Sonstiges

Forscher entwickeln Lügendetektor für Twitter

Twitter ist ein mächtiges Tool, um Informationen zu verbreiten. Gerade bei Krisen und unübersichtlichen Ereignissen kann der Dienst äußerst hilfreich sein – der arabische Frühling und Hurricane Sandy sind nur zwei Beispiele. Doch es gibt auch Nutzer, die sich bestenfalls irren, schlimmstenfalls aber gezielt Falschinformationen streuen wollen. Ein Forscherteam hat nun einen Algorithmus entwickelt, der den Wahrheitsgehalt von Tweets berechnen soll.

Die Nutzer auf Twitter sind zwar schon recht schnell, Gerüchte und Falschmeldungen zu enttarnen und korrigieren, doch es bedarf nach wie vor einem gesunden Menschenverstand und vor allem wertvoller Zeit, um Wahrheit und Lüge auseinanderzudividieren.

Falsche Tweets werden mit Fragezeichen retweetet

Die Studie, die nächsten Monat im akademischen Journal „Internet Research“ veröffentlicht wird, basiert auf einer früheren Studie von Yahoo! Research über das schwere Erdbeben 2010 in Chile. Damals haben die Forscher 4,7 Millionen Tweets analysiert und herausgefunden, dass sich wahre und falsche Tweets unterschiedlich verbreiten. So werden falsche Gerüchte beispielsweise mit mehr Fragezeichen retweetet und von der Hälfte der Retweets als falsch bezeichnet. Bestätigte Fakten hingegen werden nur zu 0,03 Prozent in Frage gestellt. Das ist zwar keine überraschende, für einen Algorithmus aber eine wertvolle Erkenntnis.


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Homeoffice
Social Media Manager (m/w/d)
IG Metall in Frankfurt am Main
Social Media Manager (m/w/d) – Zielgruppe Pflege (Teilzeit oder Vollzeit)
Dr. Ausbüttel & Co. GmbH in Dortmund

Alle Stellenanzeigen


Auf diese Studie aufbauend haben nun Forscher vom Computer Research Institute der Qatar Foundation anhand von 200.000 Tweets einen Algorithmus entwickelt, der den Wahrheitsgehalt aufgrund von 16 Kategorien bestimmen soll. Demnach sind wahre Tweets länger als falsche Tweets, verlinken eher auf eine URL, die zu den Top 10.000-Adressen im Netz gehört und stammen von Usern mit vielen Followern. Auch sind die Tweets eher negativ als positiv formuliert, benutzen eher traurige Emoticons als Smileys und haben tendenziell keine Frage- oder Ausrufezeichen. Forscher an Indiens Institut für Informationstechnologie kamen hinsichtlich der Verwendung von Smileys zu ähnlichen Ergebnissen.

86 Prozent Genauigkeit

Wenn man dem nun entwickelten Algorithmus zwei Tweets vorlegt – einen falschen, einen wahren – wählt er in 86 Prozent der Fälle den wahren Tweet als glaubwürdiger aus. Das ist noch nicht perfekt, aber kann schon hilfreich sein, wenn unübersichtliche Notlagen aufkommen. Geübte Twitter-User werden vielleicht auf eine ähnliche Rate kommen, aber vermutlich dafür auch länger brauchen. Darüber hinaus spielt Regionalität eine große Rolle. So wurde während des Hurricanes Sandy unter anderem getweetet, dass das „Coney Island Krankenhaus“ in Flammen stehe. Die Nachricht stellte sich als falsch heraus. Doch selbst erfahrene Twitter-Nutzer aus Deutschland hätten da wohl Schwierigkeiten, den Wahrheitsgehalt korrekt zu bestimmen. Für Sicherheitskräfte, die nicht direkt vor Ort sind, sowie für Menschen die vor Ort sind kann diese Information jedoch über Leben oder Tod entscheiden.

Und so bleibt vor allem die Hoffnung, dass der Algorithmus weiter optimiert wird und eines Tages in Echtzeit den Wahrheitsgehalt von Tweets analysieren kann. In Gefahrensituationen ließe sich wertvolle Zeit sparen; Hilfe könnte dahin gesendet werden, wo sie dringend benötigt wird, Falschmeldungen hätten kaum eine Chance mehr, die Retter in die Irre zu führen. Die Forscher sind von ihrem Ansatz jedenfalls überzeugt, denn obwohl dieser für englische Tweets entwickelt wurde, erzielte er auch bei spanischsprachigen Tweets eine Genauigkeit von 82 Prozent. Das hört sich ja schon mal ganz passabel an.

Bild: Flickr / Matt Biddulph

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

7 Kommentare

  • „Ey, alda, das Krankenhaus brennt. Schnell ’n Foto davon auf Twitter hochladen.“

    Man möge mich einen Kleingeist zeihen, aber wie krank muss eine Gesellschaft sein, in der es üblich ist, erst eine Follower zu bedienen als Rettungskräfte zu organisieren? Riefen die Leute so wie früher zuerst die Notrufzentrale an, könnte man sich die Tweetanalyse sparen.

  • TJ: Und Du warst dabei, dass Du das genau weisst? Würden sich die Leute doofe Artikelkommentare verkneifen, könnte man auch ne Menge sparen. Die Moderation von Beiträgen z.B.
    Twitter muss echt ne wahnsinnige Bedrohung für die Menschheit sein, wenn alle Nase lang jemand dagegen wettert.

  • Ich dachte es wäre mittlerweile hinlänglich bekannt, dass der arabische Frühling mal so gar nichts mit facebook und Twitter zu tun hatte, und ganz bestimmt auch keine social-media Revolution war. Nein? Stattdessen deklariert man Twitter mittlerweile zum informationskanal von Rettungsdiensten und Katastrophenschutz?
    Ich bin ja keiner der ständig den Untergang des Abendlandes predigt, aber in diesem Fall scheint es mir durchaus angemessen.

  • Wieviele Leute können denn so gleichzeitig bei der Notzentrale anrufen? Ausserdem will man doch erstrangig Freunde und Bekannte kontaktieren um Sie gegenenfalls zu warnen. Diente wie Twitter werden deshalb bei Katastrophen immer ausgiebig genutzt werden. Ich finde der Detektor is eine gute Sache.