Google hat sich am Dienstagmorgen in die Diskussion um eine geplante Gesetzesänderung zum Leistungsschutzrecht eingeschaltet und versucht seitdem Nutzer über die eigene Homepage gegen das Gesetz zu mobilisieren. Auf der Startseite der Suchmaschine wird mit den Worten „Willst Du auch in Zukunft finden, was Du suchst? Mach‘ mit: Verteidige Dein Netz“ auf eine eigens angelegte Kampagnenseite verlinkt.
Hier soll unter anderem ein pathetischer Film dafür sorgen, dass die User eine Petition gegen die Gesetzesänderung unterzeichnen, oder besser noch, ihren Bundestagsabgeordneten kontaktieren und sich bei ihm gegen die Änderung aussprechen. Eine Suchmaske erleichtert dann praktischerweise auch gleich die Suche nach dem zuständigen Volksvertreter.
Die Änderung im Urheberrechtsgesetz, die am Donnerstag im Bundestag diskutiert werden soll, sieht vor, Presseverlage künftig an den Gewinnen zu beteiligen, die kommerzielle Anbieter mittels Verlinkung auf einen journalistischen Beitrag eines Pressehauses erzielen. Dabei soll die bloße Verlinkung eines Beitrags, wie schon im „Paperboy-Urteil“ von 2003 entschieden, keine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das Urteil zielt demnach primär auf die kleinen Textauszüge ab, die bei einer Google-Suche erscheinen und, entscheidender, auf die Google-Adwords-Werbung, über die das Unternehmen Werbeeinnahmen erzielt. An ebendiesen Einnahmen wollen die Verlage ab sofort beteiligt werden.
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Dass es zu einem Gesetzentwurf gekommen ist, darf wiederum als hervorragende Lobbyarbeit verstanden werden. Dabei will das Gesetz „kein Korrektiv für Strukturveränderungen des Marktes sein, auf die Presseverleger vor allem mit neuen Angeboten reagieren müssen”. Was das Gesetz denn anderes ist, als ein Korrektiv, bleibt fraglich.
Es geht ums Prinzip, nicht um das große Geld
Ich gehe davon aus, dass der Gesetzesentwurf den Bundestag problemlos passieren wird. Nutzen wird es den Verlegern indes kaum. Ein Link auf ein redaktionelles Angebot bleibt, bei meiner Lesart, erlaubt. Die Dachzeile und Überschrift eines Artikels sind für gewöhnlich ausreichend prägnant formuliert, um den Inhalt eines Beitrages ergründen zu können. Würde nach Inkrafttreten des Gesetzes also nur der kurze Textanschnitt eines Artikels bei der Google-Suche („Snippet“) wegfallen müssen, es würde mich und die Mehrheit der User vermutlich nicht weiter stören. Und auch gesetzt den Fall, Google beteiligt die Verlage an den Einnahmen, dürfte der Betrag doch relativ gering ausfallen.
Die Verleger klammern sich derweil an jeden noch so kleinen Strohhalm. Es geht bei dem Urteil mehr ums Prinzip, weniger um das große Geld. Das wird auch nach der Gesetzesänderung nicht auf die Konten der Pressehäuser fließen. Das Problem bleibt das alte: Die Zeitungs-Abonnenten sterben langsam aber sicher aus. Der “Nachwuchs” informiert sich kostenlos im Netz. Die Herstellungskosten für Tablet-Apps überwiegen den Erlös noch bei weitem. Zudem sind die Endgeräte nicht ausreichend verbreitet, als dass diese moderne Rezeptionsform die traditionelle in naher Zukunft ersetzen könnte. Wertige Presseerzeugnisse sollten auch im Web ihren Preis haben. Keine Frage. Und ich bin davon überzeugt, dass Leser einen gut recherchierten Beitrag zu schätzen wissen und bereit sind für selbigen auch zu zahlen.
Gewinne im Web? Nicht ohne Paywall!
Ohne eine zumindest selektive Paywall, wird die Zeitungsbranche im Web aber keine Gewinne erzielen können. Dabei sollten eben jene Beiträge kostenpflichtig sein, die in ihrer Art einzig dem Medium vorbehalten, ausreichend exklusiv und einzigartig sind. Bei einer regionalen Tageszeitung handelt es sich dabei womöglich um den Artikel aus dem Stadtteil und nicht um den überregionalen Einheitsbrei aus der Nachrichtenagentur. Bei Spiegel und Co. um den investigativen Leckerbissen. Wichtig auch: Der Leser darf nicht durch einen unverhältnismäßigen Preis und durch eine lästige Zahlungsabwicklung vergrätzt werden.
Die Verleger werden das neue Gesetz als Sieg zu feiern wissen. Ein ernstzunehmendes neues Geschäftsfeld hat sich damit aber nicht aufgetan. Und Google? Bleibt das Tor zum Web und damit die Online-Weltmacht schlechthin. Dass der Internetkonzern Zeitungsverlage in Belgien nach einem Streit mit den Verlegern kurzerhand nicht mehr in seiner Suche auflistet sowie in Frankreich ein ähnliches Vorgehen angekündigt hat, nehme ich dem Konzern dann aber doch übel. Denn wie heißt es doch bei Google immer so schön: ”Don’t be evil!”