Internet-Memes sind sicherlich kein allzu neues Phänomen. In einer äußerst unrepräsentativen Kurzumfrage konnte mir jedenfalls über die Hälfte der Befragten nicht spontan erklären, was ein Meme (oder sagt man jetzt Mem?) sein soll. Laut englischem Wikipedia-Eintrag ist ein Meme eine Idee, ein Verhalten oder Style, der sich in einer Kultur von Person zu Person verbreitet. Einigermaßen schwammig also, aber genug um eine Vorstellung zu bekommen. Denn ganz unabhängig von einer genauen Definition ist es bezeichnend, dass sich die meisten ganz bestimmt an das ein oder andere Meme in diesem Jahr sofort erinnern können. Ganz im Sinne von schneller, höher, weiter erreichen massenhaft verteilte Fotos und Bilder 2012 neue Rekorde.
Gangnam erobert auch die Offline-Welt
Das Mega-Meme 2012 ist der südkoreanische Rapper/Popstar Psy (Park Jae-sang) mit seinem Gangnam Style. Massentauglich, für alle zum Mitmachen. Mittlerweile das meistgesehene Video auf YouTube. Das erste, das (seit diesem Monat) mehr als eine Milliarde Klicks erreicht hat. Meme ist es aber nun nicht nur, weil es offenbar jeder kennt, sondern auch und gerade weil es zum Nachahmen einlädt. Glücklicherweise bin ich von solchen Offerten jedoch bisher verschont geblieben.
Meme-Marketing – im Sinne des Erfinders
Auch Felix Baumgartner ist Euch bestimmt noch im Gedächtnis geblieben. Erst vor einigen Monaten sprang er mit dem Fallschirm aus dem All. Unübersehbar gesponsert von Red Bull. Ein genialer Zug der Öffentlichkeitsarbeit des Getränkeherstellers. Egal ob on- oder offline, es gab kaum ein Medium das nicht über den Sprung berichtete (auch BASIC thinking). Die wetter-bedingte Verzögerung sorgte sogar dafür, das Ereignis zusätzlich auszudehnen. Selbst produzieren statt Werbung schalten, das hat nach meinem Verständnis durchaus Vorbildfunktion. Die Bilder dienten jedenfalls unmittelbar als Vorlage zur weiteren Verfremdung.
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Sportliche Sieger und heimliche Internetstars
Überhaupt haben die großen Sportereignisse 2012 ausreichend Raum für Kreativität und Schabernack geboten. Unvergesslich bleibt Mario Balotelli im Tutu sowie den geschätzten zwei Millionen anderen Abwandlungen seiner Siegerpose aus dem EM-Spiel.
Verzerrte, erstaunte und enttäuschte Gesichter gab es auch bei der Olympiade in London zu sehen. Die nicht gerade begeisterte Queen und McKayla Maroney, die US-Gymnastin, die nach einem Sturz „nur“ eine Silbermedaille erreichte. Ihre Enttäuschung war unübersehbar und machte sie zum Internetstar der Wettkämpfe. Sogar Barack Obama lässt sich da via Flickr-Stream des Weißen Hauses einen Spaß mit ihr nicht nehmen.
Meme-Politik
Überhaupt waren zahlreiche Memes 2012 politisch. Dies war freilich dem Wahlkampf in den USA geschuldet. Und den haben nach meinem Dafürhalten die Demokraten Meme-mäßig noch viel deutlicher gewonnen als die Wahl selbst. Am bekanntesten ist wohl der Hinweis zur Kavallerie und den Bajonetten, mit dem Obama beim Duell dem Herausforderer Mitt Romney konterte. Die Bemerkung diente als Steilvorlage (siehe „The Verge“). Romney selbst lieferte insgesamt eine Menge Potenzial zum Spott – beispielsweise seine Äußerungen zu seinem Ordner voller Frauen, die sein Kabinett unterstützen könnten. Obendrein sah Romney immer so weinerlich und emotionslos aus, dass er sich oft geradezu selbst parodierte. Auch die republikanischen Wahlkampfhelfer, repräsentiert durch Helden wie Clint Eastwood und Chuck Norris belustigten mit ihrem Engagement (siehe „Huffingtonpost„).
Protest und Galgenhumor
Auch bei den Krisen und Katastrophen 2012 waren Memes geradezu erwartbar. Nicht alle erhielten aber die gleiche Aufmerksamkeit. Einige Themen, wie beispielsweise die europäische Staatsschuldenkrise oder das drohende fiscall cliff in den USA sind aus Meme-Perspektive recht dürftig. Anders bei Wirbelsturm Sandy (Frankenstorm, New York verwaist wie im Endzeitfilm), den Protesten in Ägypten (Tharir-Platz als Sinnbild des Protests) sowie der Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina (Social Media Kriegsführung der israelischen Armee).
Der animierte Wahnsinn
Jenseits spezifischer Themen habe ich dieses Jahr plötzlich überall animierte Bildchen gesehen, auch wenn diese freilich keine Erfindung von 2012 sind. Ein Meme ohne sie ist aber gegenwärtig fast schon undenkbar. Humoristisch sind die Bewegtbildchen dabei oft ganz oben auf. Egal ob mit Mensch oder Tier – zum Beispiel ganz klassisch mit Katze. Grumpy cat und Weiterentwicklungen der Nyan Cat hatten 2012 jedenfalls so einigen Erfolg.
Die Kraft der Belanglosigkeit
Bezeichnend für den Meme-Hype ist für mich nicht zuletzt die Tatsache, dass Memes den Southpark-Machern eine ganz Folge wert sind („Faith Hilling“, Folge 3 der aktuellen Staffel). Äußerst sehenswert. Die Meme-Liste könnte wohl noch beliebig fortgesetzt werden. Für mich waren sie 2012 jedenfalls so präsent wie nie zuvor. Sie erreichten international mehr Menschen und verbreiteten sich deutlich stärker als noch im Vorjahr, auch offline. Ich finde jedenfalls spannend, dass der Jahresrückblick der Memes durchaus andere Highlights setzt als ein normaler Nachrichtenrückblick. Der Spaß und Informationsgewinn liegt dabei natürlich auch und gerade in der so oft als irrelevant abgetanen grandiosen Belanglosigkeit. Welche Memes hätten Eurer Meinung nach Erwähnung finden müssen, was waren Eure Highlights?
Bilder von oben nach unten: yonghokim, memegenerator, Know Your Meme, Know Your Meme, Whitehouse, Know Your Meme, YouTube, Doug Mataconis, IDFSpokesperson, Holygap
Hachja, was wären wir bloß ohne das Internet. Mich würde mal interessieren, was wohl unsere Nachfahren über uns denken werden, oder ob das in der Zukunft noch weiter ausartet (im positiven Sinne natürlich). Diesen Balotelli kannte ich allerdings noch nicht.