Wirtschaft

Wettbewerb sucht Gründungsideen. Ohne echte Gründer. Ohne echte Passion?

Die Ideeologen
geschrieben von Michael Müller

Die Ideeologen

Gründen will gelernt sein. Am Anfang steht die Idee. Diese Idee wird ausgearbeitet, überdacht, zu Papier gebracht. Am Ende steht der Businessplan. Und dieser liegt eines Tages auf dem Tisch eines Geldgebers. Dieser Ablauf ist jedenfalls stets dann gegeben, wenn der Gründer nicht aus reichem Hause kommt, jemanden kennt der auf große monetäre Mittel zugreifen kann, oder eben schlichtweg selbst auf einem Haufen Geld sitzt. Woher auch immer. Wer Fremdkapital benötigt, dessen Idee und Plan muss hieb- und stichfest sein.

Was hier so blumig daherkommt, ist alles andere als das. Allein den Finanzplan innerhalb eines Businessplans zu entwickeln bedarf großer Aufmerksamkeit. Auch den korrekten Mittelweg zwischen Vernunft und Exzess zu finden, wenn es um die Bewertung von eigenem Geschäftsführergehalt Einnahmen und Ausgaben geht, erfordert einiges an Geschick. Doch witzigerweise sind es oftmals eben genau nicht diese trickreichen Feinheiten, die potentielle Gründer deprimieren und auf den Boden des Lebens zurückholen. Nein. Es ist die Idee. Denn die ist entweder wahnsinnig gut. Oder wahnsinnig langweilig. Wenn die Idee knallt, dann knallen auch Businessplan und alles was sonst noch erforderlich ist. Peng. Peng. Erfolg!

Dass die Selbsteinschätzung von Gründungsideen nicht selten voll am Leben vorbei geht, dürfte in der eigenen Begeisterungsfähigkeit liegen, die durch den Duft der Selbstständigkeit und des Geldes die Realität vernebelt. Als Besucher eines Gründerseminars an der Goethe-Universität Frankfurt schöpfe ich da aus eigener Erfahrung. Da wird ein Erlebnis-Pissoir vom Professor gefeiert, während ein koffeinhaltiger Energydrink in Pulverform mehr Fragen und Skepsis, als Begeisterung auslöst. Um eben genau diesen Nebel zu verdünnen, schickt sich jetzt eine offene Innovations-Community an. Mit dem härtesten Juror der Welt auf ihrer Seite: dem Internet.

„Die Ideeologen“ veranstalten auf ihrer Online-Plattform jetzt einen Ideenwettbewerb, bei dem teilnehmen kann, wer will. Der Ablauf: Idee formulieren, hochladen, und am Ende das Feedback eintüten. Es winken Preisgelder in Höhe von bis zu 5000 Euro. Damit lässt sich was anfangen. Interessanter ist, wer hinter den Ideeologen steht. Laut Teilnahmebedingungen arbeiten diese „im Auftrag eines Kunden aus der Informations- und Telekommunikationsbranche“. Lecker.

Doch was ist mit der Idee? Wird diese zum öffentlichen Gut, sobald sie auf der Plattform veröffentlicht wird? Nunja: „Die Teilnehmer räumen den Ideeologen unentgeltlich und unwiderruflich das einfache, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkte, übertragbare Recht ein, (…) insbesondere die Ideen umzusetzen.“ Will heißen: wer seine Idee veröffentlicht, tritt auch die Rechte daran ab. Hat allerdings die Möglichkeit, das Preisgeld einzusacken. Weniger lecker.

Also doch kein echter Gründerwettbewerb. Allerdings heißt es ja auch „Open Innovation Community“. Und ist somit nichts für echte Entrepreneure, sondern eher etwas für pfiffige Kerlchen, die ihre Ideen für die schnelle Mark verkaufen möchten, aber nicht den Mut haben, es selbst anzugehen.

Bleibt somit abzuwarten, ob solcherlei Ideen die nötige Leidenschaft mitbringen, die für eine erfolgreiche Gründung auf eigene Faust nötig ist. Sonst nix „Peng. Peng“. Sondern „Blubb“…

Über den Autor

Michael Müller

Michael tritt seit 2012 in über 140 Beiträgen den Beweis an, trotz seines Allerweltnamens real existent zu sein. Nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums arbeitete er einige Jahre als PR-Berater, bevor er 2016 als Tech-Kommunikator bei einem deutschen Spezialglas-Hersteller einstieg.

14 Kommentare

  • Ich habe Ideen wie Sand am meer, und jede, die ich davon angehe, ist auch erfolgreich. Warum sollten Menschen wie ich weitere Ideen für umsonst rausgeben? Damit ein unkreativer BWL-Schnuffi Kohle damit machen kann? Ist eher doof, so ein Ansatz.

  • „Ich habe ein Konzept für einen Wettbewerb, wo Leute kostenlos ihre Ideen reintun und wir die guten einfach abfischen dürfen.“

    Vielleicht schlage ich das mal vor 🙂

  • Ich war selbst bei 2 „Inkubatoren“ in Berlin und Hamburg unterwegs.

    Wenn man einmal diese – entschuldigt mich für die Verallgemeinerung – BWL-Schnösel sieht, die egozentrisch versuchen eine fremde Idee aufzubauen, ohne auch nur einen Hauch von Ahnung von Technik zu haben (was bei einem Tech-Startup von Vorteil wäre), weiß man, dass der Ansatz in die Hose gehen wird.

  • @Guido Gallenkamp für ein Impressum dass von allen Seiten mit nur einen Klick erreichbar ist, hat es dennoch nicht gereicht.

    Trotzdem würde ich deinen Kommentaren hier gerne sowas wie einen Daum nach oben geben.:)

  • Am leichtesten wärs doch dann mit einem Ideen & Innovationsbuch/ebook oder kostenpflichtigen Newsletter rauszukommen, zumindest mit den Ideen, die sie nicht selbst umsetzen wollen. 😀

  • Auf die richtige Idee zu kommen ist für die meisten nicht so einfach. Wenn sie dann eine Idee haben, halte ich den Businessplan für unerlässlich. Und zwar nicht nur um einen Kredit zu bekommen oder sonstige Finanzmittel, sondern um auch selber auszuloten ob die eigene Idee ertragreich ist oder nicht.
    Grundsätzlich muss ich sagen, man sollte heute eine Idee haben die nicht üblich ist. Eine Idee die schon tausendfach umgesetzt wird, bringt wohl gar nichts. Man muss etwas finden worauf sonst noch keiner gekommen ist. Und das ist gar nicht so einfach.

  • @Anton
    Stimmt, werde ich ändern. Ist nur auf der Startseite zu sehen, danke für den Hinweis!

    @Ralf Duyster
    Doch, das ist eigentlich relativ einfach. Ich nenne eine „Idee“ auch nur etwas, was es nicht schon gibt. Da fallen mir leider mehr ein, als ich selbst umsetzen kann. Ich pflege seit etwa 2000 eine eigene Ideendatenbank in Stichworten. Deswegen bin ich (unter anderem) dabei, eine eigene, offene Ideenbörse auszutüfteln. Menschen, die Ideen haben, sind nicht unbedingt charakterlich ao ausgestattet, dass sie diese auch selbst praktisch umsetzen können. Eine Zusammenarbeit mit BWL’ern wäre da schon super – wenn es fair abläuft. Also wenn alle beteiligten Parteien wirklich beteiligt werden und nicht eine Seite nur gemolken wird. Nur so machen neue Ideen auch wirklich Spaß.

    Ich habe leider oft die Erfahrung gemacht, dass manche Leute meine Ideen gerne selbst umsetzen, wenn ich vorab mit ihnen spreche, um die Realisierbarkeit mit anderen Augen zu betrachten. Oder, dass jemand woanders die gleiche Idee hatte, bevor ich sie umsetzen konnte.

    Da steckt viel Potential drin, sollte man ernst nehmen, dieses Thema.

    Grüße!

  • Die Idee ist Spitze – ist man Betreiber des Projekts. Das ist ungefähr so wie wenn ich mir als Küchenchef einen Lehrling einstelle den keiner kennt und der super Rezepte von seiner Oma drauf hat – das abschaue und unter meinem Namen auf die Speisekarte setze.

  • ”Die Teilnehmer räumen den Ideeologen unentgeltlich und unwiderruflich das einfache, räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkte, übertragbare Recht ein, (…) insbesondere die Ideen umzusetzen.”

    Hört sich nach nem neuen Projekt der Samwer-Brüder an.

  • Sowas ist doch irrsinnig: Da hat man eine gute Idee-brennt vielleicht richtig dafür & dann soll man sie für einen „möglichlichen 5000 Euro Gewinn“ komplett abtreten? Nein danke-ohne mich, dann liebe selfmade & es auf eigene Faust versuchen. Liebe Grüße an alle Gründer- der Weg ist steinig & hart; aber man kann es schaffen!

  • Hmmmmm, eine gute Idee zu präsentieren und dann abzugeben, die auch noch das Zeug für Innovationen und/oder Marktlücken hat, das ist ja schon recht aufwändig und anfällig für Gratis-Ideenklau.
    Klingt für mich eher nach Schüler-Wettbewerb, da ernsthafte Gründer sowas nicht mitmachen sollten.

  • Meinungen zu Gründungen tummeln sich im Netz gar viele. Meines Erachtens ist eine Sache ausschlaggebend, ob eine Idee erfolgsversprechend ist. Der Gründer muss seine Zielgruppe genauestens kennen, sein Produkt muss ein Problem der Zielgruppe lösen. Dann wird die Zielgruppe auch bereit sein das Produkt zu kaufen.
    Der Gründer sollte auch in der Lage sein, sein Vorhaben eigenständig zu formulieren, ohne dass er dazu einen Berater benötigt. Dieser sollte im wesentlichen nur noch Feedback geben.

  • Wenn man weiß wie, lassen sich gute Ideen produzieren wie der Bäcker Brötchen backt. Kommen dazu noch Begeisterung, Kunden- und Marktkenntnis, Energie und Disziplin ist fast alles möglich. Eine gute Idee zeichnet sich auch dadurch aus, dass wir sie mit vorhandenen Ressourcen realisieren können und dass sie von den potentiellen Kunden keine großen Verhaltens- oder Nutzungsänderungen verlangen – ihnen aber ein besseres Nutzungserlebnis bieten. Das ist alles mit Methode, systematisch machbar.