Bei Netflix hat sich in letzter Zeit Einiges getan: Erst kündigte der US-Streamingdienstleister an, im vierten Quartal die internationale Expansion insbesondere in Skandinavien voranzutreiben, dann ließ die Aktie trotz eines relativ guten Quartalsergebnisses stark nach. Kurze Zeit später wurde der 30-millionste Kunde begrüßt und ein internationaler Content-Deal mit CBS verkündet. Und schließlich gab Investor Carl Icahn gestern bekannt, dass er 10 Prozent an Netflix erwerben werde, was den Aktienkurs um fast ein Viertel steigen ließ.
Ordnen wir das mal ein: Klar ist, dass Netflix global expandieren muss, wenn das Unternehmen mit der Konkurrenz mithalten will. Insbesondere Amazons LoveFilm ist in Europa besser aufgestellt. Dass nach England nun aber Skandinavien ins Auge gefasst wird, überrascht, schließlich sind Deutschland, Frankreich und Italien die deutlich größeren Medienmärkte. Netflix ist aber auch auf der Suche nach unter anderem deutsch-, italienisch- und japanisch-sprachigen Mitarbeitern, was ein Zeichen sein dürfte, dass künftig auch Asien und der Rest Europas ins Visier genommen werden.
Interessanter ist allerdings der Einstieg von Großinvestor Icahn. Mit der Begründung, dass Netflix unterbewertet sei, entschied sich der Multimilliardär zum Einstieg. Der Investor ist dafür bekannt, bei Unternehmen auf einen Richtungswechsel zu drängen und zu versuchen Management-Entscheidungen zu beeinflussen. Auch bei Netflix hat Icahn schon eine Idee im Hinterkopf: Das Unternehmen solle einen Verkauf oder einen Zusammenschluss mit Amazon, Google oder Microsoft prüfen, um den Unternehmenswert zu steigern.
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In der Tat ist der Aktienwert im vergangenen Jahr stark zurückgegangen. Bei der Unterbewertung bin ich mir aber nicht ganz so sicher. So hat Netflix den Rückgang des margenträchtigen DVD-Versands, mit dem das Unternehmen groß geworden ist, durch Preiserhöhungen und die Auslagerung des DVD-Geschäfts aktiv vorangetrieben und einkalkuliert, dadurch 6,5 Millionen Kunden zu verlieren. Man kann das eine vorausschauende und mittelfristig strategisch richtige Entscheidung nennen, aber auf jeden Fall war es verfrüht, schon Mitte 2011 den Abgesang auf die DVD einzuläuten.
Auch die internationale Expansion ist ein zweischneidiges Schwert. Da Lizenzrechte pro Markt vergeben werden, führt jeder Markteinstieg erneut zu hohen Lizenzkosten, weswegen ein Netflix-Sprecher trotz der Suche nach Sprachtalenten die Erwartungen dämpft, dass in nächster Zeit weitere Länder folgen werden. Dazu kommt, dass Netflix inzwischen auf einem Berg von fünf Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten für Lizenzen sitzt, aber nur über einen Cash Flow von 40 Millionen Dollar verfügt. Das wird schwer zu bezahlen.
Also verkaufen? Gerüchten zufolge ist Microsoft interessiert und hat mit der Xbox auch ein Gerät im Wohnzimmer, das als Entertainment-Zentrale positioniert wird. Und Microsoft’s Portokasse ist auch groß genug, um die Lizenzzahlungen von Netflix zu stemmen. Attraktiver macht das den Dienst allerdings nicht. Und trotzdem dürfte auch Amazon an Netflix interessiert sein. Denn während LoveFilm mit „nur“ zwei Millionen Kunden in Europa schon Marktführer ist, ist der Service in den USA überhaupt nicht verfügbar. Insofern wäre auch Amazon sicherlich an 30 Millionen neuen Kunden interessiert. Es scheint also, als ob Icahn den richtigen Riecher hatte und zum richtigen Zeitpunkt bei einem Unternehmen mit Perspektive eingestiegen ist.
Bild: Netflix