Amazon will künftig auch in Europa unter eigenem Namen Bücher veröffentlichen. In den USA gibt es den Verlagsarm des Online-Kaufhauses schon seit längerem – mit gemischtem Erfolg.
2009 hatte Amazon dort seine erste Verlagsmarke AmazonEncore aufgebaut, mit dem Ziel, Nachwuchs-Autoren eine Plattform geben zu können. Dabei sollen Kundenrezensionen helfen, die Diamanten unter der Unmenge an unbekannten Büchern zu finden. So wurde zum Beispiel auch „Legacy“ entdeckt, eine Novelle der 16jährigen Autorin Cayla Kluver, die das Buch zunächst selbst veröffentlicht hatte. Im Zuge der Neuveröffentlichung wurde nun mit Marketingmaßnahmen aus dem Hause Amazon nachgeholfen.
Crowdsourcing statt Talent-Scouting
Die Grundidee, bei der Talentsuche auf Crowdsourcing zu setzen, gefällt mir dabei ganz gut. Denn nicht nur kann es ein junges Talent eher ins Rampenlicht schaffen, praktischerweise spart sich Amazon dabei auch gleich die mitunter teure Autoren-Suche. Auch beim Lektorat dürfte der Konzern billiger wegkommen, schließlich wurde das Buch ja schon veröffentlicht.
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Inzwischen sind bei Amazon Publishing weitere Verlagsarme dazugekommen, unter anderem AmazonCrossing, wo fremdsprachige Bücher ins Englische übersetzt werden oder „The Domino Project“ für kürzere Bücher von Pionieren und Visionären. Über die Konditionen der einzelnen Verlagsmarken ist allerdings nur wenig bekannt.
Boykott der Buchhändler macht Amazon zu schaffen
Innerhalb der ersten beiden Jahre hat Amazon etwa 150 Bücher in den USA veröffentlicht. Doch über die Verkaufszahlen der Bestseller hinaus gibt man sich etwas wortkarg. Grund dafür könnte sein, dass niemand anderes die Bücher verkaufen möchte, denn die Buchhändler sind auf den neuen Wettbewerber generell nicht gut zu sprechen, schließlich habe der Online-Händler ihrer Auffassung nach der gesamten Buch-Industrie geschadet.
Besonders amüsant wurde die Posse zwischen Amazon und mehreren Buchhandelsketten, als sich Anfang des Jahres herausstellte, dass der eCommerce-Riese Bücher einer seiner Verlagsmarken unter dem Pseudonym „New Harvest“ über den US-Verlag Houghton Mifflin Harcourt vertreiben wollte. Seitdem boykottieren fast alle US-Ketten Amazon-Bücher.
Amazons Vertriebsmacht alleine reicht nicht aus
Die unbequeme Wahrheit ist jedoch, dass Amazons Vertriebs-Power alleine (noch) nicht ausreicht, schließlich wird der Großteil der Bücher weiterhin beim Stöbern in der Buchhandlung entdeckt. Auch macht Print nach wie vor mehr als 80 Prozent der gesamten Buchverkäufe aus. Das könnte auch für die Jungautoren problematisch werden, denn wenn im stationären Handel die Umsätze fehlen, müssen diese über eBook-Verkäufe wieder aufgefangen werden, doch auch bei Googles und Apples digitalen Verkaufsläden werden die Bücher nicht gelistet.
Unabhängig von den Vertriebsschwierigkeiten in den USA soll Amazon Publishing nun also Anfang 2013 nach Europa kommen. Zunächst möchte man dabei englischsprachige Bücher verlegen, die unter anderem in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien verfügbar sein sollen.
Buchhändler in Deutschland: Vorbild Amerika?
Wenn die Buch-Branche in Deutschland allerdings pfiffig ist, werden sie sich ihre amerikanischen Kollegen zum Vorbild nehmen und auch die Amazon-Bücher boykottieren. Und ich gehe schwer davon aus, dass die meisten Händler das auch tun werden. Man sägt ja nur ungerne an dem Ast auf dem man sitzt. Für Amazon wird es schwierig, den Verlagsmarkt zu knacken, denn während die Verlage selbst auf die Hassliebe Amazon angewiesen sind, brauchen die Buchhändler den übermächtigen US-Konzern kaum zu fürchten.
Bild: Flickr / TheGiantVermin