Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat eine Studie mit medienpolitischem Sprengstoff veröffentlicht: In der Studie „Gesetzliche Regelungen für den Zugang zur Informationsgesellschaft“ auf Anregung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie wird festgestellt, dass die Verweildauer von öffentlich-rechtlichen Netzinhalten, auch bekannt als „Seven Day Catch-Up“ nicht mehr zeitgemäß sei.
Gleichzeitig erkennen die Autoren „die konträre Interessenlage“ der öffentlich-rechtlichen und privaten Medienakteure, weswegen die Studie vermutlich kein direktes Ergebnis zur Folge haben wird, zumal der neue Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) zum 1. Januar 2013 in Kraft treten wird und es noch dauern dürfte, bis ein neuer Änderungsvertrag beschlossen wird. Man kann angesichts der Studie und des Rechtsstreits zur Tagesschau-App jedenfalls annehmen, dass diesem hitzige Diskussionen vorausgehen werden.
12. RÄStV regelt Internet-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunk
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Doch gehen wir erst einmal ein paar Jahre zurück: 2009 trat der 12. RÄStV in Kraft, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fortan erlaubte, unter Auflagen sendungsbezogene Online-Angebote zu machen, sprich unter anderem Online-Mediatheken anzubieten. Ein Verhandlungsgeschenk an die Privatsender und deren Lobby-Verbände war damals, dass die Inhalte in der Regel nach sieben Tagen „depubliziert“ werden müssen.
Interessanterweise sind bei der ARD viele Sendungen und Beiträge durchaus länger als sieben Tage verfügbar, da die Frist bei jeder Ausstrahlung erneuert wird. Dies ist auch ein Grund, warum auf den Dritten Programmen vermehrt Wiederholungen laufen. Sichtbar wird das am Anteil der Erstsendeminuten: Laut der KEF ist dieser in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf inzwischen 33 % gesunken. Bei ARD und ZDF liegt er relativ konstant bei 66 % bzw. 70 %.
Die Privatsender kritisieren vor allem, dass das Engagement des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet eine Wettbewerbsverzerrung darstelle, da es Online kein Marktversagen gebe, das einen starken Eingriff rechtfertige. Die Rundfunkanstalten wiederum argumentieren, dass sie den medienkonvergenten Entwicklungen Rechnung tragen müssen und durch den Grundversorgungsauftrag sogar dazu verpflichtet seien, den Gebührenzahlern auch online zu informieren, wo dieser sich schließlich zunehmend bewege. Das ist durchaus richtig und wird auch von der TAB-Studie bestätigt: „Aus […] Sicht der Nutzer (und Gebührenzahler) ist die Löschung einmal produzierter Inhalte […] kaum nachvollziehbar“.
Nur ein kurzer „Long Tail“ bei zeitversetztem Fernsehen
Die Angst der Privatsender vor dem Fallen der Verweildauer-Regelung scheint jedoch unbegründet: US-Daten zur Nutzung von digitalen Videorekordern (DVR) zeigen zwar, dass die TV-Einschaltquote um durchschnittlich 13 % steigt, wenn man den zeitversetzten Abruf innerhalb einer Woche nach der Ausstrahlung berücksichtigt – bei Primetime-Sendungen liegt die Steigerungsrate sogar bei 21 %. Allerdings erfolgt die Hälfte der zeitversetzten Nutzung noch am selben Tag, nach drei Tagen haben bereits 88 % der Nutzer das Programm gesehen. Auch wenn der Vergleich zwischen DVR-Nutzung in den USA und Online-Mediatheken in Deutschland hinkt, die Befürchtungen signifikanter Umsatzeinbußen der Privatsender sind meiner Meinung nach daher unbegründet. Daher schließe ich mich der Schlussfolgerung des TAB an und würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber die Depublizierungs-Pflicht schnellstmöglich abschafft. Könnte aber noch ein Weilchen dauern, bis es soweit ist.
Bild: Deutscher Bundestag