Social Media

Tut mir Leid: Es dürfte zu spät sein, sich Klout und Google Author Rank zu entziehen

Kürzlich rief eine Kollegin an und wollte meine Meinung zum Thema Klout wissen. Ich hatte im April drüber geschrieben und den Service als „Schufa fürs Web“ bezeichnet. Der Dienst misst euren Einfluss im Social Web mit Hilfe eines Klout-Scores auf einer Skala zwischen 0 und 100. Heute sehe ich es noch etwas kritischer als damals. Es ist mehr eine freiwillige Selbstkasteiung. Wer sich bei Klout einreiht, der tut das, um anderen zu zeigen, wie einflussreich er ist – oder wie machtlos. Das Prinzip kann überhaupt nur funktionieren, wenn immer mehr Menschen Klout nutzen oder die Punktzahl für wichtig erachten. Also lassen wir doch die Finger davon, wäre mein Rat. Die Schufa mögen wir schließlich auch nicht.

Das könnte allerdings schwerer werden als uns lieb ist, denn der Zug ist längst ins Rollen gekommen. Die Marketing-Maschine ist angelaufen: Ihr könnt Bücher über Return on Influence (ROI) kaufen, Leitfäden studieren, wie ihr eure Klout-Score verbessern könnt. Eine Zeitlang konntet ihr den Klout-Score sogar verbessern, indem ihr euch Follower und Freunde auf Seiten wie BuyKlout gekauft habt. Klouts neuer Algorithmus, im August vorgestellt, soll solchen Methoden angeblich den Riegel vorschieben. Sich dem Irrsinn ganz zu entziehen, könnte aber schwer werden, denn jetzt ist sogar Microsoft mit an Bord.

Der Software-Gigant hat gestern eine Partnerschaft mit Klout angekündigt. Dabei handelt es sich um mehr als die Integration des Klout-Score in die Sidebar der Suchergebnisse. Ferner hat Microsoft in Klout investiert, sprich: sich Anteile daran gesichert. So schnell wird der Dienst also nicht mehr verschwinden. Nun könnte man argumentieren: „Was soll’s? Bing wird schließlich nicht einmal halb so oft genutzt wie Google.“ Dumm nur, dass Google eine ganz ähnliche Strategie verfolgt: Googles Klout heißt Author Rank, und der könnte schon sehr bald in die Suchergebnisse einfließen. Tobias Gillen hat drüben bei den Netzpiloten beschrieben, wie das funktionieren soll: Google gewichtet Suchergebnisse demnach künftig besser, die von Autoren mit einem hohen Author Rank stammen. Verbessern kann man diesen mit einer hohen Aktivität auf Google Plus: Wie viele +1s pro Beitrag? Wie oft wurden Beiträge geteilt? Gute Vernetzungen zu anderen Google-Plus-Nutzern? Anzahl der Circles auf Google Plus, in denen sich der Nutzer befindet. Google Plus, Google Plus, Google Plus.


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Wenn das alles nur eine Erfindung war?

Weil Google in vielen Ländern der Marktführer ist und die Webwelt auf den Riesen angewiesen, ist das praktisch der Zwang, auf G+ aktiv zu werden und zu bleiben. Sich von Facebook abzumelden, ist schwer, sich von Google Plus abzumelden, wird unmöglich. Zumindest für jemanden, der beruflich etwas mit dem Internet machen möchte. Ein Horrorszenario, und wohl bald schon Realität. Streng genommen würde nur helfen, Klout und Google Plus in Grund und Boden zu ignorieren. Aber wie sollte das jetzt noch funktionieren? Denn aus Anwendersicht gesehen hat Google Plus zu Recht viele Fans. Es gibt laufend neue Funktionen, spannende Diskussionen, die so einfach auf Facebook nicht möglich wären, und dazu nimmt Google auch die Sache mit dem Datenschutz angeblich ernster als Facebook. Aber alles hat offenbar seinen Preis.

Der Redakteurin teilte ich übrigens meine Verschwörungstheorie mit: Klout, bereits vor vier Jahren gestartet und lange Zeit nicht weiter aufgefallen, wurde erst so richtig durch einen Artikel in der Wired bekannt. Vorgestellt wurde darin ein Marketing-Manager, der wegen eines zu niedrigen Klout-Scores angeblich keinen Job bekam. Und dann habe es da noch ein Hotel in Las Vegas gegeben, bei dem Gäste mit hoher Klout-Score angeblich bevorzugt behandelt wurden. Was, wenn diese Beispiele einfach ausgedacht waren? Wenn da der Teufel an die Wand gemalt wurde, vielleicht sogar jemand nachgeholfen hat, um Klout erst richtig bekannt zu machen? Vielleicht sind wir da auf was reingefallen, und jetzt ist es wohl zu spät.

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

29 Kommentare

  • Alles halb so wild, niemand muss irgendwelche Penisfechten-Tools benutzen. Wer relevanten Inhalt zu einem Suchbegriff hat, wird bei Google immer vorn gelistet sein – unabhängig von AuthorRank, KloutScore, DickSize oder was auch immer.

    Google hat gar kein Interesse daran, die natürlichen Ergebnisse zu weit zu verfälschen – wir wissen ja, dass sie viel Geld ausgeben um sich gegen SEO zu wehren.

    Klar, wer Reiserücktrittversicherungen über’s Internet vertickt, der wird da vielleicht mitmachen müssen. Genau wie er den ganzen SEO-Spam-Kram machen muss. Oder, er sucht sich nen anständigen Beruf 🙂

    Aber ansonsten werden uns solche Ranking Tools ganz sicher unberührt lassen, da mache ich mir keine Gedanken.

  • Mal ganz im Ernst. Wofür brauche ich Klout nochmal? Um mich bewerten zu lassen? Haben die Klout-Anwender denn keine Freunde und/oder Freizeit? Und wozu brauche ich das, wenn ich irgendwas mit Internet machen will? Ich kann so viel drüber nachdenken wie ich will. Mir fällt kein einziger sinnvoller Grund ein, das zu nutzen. Das ist doch alles hanebüchener Dreck.

    Hirn einschalten und mit gesundem Menschenverstand an die Sache(n) rangehen. Das ist alles, was man braucht. Und nicht irgendein Dreckstool, wo man Punkte sammeln muss, damit man sich besser (als andere) fühlt.

  • Als wir letztens eine Klout Anfrage erhielten, kündigten wir die Freundschaft des Anfragers auf. Darauf hin erhielten wir einen erstaunten Anruf von demjenigen. Mit der Frage wieso wir das machten.

    Soweit ist das schon 🙁

  • Ich arbeite schon ewig und 3 Tagen im Internet / E-Commerce / SocMed / whatever.

    Ich bin nicht bei FB, nicht bei G+, nicht bei Klout. Mich hat auch noch nie ein Arbeitgeber zu meinen Nicht-Mitgliedschaften befragt.

    Das ist alles nur ein gehypter Selbstzweck, praktisch das virtuelle Gegenstück zum Kristalle in Trinkwasser legen.

    Ich nenn es mal It-Sites. So wie It-Girls, die dafür berühmt sind, daß sie berühmt sind. 🙂

  • Herr Vielmeier, vielen Dank für diesen Beitrag, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Das Thema klout hat mich in den letzten Wochen auch umgetrieben. Ich halte es auch eher für bedenklich, dass ein undurchsichtiger Algorithmus im Zweifel über Zukunftschancen bestimmen kann…Aber ist dem überhaupt so? Und wie nehmen die Nutzer den Dienst überhaupt wahr? Ich habe dazu eine kleine Befragung aufgesetzt, an der 244 Menschen aus der Netzwelt mitgemacht haben. Die Ergebnisse habe ich gestern auf http://sinaswelt.com/2012/09/klout-umfrage-ergebnisse/ veröffentlicht. Vielleich steuert das ein wenig zur Diskussion bei.

  • Klout ist das Eine, aber bedenklicher finde ich, dass eine hohe Aktivität auf Google+ die Suchergebnisse verändern kann und soll. Nix für ungut, aber damit nutzt Google seine Position zu schamlos aus.

  • Warte mal. Darüber muss ich mal kurz lachen. „Ha, ha“. Wer sich einreden lässt das er an der virtuellen Bewertung seines Penis (Danke Jens für den Vergleich) mitmachen muss, darf das gerne machen. Ich weiß schon das ich 30cm habe. Danke.

  • Also wenn ich in meinem Umfeld eine Umfrage machen würde, dann würde das Ergebnis ungefähr so aussehen:

    Google+: Kennt der eine oder andere, nützt aber niemand!

    Klout: Klou… was? 😉

    Zumindest derzeit ist das alles eine reine SEO-Nerd-Diskussion im luftleeren Internetraum über Dinge von denen die meissten Menschen noch nie was gehört haben.

  • Liebe Denker,

    unterschätzt die „Realität“ da draußen nicht – sie ist unendlich dämlicher, als sich ein Denker vorzustellen vermag:

    Klout wird erst noch entdeckt werden – von der Wirtschaft.
    Bisher sitzen alle noch in ihren Managementetagen oder mehr oder minder kleinen Büro´s herum und machen lächerlich und hilflos bei Twitter und Facebook rum (bei XING, LinkedIn und Google+ natürlich auch. Aber dort -das dämmert ihnen mittlerweile auch- ist nicht wirklich der ROI-Bär los).

    Der ROI steppt auch nicht bei FB und bei Twitter schon gar nicht. Aber darauf kommt es nicht an. Hauptsache, man weist nach, dass man „dabei“ ist. Präsenz im Netz nennt sich das und ihr möchtet nicht wirklich hören, wie sie das Wort Social Media aussprechen…..

    Eines Tages wird dann das heilig geflüsterte Wort KLOUT auftauchen. Jeder Manager wird froh sein, einen neue Aktionismus-Sau durch den Alltag und die Ratlosigkeit des Marketing jagen zu können. Die Ohren werden auf Durchzug gestelllt werden, wenn man ihnen erklärt, mit was für unsäglich lächerlichen Algorithmen (mein bestes Klout-Wachstum verdanke ich derzeit z.B. Vollpfosten-Bots ;-)) der Klout-Wert erstellt wird.

    Dann kann, wer sich in einem solchen „ganz normalen, durchschnittlichen Unternehmen“ bewerben oder mitarbeiten will entweder mitmachen oder als verdächtig betrachtet werden.

    Die Zeit, der Lauf der Dinge, die Nutzlosigkeit und ein neuer Hype werden das regeln.

    Natürlich gibt es keine Garantie, dass der nächste Hype nicht mindestens genau so lächerlich ist.

  • Google und Bing könnten doch noch Reicher werden wenn sie einfach die ersten 10 Plätze im Ranking der beliebtesten Suchbegriffe Versteigern würden, dann gebe es auch weniger Streit mit den SEO Fetischisten oder Aufsichtsbehörden.

  • Interessant, von Klout hatte ich noch nichts gehört. Wird bestimmt wichtig sein oder werden, wenn man sich in einer Marketingagentur bewirbt. Wie im Artikel schon erwähnt. Ansonsten ziemlich uninteressant. Bis Google seinen eigenen Dienst aufbaut. Dann wird es für Leute interessant, die mit ihren geschriebenen Onlineartikeln Geld verdienen.

    @mika
    Die ersten 3 Plätze werden doch schon versteigert.

    Im Gegensatz zu Schulze sehe ich Google+ für regionale Firmen, die Kunden vor Ort empfangen,als sehr wichtig an. Man muss es halt einzusetzen wissen.

  • Es ist wie mit SEO: Du kannst dran glauben, dass Dir diese Scheiße in irgendeiner Art und Weise weiterhilft und vermutlich packt sie wirklich deine Artikel weiter vorne bei Google hin, aber am Ende ist es halt nur Blendrotz und was langfristig ganz alleine zählt, sind gute Inhalte. Was anderes wird niemals „wichtig“, so sehr irgendwelche Experten auch daran glauben wollen, weil sie dann Beratungen verkaufen können.

  • Ich hatte damals schon zu Deinem Artikel einen eigenen Kurzartikel geschrieben (http://www.rorkvell.de/news/2012/Wer_hat_meine_Reputation_geKLOUT). An der Aussage damals hat sich für mich Nichts geändert. Ich weiss, vermutlich wird das bald eine gewisse Bedeutung erlangen. Ist mir wurscht. Mir kann klout weiterhin geKLOUT bleiben. Bevor ich bei so einem Blödsinn mit mache, bleibe ich lieber anonym und ohne Einfluss. Ich bin ja schon froh, wenn ich mich selbst beeinflussen kann. Da muss ich nicht auch noch Andere beeinflussen. Mir sind Leute lieber, die tendenziell eher selber denken.

  • Jetzt habe ich mich dort mal angemeldet. Ich habe einen Score von 36. Das ist nix halbes und nix ganzes. Soll ich meine Freunde mit Einladungen nerven?
    Google+ wir langfristig sicher mehr Einfluss haben.

  • Das ist wieder nur ein Dienst der uns von wichtigen Entscheidungskriterien ablenkt. Ich denke er wird sich nicht lange halten.

  • Ich höre heute zum ersten mal etwas von Klout. Erinnert mich an die Werbung: „Die Telekom klaut“. lol

    Zum Thema Google: Ich benutze aus stillem protest gegen die Datenkrake Google seit über einem Jahr nur noch Bing als Suchmaschine. Und es funktioniert ganz hervorragend. Niemand brauch Google oder Google Plus und Facebook schon gar nicht. Auf Facebook bin ich immer seltener. Posten tue ich fast gar nichts mehr; es ist einfach langweilig geworden. Laaaaaaaaaaaaangweilig. Gähn. Ich geh jetzt raus in die Sonne. Scheiss PC. Ich will Natur! Nicht dass ich später auf dem Sterbebett mein Leben betrachte und feststellen muss, dass ich mein halbes Leben auf einen kleinen Bildschirm geklotzt habe.

  • Ich halte KLOUD für ein ähnlich aufgemotztes und manipulierbares Tool wie WOT.
    Früher haben wir mal über Orwells 1984 gelächelt.
    Heute sorgen wir selber dafür, dass man uns in und auswendig kennt
    Sabienes

  • > Jens 28. September 2012 / 12:06 Uhr
    > Wer relevanten Inhalt zu einem Suchbegriff hat, wird bei Google immer vorn gelistet sein

    Was ist das denn für ein Unsinn. Es ist faktisch unmöglich bei gewissen Keys in die Top 10 zu kommen, sofern man nicht viel Geld für SEO ausgibt. Von manuellen Eingriffen in den Index ganz abgesehen, bei denen bekannte Brands einen Bonus erhalten, ganz egal wie ihre SEO gemacht wurde.

  • Ich persönlich denke nicht, dass sich Klout so richtig durchsetzen wird. Zumindest nicht international. Die Allgemeinheit interessiert sich doch einfach nicht dafür…

  • Das in der Zukunft diverse „Social Media-Faktoren“ immer wichtiger werden, versteht sich von selbst. Ob Klout dabei auch eine so große Rolle spielen wird, bezweifel ich noch ein wenig. Doch wer weis, der Artikel stimmt mich jedenfalls nachdenklich…

  • Seit gefühlten 5 Jahren lese ich täglich überall wie wichtig Social-Media in Zukunft sein wird und man unbedingt darauf bauen soll. Ist jetzt schon Zukunft oder bald?

  • Lustig, dass manchen hier nicht klar ist, dass sie – wenn sie bei Facebook, Twitter etc. unterwegs sind, sowieso einen Klout-Score haben. Man muss da nicht mitmachen, man ist schon drin 😉