimmt ab.
    3) Die wertvolle Zeit der immer weniger Mitarbeiter wird damit verschwendet, solche Artikel auf neue Werbemanipulationen zu prüfen, anstatt sich um wichtigere Dinge zu kümmern.

    VG
    Iahora

  • Hallo Lahora, ich bin voll und ganz auf Deiner Seite! Wollte ich auch nur mal loswerden. Einen guten, lesbaren, umfassenden in sich schlüssigen Text zu schreiben gelingt nun mal nicht jedem.

    Ich kann es auch nicht immer und tu mir bei unserem Portal schon schwer.

    Von daher… weiter so.

  • Sicherlich kann man streiten ab wann ein Thema wirklich relevant ist und wann nicht.

    Gut dein zugegebenemaßen recht spitz formulierte Beispiel von eine Band die bei nur ein paar Leuten auf Interesse stößt,kann stimmen.

    Trotzdem sollten wir auch hier ein wenig die Kirche im Dorf lassen.

    Es gibt schon eine Menge auch belegte Beispiel wo sogenannten „Super Autoren“ auf Wikipedia es nicht alleine belassen haben nur unrelevante Artikel oder solche die wirklich einseitig verfasst sind zu löschen.

    Nein manche diese selbst ernannten Wikipedia Polizisten schreiben wirklich nicht passende Mails an die Verfasser von solche Artikel.

    Grundsätzlich ist nichts einzuwenden wenn,die entsprechende Personen informiert werden das so was doch nicht erwünscht ist.

    Wenn aber was schon passiert ist ein hoffnungsvolle Neu Autor sein ersten Artikel zu ein bestimmten Thema schreibt,der zwar vielleicht nicht massentauglich ist, aber zumindest mehrere Leuten interessieren könnte und schon bald merkt das diese ohne wirklichen Grund gelöscht würde,dann ist die Begeisertung wieder dahin.

    Schlimmer noch wenn die Wiki Polizei es nicht alleine beim löschen lässt sondern noch per Mail drauf haut. Unter den Motto „wir alleine bestimmen wer als Autor hier sein darf und wer nicht“

    Somit muss man den schwarzen Peter doch auch bei manche Profil Neurotiker weiter geben die es unter die Vielschreiber bei Wikipedia auch gibt.

    Aber dazu müssten diese oft selbst verliebten auch mal in die Lage sein, uch andere mal eine Chance zu geben.

  • Ich sage ja nicht, dass es keine Probleme gibt. Sicherlich gibt es die von dir beschriebenen Kollegen, die übertreiben und neue Autoren vergraulen.

    Dessen ist sich die Community auch bewusst und wir arbeiten daran, wie man das Arbeitsklima wieder verbessern kann.

    Ich wünsche mir lediglich, dass es nicht immer heißt „dort wird eh alles gelöscht“. Wenn dem so wäre, hätten wir keine 1,5 Mio. Artikel. Es gibt außerdem genug Kollegen, die neuen Autoren unter die Arme greifen (z.B. im Wikipedia Mentorenprogramm).

    Vielleicht kann man statt des undifferenzierten Bashings solche Punkte auch mal erwähnen, anstatt immer nur die Negativbeispiele zu benennen.

    Das überspitzte Beispiel mit der Kleinstband picke ich heraus, weil das neben Kindergartenstreichen a la „Ficki ficki“ 99,9 % der gelöschten Beiträge ausmacht. Es gibt natürlich immer wieder Grenzfälle. Aber nahezu alle gelöschten Artikel werden zu Recht gelöscht. Falls doch mal jemand über das Ziel hinausschießt, wird dies im Normalfall recht schnell korrigiert, denn fast jede Löschung wird noch von weiteren Nutzern überprüft.

    In diesem Sinne.

    VG
    Iahora

  • Ich spende grundsätzlich nur an das englische/internationale Wikipedia, dort ist man A: entspannter, B: zu jedem scheiß finde ich einen passenden Artikel und C: hab ich schon entspannter erwähnt?
    Admin-Nazis will ich nicht unterstützen.

  • Ich persönlich nutze Wikipedia ausgesprochen oft, allerdings ist bei tiefergehender Recherche tatsächlich oft nur ein englischsprachiger Artikel verfügbar bzw. sind die englischsprachigen Einträge oft viel umfangreicher und daher empfehlenswerter. Es lohnt sich daher also, genau zu überlegen, wofür man sein Geld spendet. Ich in meinem Falle würde mich @Jaquento anschließen und tatsächlich primär für das internationale Wiki spenden.

  • Ich frage mich ja eher, warum man so viel Geld braucht, um Wikipedia zu betreiben?

    Mir ist nicht ganz klar, wofür eine solche Webseite so viele Mitarbeiter und so viel Geld braucht. Müssen denn nicht nur die Technik zur Verfügung gestellt und einige Verwaltungsmitarbeiter beschäftigt werden?

    Die Inhalte kommen ja von den Benutzern.