Früher, da ging es noch um die Erfahrung der Entbehrung und die Vorfreude auf ein schönes Gerät. Früher, da ging es noch darum, zu leiden, um dann am Ende dafür belohnt zu werden. Früher, da ging es vielleicht nur am Rande darum, der Erste zu sein und sich dafür feiern zu lassen. Früher, da war die Welt noch in Ordnung.
War sie?
Das Phänomen, dass Menschen tagelang vor Geschäften campieren, um als Erster oder einer der Ersten ein neues Produkt in Händen zu halten, gibt es nicht erst seit dem iPhone. Aber seit es iPhone und iPad gibt, rücken Menschen, die sich da in die Schlange stellen, zunehmend in den Fokus der Medien. Der Journalist Richard Gutjahr erzählte vergangenen November auf den Medientagen Passau die Geschichte, wie er im April 2010 auf eigene Faust nach New York reiste, um medienwirksam das erste iPad in Händen zu halten.
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Zunächst wollte keine Redaktion seine Reise finanzieren, weil Apple ja eine Marke sei, über die man nicht bevorzugt berichten könne. Aber als er schließlich vor Ort war, standen die Redaktionen plötzlich Schlange. Es ist eine interessante Geschichte über Doppelmoral. Und wer die Medien seitdem aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass es mit diesen einstigen Ansprüchen der meisten Redaktionen nicht mehr weit her ist: Es wird ge-iphoned, was das Zeug hält.
Werbung, Versteigerung, Live-Blogging
Und das ist auch das, was die Menschen in der Schlange mittlerweile erkannt haben. Philip Elmer-DeWitt von Fortune beschreibt es so: „Das Warten in der Schlange ist nur etwas für Fanboys und Fangirls, die im Leben nichts Besseres zu tun haben? Diese Einstellung ist so was von 2007.“ Zwei junge Typen im Londoner Covent Garden campieren seit dem vergangenen Wochenende vor dem dortigen Apple Store, um Geld für die Krebsforschung zu sammeln. Sie hoffen, dass ihre Aktion genug Aufmerksamkeit erregt, dass genug Spenden fließen. Nebenbei wollen sie pro Person vier iPhones kaufen und dann gewinnbringend wieder verkaufen.
Fortune zählte sieben Hartgesottene, die bereits seit dem vergangenen Wochenende vor dem wohl berühmtesten Apple Store am New Yorker Central Park ausharren. Einer davon wirbt für sein Startup, zwei sind aufstrebende Musiker, die den Trubel nutzen wollen, um auf sich aufmerksam zu machen. Eine Dritte ist Journalistin, die ihre Erfahrung des Wartens in der Schlange auf iPhoneWhatever verbloggt. Sie wird ebenso wie ihr Nebensitzer von einem Elektronikhersteller gesponsert, um für das Unternehmen zu werben. Ein weiterer will seinen Platz in der Schlange an den Meistbietenden verkaufen.
Vermarktung eines Trends
Beim Business Insider befasst man sich gar mit der Psychologie von iPhone-Warteschlangen. Es sei alles in allem eine sehr frustrierende Angelegenheit, es sei denn, es finde soziale Interaktion statt. Insgesamt sei es ganz schön traurig geworden, wer sich da alles in die Schlange stelle, schreibt Brian Barrett. Obwohl man über sie den Kopf schüttelte, hatten die Wartenden früherer Jahre gerade wegen ihrer Fanatik und Entbehrung wenigstens noch Stil gehabt. Das hier sei nur noch ein Marketinggag. Killian Bell von Cult Of Mac nennt diese Marketing-Aktionen gar „schamlos“.
So ist es wohl, wie mit jedem Trend. Anfangs schüttelt man den Kopf, dann wird es cool und letztlich wird es kommerzialisiert. Aber sich darüber zu empören, halte ich auch für fehl am Platze. Wenn man sein iPhone praktisch am gleichen Tag per Post erhalten kann, an dem es auch in den Ladenverkauf kommt, sollte klar sein, dass es den Leuten in der Schlange um nichts anderes als Aufmerksamkeit geht. Und auch noch nie um etwas anderes ging.
(Bild: iPhoneWhatever)