Die Mediengruppe RTL hat angekündigt, den Empfang ihrer Programme für Google TV zu sperren. Wie ein Sprecher begründet, habe man bekanntlich etwas dagegen, dass Dritte versuchen, die von ihnen aufwendig erstellten Inhalte auf ihre Kosten zu kommerzialisieren, indem sie diese mit eigenen Angeboten überblenden. Soweit, so verständlich.
Damit folgt RTL der Strategie der amerikanischen Networks, die bereits 2010 der ersten Google TV-Version den Zugang zu ihren Online-Mediatheken untersagten. Doch auch wenn die Ankündigung von RTL nicht ins Detail geht, können mit der Blockade ebenfalls nur die Internetdienste rtlnow.de, voxnow.de & Co. gemeint sein. Da Google TV selbst keinen Kabel- oder Satellitenempfang anbietet, ist man weiterhin auf einen entsprechenden Receiver angewiesen, der an Google TV angeschlossen wird. Somit müsste das Live-Programm von RTL & Co. also weiterhin verfügbar sein – auch auf Google TV.
ProSiebenSat.1 hingegen ist demonstrativ entspannt und steht „dem Start dieser Nischen-Angebote völlig gelassen gegenüber“, so Sprecher Marcus Prosch. Man vertraut dabei ganz auf die Stärke seiner Plattformen MyVideo und Maxdome, die auf zahlreichen Smart TVs verfügbar sind und sieht somit keine Gefahr für konventionelle Fernsehsender.
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RTL besorgt über IPTV-Quoten
Dieser Meinungsunterschied ist interessant, denn sonst sind die Wettbewerber ProSiebenSat.1 und Mediengruppe RTL häufig einer Meinung, wenn es darum geht, den übermächtigen Suchmaschinenkonzern an die kurze Leine zu nehmen. Ein Grund dafür könnte die Zuschauerzusammensetzung beider TV-Netzwerke sein. Denn Internet-Dienste sind besonders bei jüngeren Männern beliebt – eine Zielgruppe, die ProSieben mit seinen Sitcoms eher anspricht als RTL mit seinem Familien-Programm. Das spiegelt sich auch in den Quoten der IPTV-Haushalte wieder, die seit August ausgewiesen werden. Dort erreicht RTL zwischen August und Oktober nur 10,4 Prozent verglichen mit 15,2 Prozent im Gesamtmarkt. ProSieben liegt mit 10,5 Prozent im IPTV-Markt nahezu gleichauf mit dem Gesamtmarkt. RTL hat also überhaupt kein Interesse, dass sich VoD-Dienste auf dem großen TV-Bildschirm durchsetzen.
Doch neben den nackten Zahlen habe ich den Eindruck, dass RTL etwas überreagiert und ProSieben etwas zu entspannt ist, wobei ein Mittelweg zwischen Blockade und Nicht-Blockade sicherlich schwierig zu finden ist. Doch RTL hört sich ein bisschen wie die Verlage an, die ständig meckern, dass Google ihnen etwas wegnimmt und dabei vergessen, dass Google die Reichweite überhaupt erst bringt. Bei Fernsehinhalten ist das zwar noch nicht der Fall, bei Online-Nachrichten hingegen schon. Die Strategie, sein existierendes Geschäftsmodell jedenfalls solange auf Gedeih und Verderb zu beschützen, bis es nicht mehr anders geht, ist allerdings selten aufgegangen. Man könnte mal die Musiklabels fragen, die erst iTunes und dann Spotify verteufelten und nun froh sind, dass dort die Umsätze wachsen.
„If content is King, distribution is King Kong“
ProSiebenSat.1 hingegen scheint etwas blauäugig, wenn man glaubt, dass MyVideo und Maxdome mit YouTube und Google Play mithalten können oder gar überlegen sind. ProSieben-Sprecher Prosch hat zwar nicht Unrecht, wenn er sagt, dass Content King sei. Doch ich würde widersprechen, dass dadurch „alles andere zweitrangig“ sei. Inzwischen setzt sich nämlich vermehrt die schöne Auffassung durch „If content is King, distribution is King Kong“ und da ist Google deutlich überlegen.
Insofern wären RTL und ProSieben gut beraten, sich mit dem Suchmaschinenriesen zusammenzusetzen und gemeinsam zu überlegen, wie man einvernehmlich Geld verdienen und dieses fair teilen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Google dem gegenüber abgeneigt ist. Denn auch Google hat nichts davon, wenn Google TV im zweitgrößten Fernsehmarkt der Welt zum Ladenhüter wird.
Bild: Flickr / khelvan