Facebook experimentiert seit Donnerstag mit einer neuen Monetarisierungsidee, die das bereits über bezahlte Pinnwand-Einträge geschaffene System kostenpflichtiger Sonderleistungen weiter ausdehnen könnte. In den USA ist es nun für ausgewählte Testnutzer möglich, zum Preis von 1 Dollar Nachrichten an Personen außerhalb des eigenen Freundeskreises zu versenden, ohne dass diese automatisch in den für Mitteilungen von Unbekannten vorgesehenen Unterordner „Andere Nachrichten“ einsortiert werden oder gar im Spam-Filter landen.
Im Gegenteil: Wer bezahlt, dessen Nachricht wird prominent zwischen den Mails von Familie und Freunden im regulären Posteingang platziert, schließlich soll sie nicht übersehen werden (können). Quasi ein Einschreiben für persönliche Facebook-Nachrichten.
Eingeschränkter Probelauf ausschließlich für Einzelpersonen
Dürfen sich Facebook-Nutzer also nun auch noch auf eine Flut unerwünschter Werbepost einstellen? Zumindest derzeit ist das wohl nicht zu befürchten, was die Zukunft bringt, bleibt gleichwohl abzuwarten. Zunächst handelt es sich aber nur um einen eingeschränkten Probelauf, bei dem lediglich eine Bezahl-Nachricht pro Woche verschickt werden kann. Darüber hinaus ist das Feature nach Facebook-Angaben nicht für Unternehmen, sondern ausschließlich für Einzelpersonen vorgesehen. Dies soll einem Missbrauch zu Marketingzwecken vorbeugen.
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Erklärter Sinn des Testballons ist es, den mit automatischen Filteralgorithmen nur schwer zu kontrollierenden Graubereich zwischen eindeutig relevanten Nachrichten und zweifelsfrei unerwünschtem Spam besser zu kontrollieren. So könne sich die Option in bestimmten Situationen als nützlich erweisen, um die Herstellung von Kontakten sicherzustellen – etwa bei Job-Angeboten, die dann nicht mehr Gefahr laufen, übersehen zu werden, heißt es seitens Facebook.
Das klingt durchaus einleuchtend. Andererseits testet das weltgrößte Soziale Netzwerk hier im Prinzip nichts anderes, als eine Option, um die klassischerweise vor allem auf sozialen Beziehungen basierenden Filterregeln für den internen Nachrichtentransfer zu übergehen – und zwar notfalls auch gegen den Willen der Empfänger.
Wenn schon Belästigung, dann wenigstens nicht umsonst
Auch wenn dies in der derzeitigen Form für die Masse der Facebook-Mitglieder praktisch keine Konsequenzen nach sich zieht, deutet sich damit ein weiterer Kontrollverlust für die Nutzer an. Denn bisher liegt der internen Nachrichtensortierung das eherne Prinzip zugrunde, Mails von Facebook-Freunden sowie Freundes-Freunden generell als bedeutender einzustufen, als Mitteilungen von unbekannten Mitgliedern. (Nichts anderes macht sich etwa Malware zunutze, die speziell über das Adressbuch infizierter Facebook-Konten nach größtmöglicher Verbreitung strebt.)
Derzeit lassen sich letztere trotz der jüngsten Änderungen am Filtersystem noch relativ zuverlässig aus dem Postfach auf die Resterampe Unterordner verbannen, Nachrichten von vertrauten Personen bleiben hingegen sofort sichtbar. Sollten die Bezahl-Mitteilungen allerdings weltweit ausgerollt werden, ist damit zumindest grundsätzlich Schluss.
Facebook hingegen verweist lieber auf einen positiven finanziellen Abschreckungseffekt für den Absender, der regulierend wirken soll. Aus diesem ergebe sich ein zusätzliches Auslesekriterium für den Nachrichtenverkehr, mit dem es noch besser gelingen könne, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Dass sich Zuckerberg und Co. mit mehr als einer Milliarde Nutzern auch einiges an Zusatzeinnahmen ausrechnen dürften, ist hingegen mehr als offensichtlich, obwohl es unerwähnt bleibt. Dabei ist längst klar, wohin die Reise geht. Nach dem Börsengang bestimmen die Aktionäre den Kurs – und der ist streng auf Profit ausgerichtet. Zugespitzt bedeutet das: Wenn die Nutzer schon belästigt werden, dann wenigstens nicht umsonst. Fortsetzung folgt bestimmt.
Bild: Facebook